rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streit über die Höhe des vom Arbeitgeber bescheinigten Bruttolohns gehört vor die Arbeitsgerichte

 

Leitsatz (redaktionell)

Streitet sich ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber über die Höhe des bescheinigten Bruttolohns auf der Lohnsteuerbescheinigung, so ist nicht der Finanzrechtsweg, sondern nach § 13 GVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e; GVG § 13; FGO § 33

 

Tatbestand

Mit Schreiben vom 14.2.2005 erhob der Kläger Klage gegen seinen früheren, unbekannt verzogenen Arbeitgeber I. X. auf Berichtigung der von diesem für den Zeitraum 1.2. bis 5.6.2000 ausgestellten Lohnsteuerbescheinigung, in der u.a. ein Bruttoarbeitslohn von 14.981,67 DM, einbehaltene Lohnsteuer von 519,– DM, einbehaltener Solidaritätszuschlag von 16,– DM und einbehaltene Kirchensteuer von 62,28 DM bescheinigt sind.

Der Kläger ist der Auffassung, richtigerweise habe der Beklagte einen Bruttoarbeitslohn von 8.962,81 DM abzüglich Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern nach Steuerklasse 1 sowie steuerfreie Auslöse in Höhe von 900 DM bescheinigen müssen.

Hierzu behauptet er, es sei ein monatlicher Nettolohn von 2.400,– DM zuzüglich steuerfreier Auslöse und Fahrgelderstattung vereinbart gewesen. Dies entspreche einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 4.088,30 DM. Er habe lediglich vom 1.2. bis 21.2.2000 gearbeitet und sei danach bis zum 5.6.2000 arbeitsunfähig krank gewesen. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Lohnfortzahlung für sechs Wochen ergebe sich für die Monate Februar und März 2000 ein Bruttoarbeitslohn von insgesamt lediglich 8.162,81 DM.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2000 für den Zeitraum 1.2.2000 bis 5.6.2000 so zu berichtigen, dass sich ein Bruttoarbeitslohn von 8.962,81 DM, gesetzlichen Abzüge gemäß Steuerklasse 1, Kirchensteuerabzug römisch-katholische Kirche, entsprechende Sozialversicherungsbeiträge sowie eine steuerfreie Auslöse in Höhe von 900,– DM ergeben.

Der Berichterstatter hat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine Verweisung an ein Arbeitsgericht in Betracht kommt. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, dass er eine zunächst beim Arbeitsgericht C. erhobene Klage im Hinblick auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11.Juni 2003 5 AZB 1/03, NJW 2003, 2629 zurückgenommen habe.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) wird die Unzulässigkeit des Finanzrechtswegs festgestellt und der Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht C. verwiesen.

Für die vorliegende Klage ist nicht der Finanzrechtsweg gemäß § 33 FGO, sondern nach § 13 GVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

Durch § 33 FGO ist der Finanzgerichtsbarkeit der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte gerichtliche Schutz des Einzelnen gegen Eingriffe der (deutschen) öffentlichen Gewalt für den Bereich der Abgabenangelegenheiten (mit Ausnahme der Straf- und Bußgeldverfahren) zugewiesen. Der Begriff der Abgabenangelegenheiten in § 33 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO umfasst „eindeutig” die Verwaltungstätigkeit jedenfalls der Finanzbehörden des Bundes und der Länder gegenüber gewaltunterworfenen Bürgern (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Februar 1990 VIII R 188/85, BStBl II 1990, 582). Solche Abgabenangelegenheiten sind nur die mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten im Spannungsfeld der Eingriffsverwaltung zwischen Bürger und Staat. An dem im Finanzrechtsweg zu entscheidenden Streit muss eine Finanzbehörde beteiligt sein (vgl. z.B. Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – AO –/FGO, § 33 FGO, Rdnr. 156).

Rechtsstreitigkeiten, die das bürgerlich-rechtliche Verhältnis zwischen Rechtspersonen des Privatrechts betreffen und in denen es um bloße Reflexwirkungen von Abgabenvorschriften in den Bereich des Privatrechts geht, gehören vor die ordentlichen Gerichte, soweit nicht besondere Gerichtsbarkeiten (z.B. Arbeitsgerichte) eingerichtet sind (vgl. dazu Gräber/Koch, FGO, 5. Aufl., § 33 Rdnr. 1).

Entscheidend dafür, welche Gerichtsbarkeit zuständig ist, ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgebend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen etwa des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (so auch Beschluss des BAG in NJW 2003, 2629 m.w.N.). Wenn an dem Rechtsstreit ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt sind, scheidet eine Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht grundsätzlich aus (vgl. Birkenfeld, a.a.O., § 33 Rdnr. 162 m.w.N.).

Nach der einhelligen Auffassung der finanzgerichtlichen Rechtsprech...

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