rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Leistung bei Veranstaltung von Sportreisen ins Ausland. Umsatzsteuer 1989, 1990, 1991
Leitsatz (amtlich)
Liegen die Schwerpunkte der von einem Reiseveranstalter erbrachten Eigenleistungen in der Planung, Organisation und Durchführung verschiedener Sportaktivitäten der Reiseteilnehmer (z. B. Beschaffung, Transport, Wartung und Ausgabe der Sportgeräte, Einrichtungen von Surfstationen, Bestimmung von Sportarealen, Veranstaltung von Schulungen und Wettbewerben) sowie in der entsprechenden Betreuung der Reiseteilnehmer (Einweisung in Sportgeräte, Animation, Training usw.) durch das vor Ort vom Reiseveranstalter eingesetzte Personal, bestimmt sich der Ort der als wirtschaftliches Ganzes, als ein Bündel von Haupt- und Nebenleistungen erbrachten sonstigen Leistungen nach § 3a Abs. 1 UStG.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 1; UStG 1980 § 3a Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 9
Tenor
1. Unter Änderung der Steueränderungsbescheide vom 6. Oktober 1994 und der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer 1989 auf ./. 36.131,76 DM, die Umsatzsteuer 1990 auf ./. 29.471,72 DM und die Umsatzsteuer 1991 auf ./. 106.318,34 DM festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 93 v.H. und der Beklagte zu 7 v. H.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die durch Prozessbevollmächtigte vertretene Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in den Streitjahren 1989 bis 1991 noch als … GmbH firmierte, wurde am 25. Juli 2000 im Handelsregister gelöscht. Für die Klägerin wurde im September 2001 eine Nachtragsliquidatorin bestellt.
Die Klägerin veranstaltete als Reiseunternehmerin in den Streitjahren Sportreisen in die Dominikanische Republik, Brasilien, Ägypten, Kolumbien, Österreich, Türkei, Italien und Griechenland. Ihre Tätigkeit umfasste neben der Erbringung der Flug-, Unterbringungs- und Verpflegungsleistungen vor allem die Planung, Organisation und Durchführung sämtlicher mit den Sportaktivitäten der Reiseteilnehmer, wie Surfen, Tennis, Skifahren, Tauchen und Radfahren, zusammenhängenden Dienstleistungen.
Die Klägerin unterwarf die von ihr in Anspruch genommenen Reisevorleistungen dritter Unternehmer der Besteuerung nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und ihre erklärten Eigenleistungen sämtlich der regulären Besteuerung. In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre, denen das damals zuständige Finanzamt Osterholz-Scharmbeck zustimmte, erklärte die Klägerin jeweils eine negative Umsatzsteuer in Höhe von 98.651 DM für 1989, von 113.416 DM für 1990 und von 203.112 DM für 1991.
Abweichend von den Steuererklärungen der Klägerin erhöhte der Prüfer im Rahmen einer Außenprüfung (vgl. Bericht des Finanzamts … vom 19. Juli 1994) aufgrund seiner Feststellungen die von der Klägerin erbrachten Eigenleistungen durch Hinzurechnung verschiedener Kostenelemente (vgl. dazu im Einzelnen die Tz. 22 – 33 und die Anlage 7 des Prüfungsberichts) und bezog sie in voller Höhe in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer mit ein.
Das Finanzamt… folgte diesem und weiteren hier nicht streitigen Ergebnissen des Prüfers grundsätzlich und setzte mit Steueränderungsbescheiden vom 6. Oktober 1994 die Umsatzsteuer für 1989 auf ./. 34.195 DM, für 1990 auf ./. 19.826 DM und für 1991 auf ./. 98.663 DM fest.
Die Einsprüche dagegen wies der zwischenzeitlich zuständige Beklagte (Finanzamt) mit Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 1997 als unbegründet zurück.
Zur Begründung führt das Finanzamt u. a. aus, dass der Ort der mit eigenen Mitteln erbrachten Reiseleistungen der Klägerin der Ort des Unternehmens der Klägerin im Inland gewesen sei. Sowohl die Reiseproduktion als auch der Reisevertrieb seien überwiegend vom Unternehmenssitz im Inland getätigt worden. Ausländische Betriebsstätten habe die Klägerin auch nach Auffassung ihrer ehemaligen Geschäftsführer nicht gehabt. Alle ausländischen Aktivitäten seien nach deren Angaben nur vom Inland aus geplant und betrieben worden. Die vor Ort befindlichen Einrichtungen wie Schilf- oder Palmenhütten, Kfz-Anhänger u.ä. seien keine festen Niederlassungen. Die Bereitstellung der Surfareale und die Überlassung der Surfbretter mit Zubehör stelle eine besonders geartete Reiseleistung im Rahmen einer Sportreise dar, bei der die Organisation des reibungslosen Surfbetriebs vor Ort auf Weisung der Klägerin aus Deutschland erfolgt sei. Der Ort der klägerischen Leistungen richte sich auch nicht nach § 3 a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 Buchstabe a UStG. Denn weder habe die Klägerin Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück noch habe sie unterrichtende oder sportliche Leistungen erbracht. Vielmehr habe sie im Rahmen von Sportreisen Sportgeräte und Sportanlagen zu...