Entscheidungsstichwort (Thema)
Einnahmen eines „gehandicapten” Spitzensportlers
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Berufssportler erzielt keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb
2. Wenn ein Sportler im Zusammenhang mit seiner Betätigung Zahlungen erhält, die nicht nur ganz unwesentlich höher sind als die ihm hierbei entstandenen Aufwendungen, dann ist der Schluss gerechtfertigt, dass der Sport nicht mehr aus reiner Liebhaberei, sondern auch um des Entgelts willen betrieben wird.
3. Das Gesetz sieht keine pauschale Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten und auch keine Vermutung für den Anfall von die Einnahmen übersteigenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten vor.
4. Soweit die Finanzverwaltung bei Zuschüssen von der Deutschen Sporthilfe davon ausgeht, dass diesen i.d.R. Werbungskosten in gleicher Höhe gegenüberstehen, entbindet dies den Steuerpflichtigen nicht von seiner Feststellungslast für steuermindernde Tatsachen.
5. Einnahmen für eine Trainertätigkeit gehören nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, sondern zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Soweit diese Tätigkeit nebenberuflicher Art ist, bestand bis einschließlich 2020 für entsprechende Aufwandsentschädigungen in Höhe eines Jahresbetrages von 2.400 € Steuerfreiheit.
Normenkette
AO § 162 Abs. 1 S. 1; FGO § 67 Abs. 1 analog, § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 1 Hs. 2; GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 3 Nr. 26, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1; AO § 90
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind seit dem …2018 verheiratet und wurden in den Streitjahren 2018 und 2019 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 2017 wurde der Antragsteller einzeln zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Antragsteller ist … ein „gehandicapter” Spitzensportler, …. Er hat für die Bundesrepublik Deutschland an unterschiedlichen internationalen Wettkämpfen teilgenommen und dabei u.a. bei den Paralympischen Spielen … (Titel) gewonnen.
Im Rahmen seiner sportlichen Tätigkeit bezieht der Antragsteller Leistungen von der Deutschen Sporthilfe, der Bundeswehr, als Trainer vom … X (= Sportverein X), vom deutschen Behindertensportverband sowie von … Y (= Sportverein Y). Diese Leistungen erklärte der Antragsteller nicht in seinen Einkommensteuererklärungen in den Streitjahren 2017 bis 2019. Ferner erzielt der Antragsteller sonstige Einkünfte in Form von Renteneinkünften.
Darüber hinaus hatte der Antragsteller am 01.05.2015 einen Sponsoringvertrag mit der Z UG (haftungsbeschränkt) – UG – geschlossen, welche weitere Sponsoren für ihn vermittelt. Von der Gründung am …2015 bis zum Verkauf der Anteile an den Antragsteller am …01.2018 war die Antragstellerin alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der vorgenannten UG. Seit Januar 2018 ist der Antragsteller alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Die Gesellschaft übernimmt dabei vom Antragsteller als Sportler zu tragende Kosten wie z.B. Trainingskosten, Reisekosten, Spesen und Equipment (§ 2 des Sponsoring-Vertrags). Vor Abschluss eines Sponsorenvertrages hat die Gesellschaft die Zustimmung des Sportlers einzuholen und ihm den Entwurf der jeweiligen Vereinbarung vorzulegen (§ 4 Abs. 2 des Sponsoring-Vertrages). Der Sportler ist aber auch berechtigt, eigene Sponsoringverträge (auf eigenen Namen und eigene Rechnung) mit Sponsoren abzuschließen (§ 4 Abs. 4 des Sponsoring-Vertrages). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Sponsoring-Vertrag vom 01.05.2015 (Rechtsbehelfsakte, Reiter „Sponsoring-Vertrag”) verwiesen.
Die Antragstellerin erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Antragsgegner führte beim Antragsteller sowie bei der Z UG eine Betriebsprüfung für die Streitjahre durch.
Der Betriebsprüfer war der Auffassung, dass die von der Sporthilfe, der Bundeswehr, vom X, vom deutschen Behindertensportverband sowie von der Y bezogenen Leistungen der Besteuerung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb unterlägen (Tz. 2.2 des Bp-Berichts vom 16.12.2022). Entgegen der Auffassung des Antragstellers liege keine Liebhaberei vor. Nachdem der Antragsteller bzw. dessen Steuerberater trotz Aufforderung durch den Antragsgegner keine Gewinnermittlung erstellt hatte, schätzte der Antragsgegner die Einnahmen und Ausgaben anhand der Kontoauszüge der Jahre 2018 und 2019, für das Jahr 2017 orientierte sich der Antragsgegner an den Kontoauszügen der Jahre 2018 und 2019. Darüber hinaus schätzte er Siegprämien … in Höhe von 10.000 € (2017), … in Höhe von 5.000 € (2018) sowie für Erfolge bei kleineren Wettbewerben (jährlich 2.000 €). Wegen des Fehlens einer Buchführung erhöhte der Antragsgegner die Einnahmen um einen jährlichen Sicherheitszuschlag in Höhe von 1.500 €.
Als Betriebsausgaben setzte der Antragsgegner im Rahmen der sog. „Fiktionstheorie” folgende Beträge an, die bei der Z UG als vGA behandelt worden waren (siehe Tz. 2.8 des Bp-Berichts der Z UG):
- • Reisekosten Arbeitnehmer ohne die auf diesem Konto gebuchten...