Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids nach § 17 Abs. 2 GrEStG. Keine widerstreitende Steuerfestsetzung bei nicht mehr identischen Sachverhalten. Anwendungsbereich von § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Feststellungsbescheid nach § 17 Abs. 2 GrEStG entfaltet in seinem Regelungsbereich, wozu auch die Frage der Steuerbarkeit gehört, Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 AO). Eine widerstreitende Festsetzung kann daher hinsichtlich der für den Grunderwerbsteuerbescheid als Folgebescheid bindenden Feststellungen nicht bestehen.

2. Zwei die Übertragung von Grundbesitz sowie die spätere Rückübertragung dieses Grundbesitzes betreffende Feststellungsbescheide nach § 17 Abs. 2 GrEStG können keine widerstreitende Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 4 AO begründen, wenn sie nicht denselben Sachverhalt betreffen.

3. § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG erfasst die Fälle, in denen die (abstrakte) Eigentumsübertragung am Grundstück zivilrechtlich wirksam erfolgt ist, diese Eigentumsübertragung jedoch aufgrund einer nichtigen oder durch Anfechtung nichtig gewordenen (schuldrechtlichen) Verpflichtung vorgenommen wurde. In diesem Fall steht dem Veräußerer nach §§ 812 f. BGB ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums zu. § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG setzt einen einseitig und gegen den Willen des ursprünglichen Erwerbers durchsetzbaren Anspruch auf Rückerwerb voraus; die Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn die ursprüngliche Übertragung lediglich aufgrund der steuerlichen Vorschriften nach §§ 41, 42 AO nicht besteuert worden ist.

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 2 Nr. 2, § 17 Abs. 2; AO § 41 Abs. 2, §§ 42, 182 Abs. 1, § 174 Abs. 1, 4, § 351 Abs. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB § 812

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.06.2016; Aktenzeichen II R 14/12)

BFH (Urteil vom 29.06.2016; Aktenzeichen II R 14/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 5. Februar 1998 (Urkundsnr. E 175/1998 des Notars G. E.) veräußerte die Klägerin an die XY, Liechtenstein, das Wohneigentum an einer Wohnung in Gh. und in B. sowie das Teileigentum an jeweils einer dazugehörigen Tiefgarage.

Mit Bescheid vom 7. Mai 1998 stellte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) gem. § 17 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gesondert fest. Hiergegen erhob die XY mit der Begründung Einspruch, dass kein grunderwerbsteuerrechtlich steuerbarer Erwerbstatbestand vorliege; sie sei eine ausländische Domizilgesellschaft ohne eigene Büroräume und ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Daraufhin hob der Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 1998 den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer auf.

Die XY wurde Eigentümerin der verkauften Immobilien.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 7. November 2005 (Urkundsnr. E 1109/2005 des Notars G. E.) übertrugen die Klägerin und die XY das an diese verkaufte Eigentum an die Klägerin wieder zurück. Ferner übertrug die XY in diesem Vertrag der Klägerin ihre Anteile an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Eigentümerin eines Grundstücks in H. war.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2007 setzte das FA S. die Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Wohn- und Teileigentums in B. vom 7. November 2005 auf 0 EUR fest.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2008 stellte das FA nach § 17 Abs. 2 GrEStG u.a. gesondert fest, dass die Vorgänge aus dem Vertrag vom 7. November 2005 der Grunderwerbsteuer unterliegen. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Aufgrund des Feststellungsbescheids vom 17. Januar 2008 erließ das FA am 15. Juli 2008 den Bescheid über die Grunderwerbsteuer für den Erwerb in Gh.. Die Grunderwerbsteuer wurde in Höhe von 3,5 % aus dem Grundbesitzwert von 39.500 EUR auf 1.382 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Grunderwerbsteuerbescheid legte die Klägerin am 23. Juli 2008 mit der Begründung Einspruch ein, dass kein steuerbarer Vorgang vorliege und der Bescheid deshalb aufzuheben sei.

Nach dem Hinweis des FA auf den Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2008 stellte die Klägerin den Antrag, diesen Feststellungsbescheid aufgrund einer widerstreitenden Steuerfestsetzung nach § 174 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2008 wies das FA den Einspruch der Klägerin gegen den Grunderwerbsteuerbescheid als unbegründet zurück. Es führte aus, die Klägerin könne im Folgebescheid nicht Entscheidungen angreifen, die im Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid) getroffen worden seien.

Das FA lehnte mit Bescheid vom 6. November 2008 den Antrag auf Aufhebung des Feststellungsbescheids vom 17. Januar 2008 ab.

Am 6. November 2008 erhob die Klägerin Klage. Sie richtete sich gegen den Grunderwerbsteuerbescheid. Ferner beantragte die Klägerin zunächst, den Feststellungsbescheid vom 17. Februar 2008 aufzuheben, nach Zugang des Ablehnungsbescheids vom 6. November 2008 richtete sich die Klage aber insowe...

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