Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung der Einfuhr wesentlicher Fahrradteile vom Antidumpingzoll. „de-minimis” Regelung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bewilligung nach Art. 14 Buchst. c VO (EG) Nr. 88/97 einer vom Antidumpingzoll befreiten Einfuhr „de-minimis” Regelung) ist nur für solche Kleinunternehmer vorgesehen, die unter der Bezugsmenge von 300 Stück je wesentlichem Fahrradteil pro Monat bleiben. Sie ist damit gerade nicht für größere Unternehmen gedacht, die diese Grenze in jedem Monat erwartungsgemäß deutlich überschreiten.
2. Die „de-minimis” Regelung stellt auf den Bezug durch den Bewilligungsinhaber selbst ab und nicht auf die Weiterlieferung an seine Kunden.
Normenkette
EGV 88/97 Art. 14 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob es der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA –) zu Recht abgelehnt hat, die der Klägerin erteilte Bewilligung rückwirkend zu erweitern.
Die Klägerin führt seit mehr als 20 Jahren Fahrradteile aus China ein. Seit dieser Zeit streitet sie mit der Zollverwaltung darüber, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, Fahrradteile ohne die Erhebung von Antidumpingzöllen einzuführen.
Im Jahr 1997 vertrat das damals zuständige HZA Bamberg die Auffassung, dass die Klägerin als Erlaubnisscheininhaberin Fahrradteile in Mengen unter 300 Stück im Monat an andere ausliefern könne, ohne dass hierfür ein Antidumpingzoll entstehe. Dabei bestätigte das HZA, dass je Abnehmer (also pro Kunde der Klägerin) monatlich bis zu 300 Stück geliefert werden dürften.
Trotz dieser Auskunft forderte das HZA Bamberg nach einer Außenprüfung mit Steueränderungsbescheid vom 17. Mai 2001 für Einfuhrvorgänge des Jahres 1998 Antidumpingzoll nach. Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren von der Klägerin betriebene Klageverfahren war im 2. Rechtsgang (14 K 188/10) erfolgreich. Mit Urteil vom 14. Oktober 2010 entschied der Senat, dass die Voraussetzungen für eine Nacherhebung nach Art. 220 Abs. 2 Zollkodex (ZK) nicht vorgelegen hätten. Es könne dahinstehen, ob für die streitgegenständlichen Fahrradteile eine Antidumpingzollschuld entstanden sei, weil monatlich mehr als 299 Stück pro Fahrradteil eingeführt worden seien oder weil die T-GmbH bzw. der M-Verbund die Fahrradteile an Handelsbetriebe und nicht an Montagebetriebe geliefert habe. Denn jedenfalls sei am 5. August 1997 eine falsche Auskunft erteilt worden, was einen Irrtum des HZA darstelle, den die Klägerin nicht habe erkennen können.
Auch nach einem finanzgerichtlichen Verfahren, das mit dem Urteil vom 14. Oktober 2010 endete, beließ das HZA die Bewilligungen im maßgebenden Teil unverändert. Das HZA ging weder im Schriftverkehr mit der Klägerin (vgl. hierzu insbesondere den Schriftsatz des HZA vom 1. Dezember 2010, Bl. 76 FG-Akte im zwischen den Beteiligten geführten Verfahren 14 K 2001/14) noch bei den neu erteilten Bewilligungen auf das Gerichtsurteil ein und erließ am 16. Dezember 2010, am 9. August 2012, am 7. September 2012, am 21. März 2013 und am 4. Juli 2013 aktualisierte Bewilligungen, die u.a. auf den Art. 14 Buchst. c) der VO (EG) Nr. 88/97 der Kommission vom 20. Januar 1997 betreffend die Genehmigung der Befreiung der Einfuhren bestimmter Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China von dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 eingeführten und mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates ausgeweiteten Antidumpingzoll (nachfolgend: VO Nr. 88/97) Bezug nahmen, so dass der Klägerin im Ergebnis bewilligt wurde, 299 Stück wesentlicher Fahrradteile im Monat je Kunde einführen zu dürfen.
Erst im Jahr 2014 teilte das HZA der Klägerin seine geänderte Rechtsauffassung mit und änderte die Bewilligung zum Nachteil der Klägerin. Auch in den Folgejahren erstreckte das HZA die erteilten Bewilligungen nicht mehr auf Art. 14 Buchst. c) der VO Nr. 88/97. Mit ihren Anträgen vom August bzw. Oktober 2018 begehrte die Klägerin die rückwirkende Erweiterung der Bewilligung (Endverwendung; Bewilligungsnummer DE/8850/FV/0026), die das HZA mit Bescheid vom 26. Oktober 2018 ablehnte. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2019).
Mit Ihrer dagegen erhobenen Klage macht die Klägerin Folgendes geltend:
Der Art. 14 VO Nr. 88/97 sei eine Folge der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates vom 10. Januar 1997 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 auf Fahrräder mit Ursprung in der Volksrepublik China eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Fahrradteile aus der Volksrepublik China (VO Nr. 71/97). Der 38. Erwägungsgrund zur VO Nr. 71/97 stelle drei Kategorien für eine erforderliche Befreiung dar, nämlich erstens für den Montagebetrieb, der keine Umgehung begehe, zweitens für den Kleinunternehmer mit geringen Mengen und drittens für zwischengeschaltete Unternehmen, die von Einführern an Montagebetriebe verkau...