Entscheidungsstichwort (Thema)

Eine Betriebsaufgabe erfordert eine Handlung des Steuerpflichtigen, die darauf gerichtet ist, den Betrieb als selbständigen Organismus nicht mehr in seiner bisherigen Form bestehen zu lassen. Das bisherige Betriebsvermögen darf nicht mehr für die angeblich aufgegebenen betrieblichen Zwecke genutzt werden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ausübung des Verpächterwahlrechts für eine Betriebsaufgabe setzt voraus, dass das Pachtverhältnis steuerlich anerkannt werden kann.

2. Selbst wenn das Pachtverhältnis steuerlich nicht anerkannt werden kann, hat der Betriebsinhaber die Möglichkeit der Betriebsaufgabe, wenn die allgemeinen Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe vorliegen.

3. Eine Betriebsaufgabe setzt u.a. voraus, dass das bisherige Betriebsvermögen nicht mehr für die angeblich aufgegebenen betrieblichen Zwecke genutzt wird.

4. Reichen die entfalteten Tätigkeiten nicht mehr aus, um eine aktive Bewirtschaftung anzunehmen, steht dies der Betriebsaufgabe einer Landwirtschaft nicht entgegen.

5. Eine aktive Bewirtschaftung einer Landwirtschaft liegt nicht mehr vor, wenn der Steuerpflichtige nur mehr das Grünland mäht und das gemähte Gras an benachbarte Bauern verschenkt und nur mehr wenige Schafe das übrige Grünland abweiden.

6. Die Erklärung, auf mündliche Verhandlung zu verzichten, kann nicht widerrufen werden, wenn sich die Prozesslage nach Abgabe der Erklärung nicht wesentlich geändert hat.

 

Normenkette

EStG §§ 13-14, 16 Abs. 3 S. 1; FGO § 90 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.08.2007; Aktenzeichen IV B 40/07)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 5. Dezember 2006 werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 1998 in Höhe von 1.160.520 DM mit einem laufenden Gewinn in Höhe von 2.416 DM sowie einem begünstigten Betriebsaufgabegewinn in Höhe von 1.158.105 DM und die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 1999 in Höhe von 0 DM festgestellt. Die Verteilung der Einkünfte ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben wurde.

I.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

[…] OPA war Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, den er mit Pachtvertrag vom 23. Januar 1986 an seinen Schwiegersohn […] S verpachtete.

Mit notariellem Vertrag vom 27. August 1997 erwarben […] M sowie die Ehegatten […] T und S von OPA das landwirtschaftliche Anwesen […] teilweise entgeltlich gegen eine Schuldübernahme in Höhe von 281.000 DM im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Die Erwerber M, T und S gründeten in der Folge die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und führten die Landwirtschaft des OPA weiter.

Mit der am 1. Oktober 1998 beim Beklagten – dem Finanzamt (FA) – eingegangenen Feststellungserklärung für 1997 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 in Höhe von 806 DM und einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) in Höhe von 37.348 DM. Bei den Werbungskosten aus VuV machte die Klägerin Aufwendungen in Höhe von 30.323 DM geltend, die für die Baureifmachung der Grundstücke im Baugebiet […] (Teilflächen aus FlNr. 450) angefallen seien.

Am 22. Dezember 1998 ging beim FA ein von M, T und S unterschriebenes Schreiben vom 30. November 1998 ein, in dem sie die Betriebsaufgabe für die Landwirtschaft zum 1. November 1998 erklärten. Außerdem wurde dem FA ein Pachtvertrag für Grundstücke aus der Landwirtschaft (FlNr. 450 mit 29.397 qm, sowie die weiteren FlNr. 501, 502, 503, 504, 505, 506) vom 1. September 1998 vorgelegt. In dem Vertrag vereinbarten M, T und S mit […] Enkel (E) – dem Sohn von T und S – eine unentgeltliche Verpachtung dieser Flächen ab dem 1. September 1998 auf unbestimmte Zeit (wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde verwiesen; […]).

Am 4. Februar 1999 besichtigte der Amtliche landwirtschaftliche Sachverständige (ALS) den landwirtschaftlichen Betrieb und gelangte zu der Einschätzung, dass der Pachtvertrag mit E nicht anerkannt werden könne, da E zur Zeit in Wien studieren würde. Es würde aber derzeit keine Viehhaltung mehr betrieben […]. Mit Schreiben vom 25. Februar 1999 […] teilte das FA dem S mit, dass es der Auffassung sei, dass der mit E geschlossene Pachtvertrag steuerlich nicht anerkannt werden könne, denn er sei nicht wie unter Fremden vereinbart. Deshalb würde auch kein Verpächterwahlrecht zur Betriebsaufgabe bestehen.

Mit Schreiben vom 31. Mai 1999 […] teilte die Klägerin dem FA mit, dass sie der Auffassung sei, dass der landwirtschaftliche Betrieb unabh...

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