rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit der festgesetzten Umsatzsteuer wegen Verfassungswidrigkeit des Umsatzsteuergesetzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Das UStG ist bislang nicht vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt worden; insbesondere liegt kein Verstoß gehen das Zitiergebot gem. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG vor. Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Nichtbeachtung eines für verfassungswidrig erachteten Verwaltungsakts liegen nicht vor.
2. Grundsätzlich steht es im Ermessen des Finanzamts, welche Vollstreckungsmaßnahmen im Einzelfall zur Beitreibung von Steuerrückständen gewählt werden.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1, §§ 222, 227, 258; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 5 Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig sind die Festsetzung der Umsatzsteuer sowie Vollstreckungsmaßnahmen.
Bei der Klägerin zu 1) handelt es sich um eine mit Vertrag vom 4. November 2002 gegründete GmbH (nachfolgend: E), Geschäftsführer ist der Kläger zu 3) (nachfolgend: Kläger). Unternehmensgegenstand ist die Vermarktung von Datenträgern, datenträgerbasierenden Systemen, Etablierung von Kommunikationssystemen wie z. B. medizinischen Internetportalen sowie Aufbau und Vermarktung von Hard- und Softwaresystemen im Bereich des Gesundheitswesens. Der Sitz der GmbH befand sich zunächst in M und wurde am 1. Dezember 2006 nach I verlegt.
Für das Jahr 2005 wurde am 7. August 2006 eine Umsatzsteuererklärung beim damals zuständigen Finanzamt K eingereicht (Bl. 7 FA-Akte). Die selbst errechnete Umsatzsteuer belief sich auf einen Negativbetrag von 11.134 EUR. Nachdem keine Bilanz vorgelegt wurde, wurde die Umsatzsteuererklärung nicht zum Soll gestellt. Am 31. Oktober 2006 reichte die E eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 ein und errechnete darin eine Umsatzsteuerzahllast von 220.866 EUR (Bl. 10 ff FA-Akte).
Laut den – jeweils nach vorhergegangenen Schätzungen – ursprünglich beim Finanzamt München für Körperschaften eingereichten Voranmeldungen I – IV/2006 erzielte die E im Jahr 2006 Umsätze von insgesamt 2.258.230 EUR und machte Vorsteuern in Höhe von 380.000 EUR geltend. Am 26. Oktober 2006 reichte die E berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen I – III/2006 und am 2. Juli 2007 eine geänderte Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum IV/2006 ein. Insgesamt ergab sich eine Zahllast von 361.316,80 EUR. Eine Jahreserklärung wurde nicht abgegeben.
Am 5. Oktober 2006 begann das FA mit der Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum I – II/2006. Zugleich erfolgte eine Steuerfahndungsprüfung bei der Klägerin zu 2) (nachfolgend: G) und dem Kläger, dem gemeinsamen Geschäftsführer beider Gesellschaften.
Mit Schreiben vom 12. August 2007 legte die E Einspruch gegen die Umsatzfestsetzung der Veranlagungszeiträume 2005 und 2006 ein. Als Begründung führte sie an, die Bescheide seien nichtig, weil sie sich auf das Umsatzsteuergesetz 1999 als Ermächtigungsgrundlage stützten. Diese Ermächtigungsgrundlage sei jedoch ebenso wie das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19. Dezember 2001 nichtig, weil sie gegen den Verfassungsgrundsatz des Zitiergebotes i. S. d. Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 1 S. 2 und Abs. 4 Grundgesetz (GG) verstoßen würden.
Am 29. August 2007 reichte die E nochmals geänderte Umsatzsteuervoranmeldungen I – IV/2006 ein. Für die Quartale I – III/2006 ergab sich eine noch nicht zum Soll gestellte Zahllast von 0 EUR, für das Quartal IV/2006 eine Zahllast von 612.800 EUR.
Mit Schreiben vom 6. September 2007 wurde die Euro-Med auf eine mögliche Verfristung des Einspruchs durch das Finanzamt hingewiesen. Mit Entscheidung vom 17. Oktober 2007 wurde der Einspruch als unzulässig verworfen (Bl. 7 ff FG-Akte).
Bei der G handelt es sich um eine im Jahr 2004 gegründete GmbH. Unternehmensgegenstand ist die Vermarktung von Datenträgern, datenträgerbasierenden Systemen, Etablierung von Kommunikationssystemen wie z. B. medizinischen Internetportalen sowie Aufbau und Vermarktung von Hard- und Softwaresystemen im Bereich des Gesundheitswesens.
Im Jahr 2005 erklärte die G Vorsteuern von 234.180,17 EUR, die vom FA ausgezahlt wurden.
Für das Jahr 2006 meldete die G Vorsteuern von 411.902 EUR an, die vom FA für die Monate Januar bis Juli in Höhe von 260.512 EUR ausbezahlt wurden. Nachdem G am 29. August 2007 berichtigte Voranmeldungen über Vorsteuern von 617.882,93 EUR abgegeben hatte, nahm das FA keine Verbuchung vor und erstattete lediglich den für Oktober angemeldeten Betrag von 307,23 EUR.
Am 11. September 2006 begann das FA mit der Durchführung einer Umsatzsteuerprüfung für den Zeitraum 1 – 12/2006 (vgl. Bericht vom 12. März 2008), eine Schlussbesprechung wurde nicht abgehalten. Dabei wurde festgestellt, dass die geltend gemachten Vorsteuern ausschließlich aus Rechnungen der E stammten. Nach Ansicht des Prüfers enthielten die Rechnungen ungenaue Leistungsbeschreibungen.
Da der Kläger der Steuerfahndungsstelle des FA mit Schreiben vom 28. August ...