rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltung der Verjährungsvorschriften der AO für Kindergeldansprüche nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verweisung des Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d SozSichAbk YUG erstreckt sich auf die deutschen Vorschriften über das Kindergeld für Arbeitnehmer und damit auch auf § 31 S. 3 EStG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1, § 155 Abs. 4 AO sind auf solche Steuervergütungen die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften und mithin auch die Verjährungsvorschriften der §§ 169 ff. AO sinngemäß anzuwenden. Nach § 2 AO vorgehende abweichende Regelungen über die Festsetzungsverjährung enthält das SozSichAbk YUG nicht.

 

Normenkette

EStG § 31 S. 3; AO § 155 Abs. 4, § 169 ff.; SozSichAbk YUG Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist der Vater der am ….08.1997 geborenen V und des am ….02.1999 geborenen D. Mit bei der Beklagten (die Familienkasse – FK –) am 06.12.2007 eingegangenem Schreiben beantragte der Kl Kindergeld für seine beiden Kinder. Zur Begründung verwies er darauf, dass er in den Jahren 1991 bis 2000 in Deutschland gelebt habe. Im Jahr 1998 habe er einen Arbeitsunfall erlitten; seither sei er arbeitsunfähig. Davor habe er in Deutschland gearbeitet.

Die FK lehnte den Kindergeldantrag mit Bescheid vom 15.01.2008 ab, da die Kindergeldansprüche für Zeiträume vor Januar 2003 bereits verjährt seien. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 16.10.2008 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen auf die Ausführungen im Einspruch verwiesen. Die späte Antragstellung sei auf die gesundheitlichen Probleme des Kl zurück zu führen.

Der Kl beantragt sinngemäß,

die FK unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 15.01.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.10.2008 zu verpflichten, für das Kind V von August 1997 bis Dezember 2000 und für das Kind D von Februar 1999 bis Dezember 2000 Kindergeld festzusetzen.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass es nicht im Ermessen der FK stehe, trotz eingetretener Verjährung Kindergeld zu gewähren.

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet. Etwaige Kindergeldansprüche des Kl für den Zeitraum August 1997 bis Dezember 2000 sind bereits durch Eintritt der Festsetzungsverjährung erloschen.

1. a) Das Kindergeld ist seit dem Veranlagungszeitraum 1996 als Steuervergütung ausgestaltet (§ 31 S. 3 EinkommensteuergesetzEStG –). Es gelten daher die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AO). Nach § 155 Abs. 4 AO sind auf solche Steuervergütungen die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften (§§ 155 bis 178a AO) sinngemäß anzuwenden. Diese Verweisung erfasst insbesondere auch die Vorschriften über den Eintritt der Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff AO).

Nichts anderes gilt, soweit sich ein etwaiger Kindergeldanspruch aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien (bzw. deren Nachfolgestaaten) über soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl. II S. 1437) ergibt. Denn die Verweisung des Artikel 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d deutschjugoslawisches Sozialabkommen erstreckt sich auf die deutschen Vorschriften über das Kindergeld für Arbeitnehmer und damit auch auf § 31 S. 3 EStG. Nach § 2 AO vorgehende abweichende Regelungen über die Festsetzungsverjährung enthält das deutsch-jugoslawische Sozialabkommen nicht.

b) Nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist für das Kindergeld vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer – hier der Anspruch auf die Steuervergütung Kindergeld – entstanden ist. Das als Steuervergütung ausgestaltete Kindergeld wird auf Antrag (§ 67 S. 1 EStG) vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen weggefallen sind (§ 66 Abs. 2 EStG). Der Anspruch auf das Kindergeld entsteht somit für jeden Monat, in dem die Anspruchsvoraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegen haben. Da das Kindergeld nach § 66 Abs. 1 EStG monatlich gezahlt wird, beginnt die Festsetzungsfrist für das in den einzelnen Monaten des jeweiligen Kalenderjahres gezahlte Kindergeld somit mit Ablauf dieses Kalenderjahres.

c) Im vorliegenden Fall wurde der Beginn der Festsetzungsfrist nicht gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO hinausgeschoben, da eine Pflicht zur Beantragung des Kindergelds nicht bestand. Auch § 170 Abs. 3 AO greift nicht ein, da diese Anlaufhemmung nur für den Fall der Aufhebung oder Änderung einer bereits erfolgten Festsetzung ...

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