Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einfuhrumsatzsteuerfreiheit im Ausland gemalter Bilder bei vorschriftswidrigen Verbringen durch Benutzung des grünen Ausgangs. Die entsprechenden Rechtsvorschriften sind verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird bei der Einreise aus China offensichtlich fahrlässig der grüne Ausgang benutzt, obwohl die auf der Reise geschaffenen Bilder nicht unter Abgabe einer konkludenten Zollanmeldung durch Benutzen des grünen Ausgangs „anmeldefreie Waren” in den freien Verkehr überführt werden können, werden die Bilder ohne Abgabe einer ausdrücklichen Zollanmeldung und damit vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht mit der Folge, dass die vorgesehene Einfuhrumsatzsteuerfreiheit ausscheidet.

2. Es bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der genannten Rechtsvorschriften. Insbesondere ist der Grundsatz „nulla poena sine lege” nicht berührt, weil das HZA vorliegend keine Strafe verhängt hat, wie der Kläger meint, sondern Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt hat.

 

Normenkette

UStG § 21 Abs. 2, § 13 Abs. 2; EUStBV § 1 Abs. 1; ZollbefreiungsVO Art. 51; EGV 1186/2009 Art. 42; EGV 1186/2009 Art. 43; ZK Art. 202 Abs. 1 S. 1 Buchst. A, Abs. 2, Art. 212a; ZKDV Art. 234; ZKDV Art. 233 Abs. 1 Buchst. a; ZKDV Art. 230 Buchst. a; ZKDV § 225 Buchst. b; EWGV 918/83 Kap. I Titel XI; EWGV 918/83 Kap. I Titel XII; ZollbefreiungsVO Art. 50

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger Schuldner von Einfuhrumsatzsteuer geworden ist.

Am 9. Juni 2010 reiste der Kläger nach einem rund dreiwöchigen Aufenthalt in China von dort kommend über das Hauptzollamt A (HZA) – Zollamt B nach Deutschland ein und benutzte den grünen Ausgang „anmeldefreie Waren”, wobei er 21 Gemälde mit sich führte, die er nach seinen Angaben in China selbst gemalt hatte. Auf Befragen im Rahmen einer Zollkontrolle gab der Kläger an, dass er aufgrund des bürokratischen Aufwands der Anmeldung und weil es sich bei der Einfuhrumsatzsteuer um einen durchlaufenden Posten handele, keine ausdrückliche Zollanmeldung abgegeben habe. Er sei schon im Jahr 1997 in A einmal angezeigt und die mitgeführten Gemälde sichergestellt worden (vgl. Tathergang zur Anzeige vom …). Außerdem führte er ein Schreiben ohne Briefkopf mit sich, in dem u. a. darauf hingewiesen wird, dass der Einfuhrumsatzsteuersatz 7 % betrage, die Einfuhrumsatzsteuer im Falle der Vorsteuerabzugsberechtigung ein durchgehender Posten sei und Zollanmeldungen ab einem Warenwert von 1.000,00 EUR nur in schriftlicher Form abgegeben werden könnten.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 9. Juni 2010 setzte das HZA gegen den Kläger Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. 3.273,90 EUR fest, wobei es von einer Bemessungsgrundlage von 46.770,00 EUR ausging.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14. Juni 2010 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 2010 reduzierte das HZA die festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer auf 107,73 EUR, weil es nunmehr von einer Bemessungsgrundlage i. H. v. 567,00 EUR (27,00 EUR pro Bild) ausging, und wies den Einspruch im Übrigen zurück.

Dagegen erhob der Kläger Klage, die er im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Die Einfuhr von Kunstgegenständen, die von Bewohnern des Inlands, während eines vorübergehenden Aufenthalts im Drittland geschaffen werden, sei einfuhrumsatzsteuerfrei. Nirgendwo sei davon die Rede, dass Voraussetzung für die Einfuhrumsatzsteuerfreiheit sei, dass die Waren bei der Einfuhr zum steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet werden. Zudem könne durch das Begehen des „grünen Ausgangs” konkludent erklärt werden, nur einfuhrumsatzsteuerfreie Waren mit sich zu führen. Weiterhin sei der Rückschluss des HZA unzutreffend, dass durch die unzulässige Benutzung des „grünen Ausgangs” die einfuhrumsatzsteuerfreien Waren nunmehr und deswegen als einfuhrumsatzsteuerpflichtige Waren zu deklarieren sind. Zudem habe er die Zollanmeldung durch Begehen des „grünen Ausgangs” abgeben können, da der Warenwert deutlich weniger als 1.000,00 EUR betragen habe. Rein vorsorglich werde wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz „nulla poena sine lege” die Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Kodexvorschriften gerügt. Schließlich habe er keinesfalls fahrlässig gehandelt und habe sich zumindest in einem unvermeidlichen Rechtsirrtum befunden.

Der Kläger beantragt,

den Einfuhrabgabenbescheid vom 9. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 2010 aufzuheben.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Voraussetzung für eine einfuhrumsatzsteuerfreie Einfuhr von im Drittland selbst geschaffenen Bildern sei die Überführung der Waren in den freien Verkehr, wofür eine Zollanmeldung abzugeben sei. Die Abgabe einer konkludenten Zollanmeldung sei vorliegend nicht möglich gewesen, weil dies nur in den in Art. 230 ZK-DVO genannten Fällen zugelassen sei. Der Kläger habe die Bilder daher zumindest mündlich anmelden müssen. Da er dennoch den grünen Ausgang benutzt habe, würden die B...

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