Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berechnung der 2-Jahresfrist nach § 36 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StBerG
Leitsatz (redaktionell)
Die Berufsausbildung ist mit erfolgreichem Abschluss des Universitätsstudiums abgeschlossen. Auf die Erteilung der Diplomurkunde kommt es nicht an.
Normenkette
StBerG § 36 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Abänderung der verbindlichen Auskunft vom 03.05.2006 verpflichtet, der Klägerin die verbindliche Auskunft zu erteilen, dass die vom 01.10.2005 bis zum 01.03.2006 (5 Monate) ausgeübte Tätigkeit als praktische Tätigkeit i.S. des § 36 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 StBerG anerkannt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hinblick auf die Zulassung zur Steuerberaterprüfung, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin ihr Studium beendet hat.
Die Klägerin hat an der …-Universität … das Studium der Betriebswirtschaftslehre erfolgreich abgeschlossen. Die letzte Leistung, die die Klägerin im Rahmen ihrer Prüfung zu erbringen hatte, war die Diplomarbeit, die sie am 01.08.2005 einreichte.
Laut der Prüfungsordnung der Fakultät für Betriebswirtschaft der …-Universität … ist das Studium mit Ende des Monats abgeschlossen, in dem die letzte Leistung erbracht wurde. Dies war der 31.08.2005. Entsprechend ist im Diplomzeugnis der Klägerin der 31.08.2005 als Tag des Bestehens der Diplomprüfung ausgewiesen.
Die Korrektur der Diplomarbeit seitens des zuständigen Professors dauerte bis zum Februar 2006. Da die Note mithin noch ausstehend war, konnte das Diplomzeugnis der Klägerin erst am 28.02.2006 ausgestellt werden. Es lag aber bereits am 31.08.2005 eine Bestätigung des Professors vor, wonach die Diplomarbeit der Klägerin nach erster Durchsicht als „bestanden” gewertet wird.
Seit 01.10.2005 ist die Klägerin ausweislich einer am 01.03.2006 ausgestellten Bestätigung bei Ihrem Prozessbevollmächtigten mit einer Arbeitszeit von mindestens 16 Wochenstunden als Steuerberatungsassistentin auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern tätig.
Mit Antrag vom 01.03.2006 begehrte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft, ob und ggf. inwieweit die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2007 erfüllt seien. Mit Bescheid vom 03.05.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass eine praktische Tätigkeit bisher nicht angerechnet werden könne. Das Studium sei erst mit der Bekanntgabe der Bewertung des Prüfungsergebnisses anlässlich der Aushändigung des Diplomzeugnisses am 28.02.2006 abgeschlossen worden. Da Tätigkeitszeiten nur bis zum Ausstellungsdatum der Bescheinigung angerechnet werden könnten, entfalle die Anrechnung einer praktischen Tätigkeit, da die Bescheinigung am 01.03.2006 und damit am ersten Tag der berücksichtigungsfähigen Tätigkeit ausgestellt worden sei.
Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, ihr die verbindliche Auskunft zu erteilen, dass bis zum 01.03.2006 eine praktische Tätigkeit von 5 Monaten angerechnet wird. Hilfsweise beantragt die Klägerin, Revision zuzulassen.
Zwar gelte nach dem Beschluss des BFH vom 21. Januar 1999, VII B 214/98 BStBl II 1999, 141 ein Studium dann als beendet i.S.d. § 36 StBerG, wenn das in der Prüfungsordnung vorgesehene Prüfungsverfahren abgeschlossen sei, was regelmäßig erst mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der Fall sei. Im vorliegenden Fall wäre dies der 28.02.2006.
Die Grundsätze dieser Entscheidung könnten jedoch aufgrund der durch den sog. Bologna-Prozess geänderten Rahmenbedingungen heute keine Gültigkeit mehr haben. Die Prüfungsordnungen seien dahingehend geändert worden, dass die Diplomarbeit als letzte Prüfungsleistung erst nach Ablegen der sonstigen schriftlichen und mündlichen Prüfungsteile zu fertigen sei. Der Kandidat habe keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Korrektur der Diplomarbeit. Deshalb bestimme die Prüfungsordnung, dass, wie im Diplomzeugnis ausdrücklich bestätigt, dass das Studium mit Ablauf des Monats abgeschlossen und bestanden sei, in dem die letzte Prüfungsleistung – hier die Abgabe der Diplomarbeit – erbracht worden sei und nicht erst mit der Aushändigung des Diplomzeugnisses.
Die Entscheidung des BFH (a.a.O.) habe demgegenüber einen Fall betroffen, in dem zur Beendigung der Prüfung noch eine mündliche Prüfung abzulegen war.
Das vom BFH gesehene Problem einer Zulassung zur Prüfung trotz nicht erfolgreich abgeschlossenem Studiums könne nur entstehen, wenn die Korrektur der Diplomarbeit länger als zwei Jahre dauere und die Steuerberaterprüfung vor Bekanntgabe des Ergebnisses des Studiums...