Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlaß
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens somit sie bis zum 28.02.1998 angefallen sind, tragen der Kläger zu 85,64 % und der Beklagte zu 14,36 %, im übrigen der Kläger in voller Höhe.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der am 08.11.1958 geborene Kläger betrieb lt. Steuerfahndungs(Steufa)-Berichten vom 06.12. und 07.12.1994 einen Einzelhandel mit Gebraucht- und Unfallfahrzeugen. Mit Urteil vom 14.11.1994 (Bl. 22–30 FG-Akte) verurteilte ihn das zuständige Strafgericht wegen Hinterziehung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 1989–1990 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren. Bereits im Urteil vom 22.07.1992 war er wegen Betrugs zu 3 Jahren Gesamtfreiheitsstrafe (ohne Bewährung) verurteilt worden, weil er in mehreren Fällen daran beteiligt war, Verkehrsunfälle zu fingieren, um die Versicherungen zu täuschen.
Von Mai 1992 – November 1994 befand er sich in Haft.
Aufgrund der Feststellungen der Steufa-Stelle erließen das beklagte Finanzamt (FA) und das Finanzamt A. entsprechende Gewinnfeststellungs-, Einkommen-, Gewerbesteuermeßbetrags- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1989–1992. Die Einkommensteuerbescheide jeweils vom 15.02.1995 sind aufgrund Klagerücknahme bestandskräftig geworden. Gegen die übrigen vom FA A. erlassenen Bescheide hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben, die nach Aktenlage noch offen ist. Nach Mitteilung der Rechtsbehelfsstelle dieses FA ist die Klage verspätet erhoben worden.
Zum 22.01.1997 bestanden folgende Steuerrückstände einschließlich steuerlicher Nebenleistungen (siehe die Anlagen zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.01.1998, Bl. 81–84 FG-Fakte):
Beklagtes FA |
921.861,29 DM |
GewSt |
109.039,00 DM |
Kirchensteuer (KiSt) |
28.950,00 DM |
|
1.059.841,29 DM |
Mit Schreiben vom 14.08.1996 beantragte der Kläger gegen Zahlung von 50.000 DM Erlaß von überschlägig 820.000 DM Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 1989–1992 mit Nebenleistungen wie Zinsen und Säumniszuschlägen (SZ). Das beklagte FA wies ihn mit Schreiben vom 08.11.1996 darauf hin, daß für die Entscheidung über einen Antrag auf Erlaß von Gewerbesteuer nicht das FA befugt sei. Im übrigen lehnte es seinen Erlaß ab.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 06.12.1996 Einspruch ein. Seine im folgenden wiedergegebenen Ausführungen hat er durch verschiedene Unterlagen erhärtet, auf die der Berichterstatter jeweils Bezug nimmt.
Während seiner Haftzeit (5/1992–11/1994) sei ihm von einem damaligen Geschäftspartner G. im Rahmen eines Wohnungseinbruchs Vermögen im Wert von ca. 1,2 Mio DM entwendet worden (hierzu Tz. 2.3 – S. 2 – des Steufa-Berichts vom 07.12.1994, wonach die Wertpapiere im Juni 1992 gestohlen wurden; ferner der Zeitungsausschnitt Bl. 168 Vollstreckungsakte I). Bei diesem Vermögen habe es sich um Tafelpapiere gehandelt. Zwar sei G wegen dieses Vergehens rechtskräftig verurteilt worden, jedoch habe er den entwendeten Betrag weiter an B. verschoben. Gegen diesen beabsichtige die Staatsanwaltschaft nichts zu unternehmen, so daß von einem endgültigen Vermögensverlust seinerseits auszugehen sei (siehe Bl. 91 der Vollstreckungsakte II).
Nunmehr habe er kein Vermögen mehr, auch keine Lebensversicherungen oder etwaiges Geldvermögen. Sicherheit für eine Kreditgewährung durch eine Bank könne nicht gestellt werden. Weil er selbst bei besten Verdiensten und höchstem Arbeitseinsatz bei Abführung der theoretischen Mehrerträge bis zu seinem 80. Lebensjahr auf Sozialhilfeniveau stehen bleiben würde, sei die Steuerschuld wegen unverschuldeter finanzieller Notlage aus persönlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Ansonsten würde er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet.
Der Kläger könne allenfalls einen Betrag von insgesamt ca. 50.000 DM zur Wiedergutmachung des Steuerschadens in Raten zahlen. In einem am 15.11.1996 geführten Telefongespräch (Bl. 5 Stundungs- und Erl.-Akte) schlug er vor, 50.000 DM innerhalb eines Jahres zu zahlen, sowie weitere 10.000 DM (für GewSt und KiSt), wenn damit die Restschulden erlassen werden könnten.
An sachlichen Erlaßgründen trug der Kläger vor, daß er und G den Autohandel gemeinschaftlich betrieben hätten. Der festgestellte Gewinn wäre deshalb richtigerweise auf beide Gesellschafter zu verteilen gewesen. Auch seien verschiedene Umsätze durch die Steufa-Prüfung doppelt bzw. falsch erfaßt worden. Da sich aber aufgrund der nicht mehr vorhandenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit solche Änderungen unter dem Strich nicht mehr wesentlich auswirken würden, werde das Weiterbetreiben des gerichtlichen Rechtsbehelfs zurückgestellt.
Für das Jahr 1995 hat der Kläger einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 8.715 DM erklärt. Außerdem hat er in jenem Jahr insgesamt 10.667,70 DM Arbeitslosengeld bezogen, 1996 erwirtschaftet...