rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Verteilung einer Vereinszeitschrift an die Vereinsmitglieder kein steuerbarer Umsatz. Umsatzsteuer 1987, 1988
Leitsatz (amtlich)
Überlässt ein Verein die im freien Handel nicht erhältliche, ausschließlich dem Vereinszweck dienende Vereinszeitschrift kostenlos, also nicht in Erwartung einer Gegenleistung, weil auch kein Zusammenhang mit den –ohnehin in ihrer Höhe freiwilligen– Mitgliedsbeiträgen besteht, liegt weder ein steuerbarer Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 noch Eigenverbrauch i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a oder Nr. 3 UStG 1980 vor. Dies gilt selbst dann, wenn die Zeitschrift in geringem Umfang an ausgeschiedene Mitglieder veräußert wird.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nrn. 1, 2 Buchst. a, Nr. 3
Tenor
1. Unter Änderung des Steuerbescheids 1987 vom 26. Juli 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 1998 und in Gestalt des Steueränderungsbescheids vom 28. April 1998 sowie unter Änderung des Steuerbescheids 1988 vom 26. Juli 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 1998 wird die Umsatzsteuer 1987 auf 0 DM und die Umsatzsteuer 1988 auf ./. 12.098 DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck es ist, durch Aufklärung und gutes Beispiel Liebe und Verständnis für die lebende Tierwelt zu wecken, das Wohlergehen und eine artgerechte Haltung der Tiere zu fördern (vgl. § 2 der Satzung des Klägers).
Nach § 4 der Satzung liegt die Höhe des Jahresbeitrags im freien Ermessen eines jeden Mitglieds. Nach der zum 15. Oktober 1988 geänderten Satzung des Klägers richtet sich bei durch Vertreterwerbung zustande gekommenen Mitgliedschaften der Jahresmindestbeitrag nach der vertraglich vereinbarten Höhe, ansonsten liegt er im freien Ermessen eines jeden Mitglieds.
Der Kläger gibt seit dem Jahr 1986 die Zeitschrift … heraus, die er – ab 1988 vierteljährlich – an seine Mitglieder verschickt. Ein gesondertes Entgelt wird nicht erhoben. In den Aufnahmeantragsformularen heißt es seit 1988: „Ich erhalte kostenlos das Vereinsjournal … mit Informationen für die Mitglieder.”
Die fertig hergestellte Zeitschrift bezog der Kläger in den Streitjahren von einer Verlagsgesellschaft zu einem Preis von 2,40 DM je Exemplar.
Auf der Titelseite der Zeitschrift ist angegeben: Journal des … und Einzelpreis 4 DM.
In geringem Umfang veräußerte der Kläger die Zeitschrift in 1988 zu je 4 DM an interessierte ehemalige Mitglieder und erzielte dabei Bruttoerlöse in Höhe von 5.910 DM.
Aufgrund der Feststellungen im Rahmen einer Außenprüfung (vgl. Bericht über die Betriebsprüfung vom 31. Januar 1996) wertete der Beklagte (das Finanzamt) einen Teil der Mitgliederbeiträge als Entgelt für den Bezug der Zeitschrift
Das Finanzamt setzte dementsprechend mit Steuerbescheiden vom 26. Juli 1996 und schließlich mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 1998 die Umsatzsteuer 1987 auf 12.624 DM und die Umsatzsteuer 1988 auf 17.428 DM fest.
Dies wurde damit begründet, dass die Mitglieder des Klägers mit der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift … eine Tierzeitschrift erhielten, die mit anderen im Handel erscheinenden Tierzeitschriften vergleichbar sei und somit den Kauf einer solchen ersetzten. Mit der unentgeltlichen Abgabe des Journals an die Mitglieder sei der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erfüllt. Die Mitgliedsbeiträge seien daher zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der Herstellung und der Portokosten der versandten Exemplare im Schätzungswege in einen steuerfreien (echte Mitgliederbeiträge) und steuerpflichtigen Teil (unechte Mitgliedsbeiträge) aufzuteilen.
Dagegen trägt der Kläger zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen vor, dass kein Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG vorliege, da er mit der Herausgabe und der unentgeltlichen Verteilung der Vereinszeitschrift an seine Mitglieder keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausübe und keine Leistungen erbringe. Die Herausgabe und Verteilung der Zeitung sei eine Veranstaltung des Klägers im Rahmen seines Tätigwerdens i. S. von § 2 der Satzung. Damit werde zielorientiert die Einbeziehung der Mitglieder in das aktuelle Vereinsgeschehen mit der ständigen Herausforderung zu engagierter Teilnahme an der Verwirklichung des Tierschutzgedankens verfolgt. Diesem Anliegen gemäß sei die Zeitschrift aufgemacht. Eine Zeitschrift dieser Aufmachung und mit diesem Inhalt als Vergleichsobjekt sei entgegen der Behauptung des Finanzamts im Handel nicht vertreten. Das Finanzamt ignoriere bei seinem Vergleichsversuch das die Zeitschrift … prägende Leitmotiv des Tierschutzanliegens. Aufgrund dieser satzungsgemäße...