Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung beabsichtigter steuerfreier Ausgangsumsätze bei der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG auch bei späterer tatsächlicher Erzielung von ausschließlich steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen
Leitsatz (redaktionell)
Sollte nach der Absicht des Unternehmers bei Leistungsbezug eine Verwendung von Eingangsumsätzen, die weder steuerpflichtigen noch steuerfreien Ausgangsumsätzen direkt zugeordnet werden können (hier: allgemeine Verwaltungskosten einer Kapitalgesellschaft, die Anteile an Publikumsgesellschaften vermittelt), sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Ausgangsumsätze erfolgen, sind die zunächst beabsichtigten steuerfreien Ausgangsumsätze auch dann in die nach § 15 Abs. 4 S. 2 UStG vorzunehmende Vorsteueraufteilung einzubeziehen, wenn im gesamten Abzugsjahr tatsächlich lediglich steuerpflichtige Ausgangsumsätze ausgeführt wurden, weil die beabsichtigte steuerfreie Verwendung aus nachträglich eingetretenen Gründen nicht verwirklicht werden konnte.
Normenkette
UStG 2005 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 1, 2 Buchst. a, Abs. 5
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, in welchem Umfang der Vorsteuerabzug zulässig ist, sofern zwar ausschließlich steuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt wurden, jedoch zusätzlich die Erzielung steuerfreier Umsätze beabsichtigt war.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer Kapitalgesellschaft, ist die Vermittlung von Anteilen an Publikumsgesellschaften sowie die Erstellung von Anlegerinformationen für Publikumsgesellschaften. In den Jahren 2001 bis 2004 erzielte sie u.a. Umsätze aus der Vermittlung von Anteilen an insgesamt vier Medienfonds.
In den Vorjahren tätigte die Klägerin folgende Umsätze:
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2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
steuerpflichtige Umsätze |
EUR |
EUR |
EUR |
EUR |
steuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 8 f UStG) |
EUR |
EUR |
EUR |
EUR |
Anteil steuerfreier |
76% |
79% |
89% |
87% |
Umsätze am Gesamtumsatz |
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In ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Februar bis August 2005 machte die Klägerin den Vorsteuerabzug in Höhe von EUR und damit lediglich 5% der angefallenen Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt EUR geltend. Als sich aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im September 2005 herausstellte, dass die Auflage zweier weiterer Medienfonds und damit auch die geplante Vermittlung von Fondsanteilen hieran nicht mehr zustande kommen würden, holte die Klägerin mit der am 12. Oktober 2005 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für September 2005 den bisher nicht geltend gemachten Vorsteuerabzug in vollem Umfang nach.
Da die Klägerin zum gesetzlichen Abgabezeitpunkt keine Umsatzsteuererklärung eingereicht hatte, setzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Umsatzsteuer 2005 mit Bescheid vom 30. April 2007 unter Vorbehalt der Nachprüfung auf den negativen Betrag von … EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und reichte am 24. April 2007 (Frühleerung) eine Umsatzsteuererklärung 2005 ein, in der sie die Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von … EUR errechnete; hierbei machte sie Vorsteuerbeträge von … EUR geltend und erklärte steuerpflichtige Umsätze in Höhe von … EUR.
Das FA setzte die Umsatzsteuer 2005 mit gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 12. November 2007 auf den negativen Betrag von … EUR fest und legte hierbei abzugsfähige Vorsteuerbeträge in Höhe von … EUR zugrunde. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass die Klägerin ihre Eingangsleistungen zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu 95% steuerfreien Umsätzen zugeordnet habe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 9. April 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin macht geltend, dass die dem Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Kosten nahezu ausschließlich allgemeine Verwaltungskosten darstellten, die nicht direkt steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zugeordnet werden könnten. Deshalb habe sie die Vorsteuer zunächst entsprechend dem sich in den Vorjahren rechnerisch ergebenden Aufteilungsschlüssel der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen geltend gemacht. Da sie im Streitjahr jedoch ausschließlich steuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt habe, sei die Vorsteuer in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen. Dies gelte auch deshalb, da sie beabsichtigt habe, für geplante steuerfreie Umsätze gem. § 9 Abs. 1 UStG i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG auf die Steuerbefreiung zu verzichten.
Mit gem. § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 19. Februar 2010 setzte das FA die Umsatzsteuer 2005 auf den negativen Betrag von … EUR fest.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 22. April 2008, 21. Juni 2010 sowie 22. Juni 2010 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2005 unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 19. Februar 2010 auf den negativen Betrag ...