Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit für die Abgabenerhebung im gemeinschaftlichen Versandverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Sind die zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren abgefertigten Waren der Bestimmungszollstelle nicht wieder gestellt worden, und hat der Hauptverpflichtete trotz Aufforderung den Ort der Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen, ist die Abgangszollstelle für die Erhebung der Einfuhrabgaben zuständig.
Normenkette
ZKDV Art. 378 Abs. 1, Art. 379 Abs. 2; ZK Art. 204 Abs. 1; EWGV 222/77
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Klägerin zu Recht als Hauptverpflichtete für Einfuhrabgaben für Versandgut in Anspruch genommen wird, das nicht wiedergestellt wurde.
Die Klägerin beantragte am 2. August 1994 als Hauptverpflichteter beim Hauptzollamt – HZA – Zollamt – ZA – … die Abfertigung von 23.460 kg Magermilchpulver bzw. Butter aus der Tschechischen Republik zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren – gVV –. Als Bestimmungszollstelle war jeweils das ZA A. gegeben.
Nachdem ein Rückschein nicht eingegangen war, wurde die Klägerin mit Schreiben vom 27. Februar 1995 von der Nichterledigung des Versandverfahrens unterrichtet und um Antwort bis 13. März 1995 gebeten. Nach Übersendung des Versandscheines T 1 Nr. 5162 durch die Klägerin und der Mitteilung, daß die Waren bei ZA A. am 10. August 1994 erneut gestellt worden seien, leitete das HZA das Suchverfahren ein. Die Klägerin wurde mit Schreiben jeweils vom 30. Juni 1995 aufgefordert, innerhalb von 3 Monaten die ordnungsgemäße Erledigung des Versandverfahrens oder den tatsächlichen Ort der Zuwiderhandlung nachzuweisen.
Nachdem das ZA A. mit Schreiben vom 11. Mai 1995 mitgeteilt hatte, daß die Sendung nicht erneut gestellt, der Versandschein T1 Nr. 5162 nicht vorgelegt worden und der Stempel gefälscht sei, erließ das HZA Steuerbescheid vom 4. Oktober 1995, mit dem es von der Klägerin 109.429,41 DM Einfuhrabgaben anforderte. Nach Vorlage der Warenrechnung setzte das HZA die Abgaben mit Steueränderungsbescheid vom 18. Oktober 1995 auf 93.087,90 DM Abschöpfung und 9.990,19 DM Einfuhrumsatzsteuer herab.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung vom 8. November 1995 Klage, mit der sie im wesentlichen folgendes geltend macht:
Aus dem Erledigungsvermerk des ZA Algeciras auf dem Versandschein und aus dem Empfangsvermerk des Bevollmächtigten des spanischen Warenempfängers auf dem Frachtbrief ergebe sich, daß die str. Sendung dem ZA A. erneut gestellt worden sei. Sollte es tatsächlich zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein, seien diese auf bestochene Zollbeamten zurückzuführen. Im übrigen sei das HZA für die Abgabenerhebung nicht zuständig. Schon aufgrund der Bestätigung in dem Frachtbrief stehe fest, daß die Waren nach Spanien gelangt seien. Eventuelle Zuwiderhandlungen könnten nach alledem nur auf spanischen Territorium begangen worden sein. Für derartige Zuwiderhandlungen könnten dem Hauptverpflichteten gegenüber keine Abgaben festgesetzt werden. Im übrigen sei ein unrichtiger Abschöpfungssatz angewendet worden. Es werde beantragt, sämtliche relevanten Ermittlungsunterlagen aller beteiligten Zollfahndungsdienststellen der Gemeinschaft vorzulegen und die benannten spanischen Zollbeamten zu vernehmen.
Mit Steueränderungsbescheid vom 29. Februar 1996 wurde der Abschöpfungssatz geändert und die Einfuhrabgaben auf 62.819,90 DM Abschöpfung und 7.871,44 DM Einfuhrumsatzsteuer herabgesetzt; die Klägerin hat diesen Bescheid mit Schreiben vom 6. März 1996 zum Gegenstand der Klage erklärt.
Die Klägerin beantragt
die Aufhebung des Steuerbescheids vom 4. Oktober 1995 in Gestalt der Steueränderungsbescheids vom 18. Oktober 1995 und der EE sowie des Steueränderungsbescheids vom 29. Februar 1996.
Das HZA beantragt
die Abweisung der Klage
Anhaltspunkte dafür, daß bestochene Zollbeamten mitgewirkt hätten, lägen nicht vor. Der Ort der Zuwiderhandlung sei nach wie vor unbekannt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2000 hingewiesen.
II.
Die Klage hat keinen Erfolg
1. Das HZA hat zu Recht die Klägerin mit Steuerbescheid vom 4. Oktober 1995 in der Gestalt der Steueränderungsbescheide vom 18. Oktober 1995 und 29. Februar 1996 für Einfuhrabgaben in Höhe von 62.819,90 DM Abschöpfung und 7.871,44 DM Einfuhrumsatzsteuer in Anspruch genommen, die wegen Zuwiderhandlungen im Versandverfahren entstanden sind.
Für die str. Waren ist Abschöpfung und Einfuhrumsatzsteuer dadurch entstanden, daß sie im externen Versandverfahren der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind, und im Falle der Klägerin, daß diese ihre Wiedergestellungspflicht nicht erfüllt hat (Art. 204 Abs. 1 Zollkodex – ZK –; § 1 Abschöpfungserhebungsgesetz; § 13 Abs. 3 und § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz).
Die Klägerin ist Abgabenschuldnerin für die entstandenen Einfuhrabgaben geworden (Art. 204 Abs. 3, § 1 Abschöpfungserhebung...