Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Schenkungsvertrages. Schenkung eines Grundstücks im Zustand der Bebauung und Finanzierung der Fertigstellung
Leitsatz (redaktionell)
Ein vor dem 1.1.1996 geschlossener Schenkungsvertrag, in welchem sich der Schenker zur Übereignung einer nahezu fertiggestellten Immobilie sowie zur Finanzierung der endgültigen Fertigstellung verpflichtet hat, und der ersichtlich in der Absicht geschlossen worden ist, noch die alte Einheitsbewertung auszunützen, kann dahin ausgelegt werden, dass zwei Teilschenkungen erfolgt sind, nämlich eine Schenkung des Grundstücks im Zustand der Bebauung bei Vertragsabschluss und eine bei Bezugsfertigkeit verwirklichte mittelbare Grundstücksschenkung hinsichtlich der Kosten der bis zur vollständigen Fertigstellung des Gebäudes noch erforderlichen Baumaßnahmen.
Normenkette
ErbStG 1991 § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 133, 157; BewG 1991 § 19 Abs. 1, § 138
Nachgehend
Tenor
1) Die Erbschaftsteuerfestsetzung in Gestalt von zuletzt des Änderungsbescheids vom 22. Juli 2004 wird wie folgt geändert:
- Als steuerlicher Wert der Leistung des Schenkers in 1996 (mittelbare Grundstücksschenkung) ist von einem Betrag in Höhe von 645.612 DM auszugehen.
- Als Verkehrswert der Leistung des Schenkers sind 1.110.756 DM anzusetzen.
- Als Verkehrswert der Gegenleistung sind unverändert 308.452 DM anzusetzen, so dass von einem Verkehrswert der Bereicherung in Höhe von 802.304 DM auszugehen ist.
- Als Vorschenkung (1995) ist neben dem bisherigen Betrag der anteilige alte Einheitswert in Höhe von 446.292 DM zuzüglich der hierauf entfallenden vom Schenker übernommenen Steuer anzusetzen.
- Bei der Belastung nach § 25 Erbschaftsteuergesetz ist von 1/18,6 von 3.228.060 DM auszugehen.
2. Die Berechnung wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung dem Finanzamt übertragen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
Streitig ist der Schenkungszeitpunkt für die Immobilie H, FINr. 867/5 (jetzt: A-Weg 1-9).
Mit Notarvertrag vom 30. November 1995 (Urkunde Nr. 2515/5, Bl. 2 Finanzamts-Akte) hat der am 13. November 2003 verstorbene ursprüngliche Kläger B C (geb. 6.2.19XX) seinen drei Kindern D E, F C (nunmehr verh. G) und M C u.a. die Immobilie H, FINr. 867/5 unter Zurückbehaltung eines Nießbrauchsrechts auf Lebzeit für sich und gegen aufschiebend bedingte Rentenzahlungen an seine Ehefrau I C (geboren 8. März 19XX) zu jeweils 33/100 schenkungsweise übertragen. Die anfallende Schenkungsteuer übernahm der Kläger (Tz. c).
Der Kläger verzichtete gemäß Tz. IV 2c auf die Ausübung seines Nießbrauchs, solange die Erträgnisse zur Fertigstellung der Gebäulichkeiten auf FINr. 867/5 einschließlich des Zinsund Tilgungsdienstes für die in diesem Zusammenhang eingegangenen Verbindlichkeiten sowie Bezahlung der für diesem Grundbesitz anfallenden Leistungen verwendet werden.
Ab Beendigung des Nießbrauchs hatten die Erwerber an die Ehefrau des Klägers eine wertgesicherte Leibrente in Höhe von 10.000 DM monatlich zu zahlen (Tz. VI des Vertrages).
Dieses Grundstück befand sich im Zustand der Bebauung mit fünf Mietshäusern. Die Rohbauten waren bereits vom Kläger erstellt. Mit der schlüsselfertigen Erstellung des gesamten Bauvorhabens war Mitte des Jahres 1996 zu rechnen. Gegenstand der Überlassung war It. Vertrag (Tz. II. 2.) demnach das Grundstück in vollständig bebautem Zustand gemäß den genehmigten Bauplänen. Zu diesem Zweck übertrug der Kläger einen Geldbetrag von 1.815.000 DM anteilig (1/3 von 5.445.000 DM) mit der ausdrücklichen Bestimmung und Auflage an die Erwerber, dass dieser Geldbetrag nur für die ordnungsgemäße Fertigstellung der auf dem Vertragsgrundstück aufstehenden Rohbauten entsprechend den genehmigten Bauplänen zum Zwecke der Vermietung verwendet werden darf. Den dafür vorliegenden Geldbetrag hatte der Veräußerer bereits auf das durch die Erwerber neu errichtete Bankkonto Nr. XY bei der Bank J, Zweigstelle H, überwiesen.
Mit dem gleichen Notarvertrag (Tz. B) sowie Gesellschaftsvertrag als Anlage (Bl. 33 ff Finanzamts-Akte) wurde zwischen allen Beschenkten und dem Kläger, dem noch ein Anteil von 1 % u.a. an der Immobilie FINr. 867/5 verblieben ist, anschließend die Gesellschaft bürgerlichen Rechts „Grundstücksgesellschaft C” gegründet. Zweck dieser Gesellschaft ist der Erwerb, die Bebauung und die Verwaltung von diversen Grundstücken, u.a. der FINr. 867/5. Zur Erfüllung ihrer Einlagenverpflichtung brachten die Gesellschafter u.a. die FINr. 867/5 in die Gesellschaft ein. Der zur Fertigstellung vom Kläger hingegebene Geldbetrag wurde von den drei Kindern in die Gesellschaft eingebracht. Der Kläger brachte in die Gesellschaft 55.000 DM ein. Die von den Gesellschaftern eingebrachten G...