Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit fehlgeschlagenen Vermietungsleistungen; Rücklieferung oder Rückgängigmachung einer Lieferung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergibt sich die Steuerpflicht eines Verwendungsumsatzes (hier: Vermietung und Verpachtung eines Grundstückes) erst aufgrund eines Verzichts auf die Steuerbefreiung, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug aus Investitionskosten nicht deshalb, weil die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit nicht zu besteuerten Umsätzen führt.

2. Wird für den Fall, daß der Leistungsempfänger nicht alle Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag erfüllen, kann ein Wiederkaufsrecht mit dem Leistungserbringer vereinbart, führt die Ausübung dieses Wiederkaufsrechts nicht zu einer entgeltlichen Rücklieferung durch den Empfänger der ursprünglichen Leistung sondern zu deren nicht steuerbaren Rückgängigmachung.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat ein Unternehmer ein Baugrundstück in der ernsthaften und nachgewiesenen Absicht erworben, dort ein Hotel- und Bürogebäude zu errichten und anschließend an andere Unternehmer unter Verzicht auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr.12a UStG steuerpflichtig zu vermieten, steht ihm für die in Anspruch genommenen Planungsleistungen und sonstige Investitionskosten sofort bei Leistungsbezug und Vorliegen der Eingangsrechnungen der Vorsteuerabzug zu.

2. Kann der Unternehmer später trotz ernsthafter Bemühungen Auflagen aus dem Grundstückskaufvertrag nicht erfüllen, macht der Grundstücksverkäufer deswegen von einem Wiederkaufsrecht Gebrauch und kommt es wegen der Rückgängigmachung der Grundstückslieferung nicht zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze, so bleibt das Recht des Unternehmers auf den Vorsteuerabzug erhalten, sofern kein Fall von Betrug oder Missbrauch vorliegt (vgl. EuGH-Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 15.1.1998 C-37/95, UVR 1998, 95).

3. Ergibt sich die Steuerpflicht eines Verwendungsumsatzes erst auf Grund eines Verzichts auf die Steuerbefreiung (§ 9 UStG), kann bei richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs.1 Nr.1 UStG für das (endgültige) Recht auf Vorsteuerabzug nicht darauf abgestellt werden, ob der beabsichtigte Umsatz zur Ausführung gelangt und die Option zur Steuerpflicht gemäß § 9 Abs.1 UStG auch tatsächlich ausgeübt wird.

4. Zur Abgrenzung zwischen nicht steuerbarer Rückgängigmachung einer Lieferung und entgeltlicher Rücklieferung.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 1; EWGRL 388/77 Abs. 17 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 10 Abs. 2; UStG §§ 15a, 3 Abs. 1, §§ 9, 15 Abs. 1 Nr. 1, § 15 a; EWGRL 388/77 Art. 17

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.11.2002; Aktenzeichen V R 51/01)

 

Gründe

I.

Streitig ist der Anspruch auf Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Investitionsaufwendungen für geplante aber nicht zur Ausführung gelangte steuerpflichtige Vermietungsumsätze.

Gegenstand der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, ist der Erwerb und die Übernahme von Beteiligungen an in- und ausländischen Gesellschaften, deren Aufgabe es ist, Büro- und Hotelbauten nach dem Mustersystem … zu errichten und zu betreiben.

Mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 1990 (Kaufvertrag) erwarb die Klägerin von der Stadt Essen das darin näher bezeichnete Baugrundstück. Der Kaufpreis wurde ohne Mehrwertsteuer vereinbart. Der Besitzübergang erfolgte gemäß der in dem Kaufvertrag vorgesehenen Genehmigung der Stadt … vom 15. September 1992 zum 1. Oktober 1992. Gemäß § 6 des Kaufvertrags übernahm die Klägerin die Verpflichtung, das Grundstück mit einem sog … Center” … zu bebauen und die verfügbaren Flächen ausschließlich an dort genannte Unternehmen zu vermieten.

Da es der Klägerin in der Folgezeit nicht gelang, alle Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag (Beibringung einer unwiderruflichen Finanzierungszusage und einer unwiderruflichen und bedingungslosen Fertigstellungsgarantie) zu erfüllen, übte die Stadt … mit Schreiben vom 27. April 1993 das ihr aus dem Kaufvertrag zustehende Wiederkaufsrecht unter Rückzahlung des Kaufpreises aus.

In ihren Umsatzsteuererklärungen für 1992 und 1993 gab die Klägerin zunächst, wie bereits in den Vorjahren, weder Umsätze an noch machte sie Vorsteuern geltend.

Mit Bescheiden vom 18. November 1998 setzte der Beklagte (das Finanzamt) die Umsatzsteuer erklärungsgemäß auf 0 DM fest und hob gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Mit dem Einspruch dagegen wandte sich die Klägerin gegen die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung und machte zugleich Vorsteuern aus im Zusammenhang mit der beabsichtigten Bebauung des Grundstücks entstandenen Aufwendungen für Planungsleistungen u.ä. für 1992 in Höhe von 1.196.160,94 DM und für 1993 in Höhe von 355.538,46 DM aus Rechnungen der … D-AG … geltend.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 1999 führt das Finanzamt zur Begründung aus, daß die streitigen Vorsteuerbeträge nicht abzugsfähig seien, weil die maßgebliche erste Verwendung zu einem steuerfreien Umsatz geführt habe. Die Planungskosten stünden auch in unmittelbarem Zusammenhang ...

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