Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragung der Nichtzugehörigkeit zu einer kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft auf der LSt-Karte;. negative Bekenntnisfreiheit;. eingeschränkt durch die Garantie einer geordneten Besteuerung i.V.m. dem behördlichen Fragerecht nach der (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft. Ausweis der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte 1998
Leitsatz (amtlich)
Auch ein Homosexueller hat es zu dulden, dass seine Nichtzugehörigkeit zu einer kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft durch „–” auf der LSt-Karte kenntlich gemacht wird (Anschluss an das Urteil des Senats vom 24. November 1998 – 13 K 4538/97, EFG 1999, 299; rechtskr.).
Normenkette
GG Art. 4 Abs. 1, Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 6 i.V.m, Art. 136 Abs. 3 Sätze 1-2; EStG § 39 Abs. 6
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
(Kurzurteil gem. § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung –FGO–)
I.
Die zuständige Gemeinde stellte dem Kläger, einem als Rechtsanwalt selbständig Tätigen, aber als Cheflektor nichtselbständig Tätigen, im September 1997 die Lohnsteuer(LSt)-Karte 1998 aus, auf der unter der Rubrik „Kirchensteuerabzug” vermerkt war: „–”. Mit den zwei Strichen wird dem Arbeitgeber des Klägers deutlich gemacht, dass eine Kirchenlohnsteuer (KiLSt) nicht einzubehalten ist (s. Abschn. 108 Abs. 9 Satz 4 der Lohnsteuer-Richtlinien 1996 –LStR–).
Mit Schreiben vom 1. Juli 1998 legte der Kläger beim Beklagten (Finanzamt –FA–) gegen die LSt-Karte 1998 Einspruch ein, soweit sie einen Eintrag über seine fehlende Religionszugehörigkeit aufweise.
Das gem. § 39 Abs. 6 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuständige FA wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung –EE– vom 6. März 2001, Bl. 17–23 Rb-AkteFA).
Bereits gegen die LSt-Karte 1997 hatte sich der Kläger mit dem Antrag gewandt, ihm eine LSt-Karte ohne jede Angabe der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft auszustellen, was das FA mit Verfügung vom 29. November 1996 ablehnte. Einspruch. Klage und Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos (Urteil des FG München vom 24. November 1998 – 13 K 4538/97, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1999, 299, Bl. 86–97 FG-Akte 13 K 4538/97; Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 9. August 2000 VI B 23/99, Bl. 113 a.a.O.). Die Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 25. Mai 2001 – 1 BvR 2253/00, Bl. 114 a–d a.a.O.).
Mit seiner Klage gegen die LSt-Karte 1998 hält der Kläger daran fest, dass die Angabe „–” gegen sein aus Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ableitbares Recht auf negative Bekenntnisfreiheit sowie gegen sein Recht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) verstoße.
Er setzt sich kritisch mit dem FG-Urteil in EFG 1999, 299 auseinander. Insbesondere führt er aus, dass das kirchliche Besteuerungsrecht in Art. 137 Abs. 6 WRV nur eine Besteuerung durch die Religionsgemeinschaften selbst zulasse, nicht aber die Übertragung der Verwaltung der KiLSt auf die FÄ. Verfehlt sei auch die Annahme des FG, der Ausweis seiner Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft auf der LSt-Karte sei durch Art. 136 Abs. 3 Satz 2 WRV gedeckt.
Wegen der näheren Einzelheiten verweist der Einzelrichter auf die Schriftsätze vom 6. April und 22. Mai 2001.
In einem weiteren Schriftsatz vom 19. Juli 2001 greift der Kläger seine Argumentation im Verfahren 13 K 4538/97 wieder auf, wonach es für ihn als Homosexuellen unzumutbar sei, die Großkirchen mit ihrer diskriminierenden Politik durch den kritisierten LSt-Karten-Eintrag indirekt zu unterstützen.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der LSt-Karte 1998 rechtswidrig gewesen ist.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 30. Juni 2001 hat der Einzelrichter die FG-Akte 13 K 4538/97 zum Verfahren beigezogen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig.
2. Sie ist aber unbegründet.
Der Einzelrichter sieht von einer näheren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die Gründe der EE sowie zur Vermeidung von Wiederholungen auf das rechtskräftige Urteil vom 24. November 1998 – 13 K 4538/97 (insbes. S. 7–12) Bezug, welches durch alle höchstrichterlichen Instanzen bestätigt worden ist.
Er bemerkt hierzu noch Folgendes: Der Einzelrichter hält daran fest, dass die ohnehin nur minimale Grundrechtseinschränkung des Klägers durch Art. 137 Abs. 6 i.V.m. Art. 136 Abs. 3 WRV gedeckt ist.
Zunächst ist verfassungsrechtlich längst geklärt, dass der Landesgssetzgeber kraft Bundesrechts verpflichtet ist, Bestimmungen zu erlassen, die den Religionsgemeinschaften die Ausübung ihres verfassungsmäßig gewährleisteten Besteuerungsrechts ermöglichen. Hierzu gehört auch die Regelung des KiLSt-Abzugsverfahrens (so in mehreren Entscheidungen der 60er Jahre der Bayerische Verfassun...