rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinische Notwendigkeit einer Fettabsaugung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei den im Streitfall vorgenommenen Liposuktionen handelt es sich nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode. Der Senat schließt sich den Ausführungen des BFH (Urteil v. 18.6.2015, VI R 68/14, BStBl II 2015 S. 803) sowie vorgehend im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Urteil v. 1.10.2014, Az.: 2 K 272/12, EFG 2015 S. 33) vollumfänglich an und stützt sich hinsichtlich der wissenschaftlichen Anerkennung der Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems auf das „Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen” der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. vom 6. Oktober 2011.
2. Ausgehend von diesem allgemein zugänglichen Fachgutachten handelt es sich bei einer Liposuktion nicht um eine anerkannte Therapie zur Behandlung des Lipödems (vgl. zu den weiteren Einzelheiten die Ausführungen im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts v. 1.10. 2014 in EFG sowie im Urteil des Oberverwaltungsgericht Lüneburg v. 22. Januar 2013 5 LB 50/11 (Entscheidungen zum Krankenhausrecht 2013/159).
Normenkette
EStG § 33
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Aufwendungen für die operative Beseitigung von Lipödemen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) absetzbar sind.
Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer am 6. August 2010 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 machten sie Krankheitskosten in Höhe von 12.270 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend. Darin enthalten waren die Kosten für die Behandlung eines Lipödems nach ICD-10: R60.9 in der C Klinik, (Rechnungen vom 12. Juni 2009 und vom 25. August 2009 in Höhe von jeweils 4.925 EUR, vom 12. Juni 2009 über 75 EUR sowie Fahrkosten in Höhe von 1.500 EUR, insgesamt 11.425 EUR). Laut ärztlichem Attest der Gemeinschaftspraxis XY vom 21. Februar 2010 leide die Klägerin unter einer seltenen, bislang lediglich durch andauernde intensive Lympfdrainagebehandlung anzugehenden Erkrankung des Bindegewebes. Bei der nunmehr durchgeführten Liposuktion handle es sich um eine kurative Sanierung des Bindegewebeschadens, nicht jedoch um eine kosmetische Operation.
Das Finanzamt erkannte jedoch nur Krankheitskosten in Höhe von insgesamt 845 EUR an, nicht jedoch die Behandlungskosten laut Rechnungen der C Klinik sowie die Fahrtkosten in Höhe von 11.425 EUR (vgl. Einkommensteuerbescheid vom 26. Oktober 2010 und Änderungsbescheid vom 30. März 2011). Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren legten die Kläger ein weiteres Attest von Dr. Moll vom 1. November 2010 sowie ein Schreiben von Dr. S des Krankenhauses K vom 5. Mai 2000 vor, in dem attestiert wird, dass bei der Klägerin an beiden Beinen ein Lipödem und möglicherweise ein zusätzliches sogenanntes zyklisch-idiopathisches Ödemsyndrom bestehe. Als Behandlung wurden Lyphdrainagen, sportliche Betätigung, kühle Kneipp-Güsse und eine allgemeine Gewichtsreduktion empfohlen.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg, er wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2013 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der hiergegen eingelegten Klage vertiefen die Kläger ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Die Klägerin leide an der seltenen, bisher viel zu wenig gekannten und erforschten Krankheit Lipödem. Dabei handle es sich um eine chronische und meist progrediente Erkrankung bei Frauen, die durch eine Fettverteilungsstörung gekennzeichnet sei und entweder konservativ mit einer manuellen Lymphdrainage oder operativ mittels der im Streitfall erfolgten Liposuktion behandelt werden könne. Bei einer Liposuktion handle es sich um eine medizinisch indizierte Fettabsaugung, die nichts mit einer gewöhnlichen Fettabsaugung im Rahmen von Schönheitsoperationen zu tun habe. Die Klägerin habe an Stadium II dieser Erkrankung gelitten, das Lipödem habe von den Hüften bis zu den Knöcheln gereicht. Die Krankheit sei mit sehr großen Schmerzen der festen Fettansammlungen unter der Haut, Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen, starken Bewegungseinschränkungen und einer extremen psychischen Belastung verbunden. Die Klägerin sei verächtlichen Blicken und dem allgemeinen Unverständnis ausgesetzt gewesen, dass die Verdickung ihres Körpers ab dem Becken nicht auf übermäßiges Essen zurückzuführen sei. Deswegen habe sie sich im Jahr 2009 zunächst einer konservativen Behandlung unterzogen und im Anschluss daran an beiden Beinen eine Liposuktion in der C Klinik durchführen lassen.
Das Finanzamt verkenne, dass die Behandlung für die Anerkennung der Zwangsläufigkeit der Krankheitskosten nicht unbedingt zur Heilung der Krankheit führen müsse. Es reiche aus, wenn eine Linderung der Erkrankung herbeigeführt werden könne. Die fehlende Kostenübernahme durch die Krankenkasse spreche e...