Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensverlust und Bürgschaftsinanspruchnahme als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit
Leitsatz (redaktionell)
Verluste in Zusammenhang mit einem dem Arbeitgeber gewährten Darlehen oder einer für den Arbeitgeber geleisteten Sicherheit kommen nur dann als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit in Betracht, wenn der Arbeitnehmer das Darlehen bzw. die Sicherheit (nahezu) ausschließlich aus beruflichen Gründen gewährt hat. Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Umstände ist insoweit insbesondere von Bedeutung, ob ein außenstehender Dritter mit Rücksicht auf das Ausfallrisiko das Darlehen bzw. die Sicherheit gewährt hätte, ob persönliche Beziehungen zum Arbeitgeber bestehen (z.B. verwandtschaftliche Beziehung; voraussichtliche Erbfolge des Arbeitnehmers nach dem Arbeitgeber) und ob das übernommene Risiko und das vom Arbeitnehmer bezogene Gehalt in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Zweifel am Vorliegen beruflicher Gründe gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Arbeitnehmers, der den Werbungskostenabzug begehrt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, §§ 19, 17 Abs. 1, 4
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Darlehensgewährungen und Zahlungen aus Bürgschaftsverpflichtungen zu Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit führen.
I.
Der Kläger (Kl) wurde in den Streitjahren zusammen mit seiner Ehefrau S zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er war in den Streitjahren bei der Z-Verwaltungs-GmbH (nachfolgend GmbH), an der er zu 49 % beteiligt war, nichtselbstständig als Geschäftsführer beschäftigt. Die GmbH war als Komplementär mit einem Anteil von 1.000 DM an der Z-GmbH & Co. KG (nachfolgend KG) beteiligt und als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin eingesetzt. Die weiteren 100.000 DM des Gesellschaftskapitals der KG wurden vom Vater des Kl als Kommanditist gehalten. Aufgrund eigenen Antrags der KG vom …2000 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Y vom …2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet. Der die GmbH betreffende Insolvenzantrag vom …2000 wurde mit Beschluss vom …2001 mangels Masse zurückgewiesen.
Mangels Einreichung einer Steuererklärung schätzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) für den Veranlagungszeitraum 2000 zunächst die Besteuerungsgrundlagen des Kl mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid. Im Laufe des nachfolgenden Einspruchsverfahrens reichte der Kl eine Steuererklärung ein. Hierin machte er bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit den Verlust eines an die KG gewährten Darlehens in Höhe von 90.000 DM als Werbungskosten geltend. Hierzu wurde ein Darlehensvertrag vom 03.08.2000 vorgelegt, wonach der Kl der KG Ende Juli 2000 ein unbefristetes verzinsliches Darlehen in Höhe von 100.000 DM zur Verfügung gestellt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen. Es wurde dargelegt, dass der Kl hierauf im Jahr 2000 noch 10.000 DM Tilgung und 1.500 DM Zinsen erhalten habe und mit dem offenen Darlehensbetrag in der Insolvenz der KG ausgefallen sei.
Das FA erkannte diese Aufwendungen zunächst mit Änderungsbescheid vom 23.12.2002 nicht an, erließ jedoch auf Einspruch des Kl am 21.01.2003 einen antragsgemäßen Änderungsbescheid. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 10.03.2003 wurden diese Aufwendungen nicht mehr anerkannt. Die ESt wurde auf … EUR festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb aufrecht erhalten.
In seiner ESt-Erklärung 2001 machte der Kl Bürgschaftszahlungen aufgrund zugunsten der KG übernommener Bürgschaften als Werbungskosten aus seiner nichtselbstständigen Tätigkeit geltend. Im Einzelnen wurden folgende Aufwendungen ausgewiesen:
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Bürgschaft |
Zahlung vom |
Zahlungsbetrag |
Bürgschaftszahlung |
vom 25.07.2000 über 7.000 DM gegenüber G-Bank |
30.03.2001 |
7.000 DM |
Bürgschaftszahlung |
vom 21.07.2000 über 11.400 DM gegenüber K-Bank |
22.05.2001 |
11.400 DM |
Bürgschaftszahlung |
vom 21.07.2000 über 330.000 DM gegenüber K-Bank |
Raten ab Juni 2001 in Höhe von 8.500 DM pro Monat |
59.500 DM |
Bürgschaftszahlung |
vom 24.06.1999 über 400.000 DM gegenüber K-Bank |
30.06.2001 |
200.000 DM 100.000 DM |
Summe |
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377.900 DM |
Das FA erkannte diese Aufwendungen mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 10.03.2003 nicht als Werbungskosten an. Die ESt wurde aufgrund Änderungen in anderen Punkten zuletzt mit Bescheid vom 12.08.2005 auf … EUR festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb aufrecht erhalten.
In seiner ESt-Erklärung 2003 machte der Kl Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 52.151,76 EUR wegen weiterer monatlicher Ratenzahlungen auf die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft vom 21.07.2000 geltend. Das FA ließ diese Aufwendungen mit Bescheid vom 04.07.2005 nicht zum Abzug zu. Die ESt wurde nach Änderungen in anderen Punkten mit Bescheid vom 12.08.2005 auf … EUR festgesetzt.
Die gegen die ESt-Bescheide 2000 und 2001 jeweils vom 10.03.2003 und 2003 vom 04.07.2005...