Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Finanzierungskosten eines Grundstücks als Betriebsausgaben. Zuordnung eines zu Bauland-Preisen erworbenen Grundstücks zum notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen. Verlustgezeichnetes Wirtschaftsgut
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den Wirtschaftsgütern des notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens gehören die als Weideland für Rinder genutzten landwirtschaftlichen Nutzflächen. Der Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen steht nicht entgegen, dass das Grundstück zu einem Preis erworben wird, der für Bauland bezahlt wird.
2. Die Eigenschaft als Betriebsvermögen erhält ein Wirtschaftsgut bereits durch seine tatsächliche Nutzung und nicht dadurch, ob es in einer Buchführung berücksichtigt wird oder mit dem Wirtschaftsgut zusammenhängender Aufwand steuerlich geltend gemacht oder in der Buchführung berücksichtigt wird.
3. Ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück ist kein verlustgezeichnetes Wirtschaftsgut und verliert nicht die Eigenschaft Betriebsvermögen zu sein, wenn es zum Preis von Bauland erworben wird und allein hohe Betriebsausgaben durch Finanzierungskosten verursacht.
4. Voraussetzung für die Annahme eines verlustgezeichneten Wirtschaftsguts ist, dass das Wirtschaftsgut selbst –durch seine Wertentwicklung– die Minderung der Gewinne verursacht. Dies ist nicht der Fall, wenn die Gewinnminderung aus den durch die Anschaffung des Wirtschaftsguts verursachten Finanzierungskosten resultiert.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 4, §§ 13, 13a; AO § 141 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 07.11.2007; Aktenzeichen IV B 39/07) |
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide für 1994, 1996 und 1997, sowie der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.1995 werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen und die geänderte Verlustfeststellung unter der Maßgabe zu errechnen, dass bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft Verluste in Höhe von 129.195 DM im Jahr 1994, von 122.691 DM im Jahr 1995, von 119.525 DM im Jahr 1996 und von 115.597 DM im Jahr 1997 anerkannt werden, sowie ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte aus dem Jahr 1995 auf das Jahr 1994 in Höhe von 130.000 DM zurückgetragen und auf das Jahr 1996 in Höhe von 62.541 DM vorgetragen wird. Ferner wird dem Beklagten aufgegeben, das Ergebnis dieser Berechnungen unverzüglich den Klägern mitzuteilen und die Bescheide mit den geänderten Inhalten nach Rechtskraft des Urteils neu bekannt zu geben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist, ob Finanzierungskosten eines Grundstücks als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
I.
Die verheirateten Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. […]; beide erzielen daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin ist zusätzlich bei dem Kläger angestellt und erzielt daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem unterhält die Klägerin eine Landwirtschaft und erzielt daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Die Klägerin erwarb im Jahr 1979 das landwirtschaftliche Anwesen in T-Dorf […]. In den Jahren 1983/84 begann die Klägerin mit der Zucht- und Masttierhaltung von […] Rindern und gab in den ersten Jahren hierüber keine Steuererklärungen und Gewinnermittlungen ab.
Mit notariellem Vertrag vom 31. Juli 1991 erwarb die Klägerin das Grundstück Fl.Nr. […] 1 mit einer Fläche von 2.500 qm mit Anschaffungskosten von […] 1.900.000 DM. Das Grundstück ist von der landwirtschaftlichen Hofstelle 7 km entfernt und grenzt an den Betrieb des Klägers und an ein Wohngebiet an. Die Anschaffung des Grundstücks finanzierte die Klägerin mit einem Darlehen in Höhe von 1.700.000 DM. Das Grundstück wurde ab dem Anschaffungszeitpunkt und auch in den Streitjahren als Weidefläche für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin genutzt.
Bei der im Jahr 1996 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Betriebsprüfer fest, dass im Jahr 1993 der landwirtschaftliche Betrieb einen durchschnittlichen Bestand von 77 Mutterkühen, 3 Zuchtbullen, 6 Schlachtbullen und 64 Jungtieren hatte. Der Betriebsprüfer ermittelte für das Wirtschaftsjahr 1993/94 einen Ausgangswert nach § 13a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 72.643 DM und war der Auffassung, dass die Klägerin ab dem Wirtschaftsjahr 1996/97 zur Buchführung zu verpflichten sei (Tz. 8.1. des BP-Berichts vom 15. Februar 1996, AB-Nr. […]). Auf eine weitere Gewinnermittlung verzichtete der Betriebsprüfer, da offensichtlich nach § 13a EStG keine Gewinne in den Wirtschaftsjahren des Prüfungszeitraumes zu erwarten waren (Anlage 3 zum Prüfungsbericht).
Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte der...