Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalbeteiligungen nach § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Als "Veräußerung" einer wesentlichen Beteiligung im Privatvermögen gilt auch die Einbringung der Anteile in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile.
2) Die schrittweise Herabsetzung der Beteiligungsgrenzen in § 17 EStG hält sich im Rahmen einer zulässigen unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung.
3) Der Senat hält es für nicht ernstlich zweifelhaft, den Gewinn aus der Einbringung von Kapitalbeteiligungen i.S. des § 17 EStG nach § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zu ermitteln. Insoweit findet das Tauschgutachten des BFH keine Anwendung mehr.
4) Die Bewertung des Veräußerungspreises bemisst sich nicht nach dem Nennwert der erhaltenen Beteiligung, sondern nach deren gemeinem Wert.
Normenkette
UmwStG a.F. § 13 Abs. 2; BewG § 9; FGO § 69; EStG § 17 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes, ob die Einbringung eines Aktienpakts in eine Kapitalgesellschaft dem Grunde nach zu einer Besteuerung nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in der im Streitjahr 2003 geltenden Fassung führt und – bejahendenfalls – wie sich die Einkünfte hieraus ermitteln.
Die Antragsteller (Ast.) sind Eheleute und werden für das Jahr 2003 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt.
Der Ast. erwarb im Jahr 1994 und in der Folgezeit sukzessiv Geschäftsanteile an der S GmbH (S GmbH) i.H.v. insgesamt 18,63 v.H. des Stammkapitals. Die Beteiligung hielt er im Privatvermögen.
Mit Vertrag vom 3.7.2001 wurde die S GmbH auf die Y AG (Y AG) zu Buchwerten verschmolzen. Der Ast. bezog XXX Aktien an der Y AG, die er ebenfalls im Privatvermögen hielt. Die Beteiligungsquote des Ast. am Nennkapital betrug 6,65 v.H.
Mit notariellem Vertrag vom 15.7.2002 (UR-Nummer 190/2002 des Notars N1, N) gründete der Ast. die X GmbH (X GmbH) mit einem Stammkapital von EUR XXX. Alleiniger Gesellschafter ist der Ast. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 13.12.2002 (UR-Nummer 330/2002 des Notars N1) wurde das Stammkapital der X GmbH um EUR XXX auf nunmehr EUR XXX erhöht, und zwar durch Sacheinlage des gesamten dem Ast. gehörenden Aktienpakts an der Y AG. Der wirtschaftliche Übergang erfolgte nach Angaben der Ast. mit Wirkung zum 1.1.2003.
Die X GmbH aktivierte das eingebrachte Aktienpaket zum 31.12.2003 mit den historischen Anschaffungskosten von EUR XXX. Auf der Passivseite wurde der über die Kapitalerhöhung von EUR XXX hinausgehende Betrag in die Kapitalrücklage eingestellt.
Ertragsteuerliche Folgen aus der Einbringung der Aktien wurden für das Streitjahr 2003 zunächst nicht gezogen.
Anlässlich einer für die Jahre 2002 bis 2005 beim Ast. durchgeführten Betriebsprüfung (Bp) gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Einbringung der Aktien an der Y AG in die X GmbH zu steuerpflichtigen Einkünften i.S. des § 17 Abs. 1 EStG i.H.v. EUR XXX führen würden. Die Einbringung sei als Veräußerungsvorgang zu werten und der Ast. zu mindestens 1 v.H. an der Y AG beteiligt gewesen. Die Besteuerungsgrundlagen ermittelte die Bp wie folgt:
Veräußerungspreis (EUR XXX Kurswert × XXX) |
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EUR XXX |
./. Anschaffungskosten |
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EUR XXX |
= Veräußerungsgewinn |
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EUR XXX |
Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG) |
= |
EUR XXX |
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 27.6.2007 (Tz. 2.6 sowie Anlagen Nr. 1a bis 4) verwiesen.
Noch vor Erlass des Auswertungsbescheids für 2003 anerkannte die Bp vom Ast. gezahlte, im Zusammenhang mit der Verschmelzung stehende Beratungskosten i.H.v. umgerechnet EUR XXX als zusätzliche Anschaffungskosten der Beteiligung an. Unter Berücksichtigung dieser Kosten errechnete die Bp nunmehr Anschaffungskosten i.H.v. EUR XXX und damit einen – zur Hälfte steuerpflichtigen – Veräußerungsgewinn i.H.v. EUR XXX.
Die Ast. erhoben sowohl zum Grunde als auch zur Höhe der Steuerbarkeit der Einbringung Einwendungen, die von der Bp und auch nachfolgend vom Antragsgegner (Ag.) in dem am 23.5.2008 für das Jahr 2003 entsprechende geänderten ESt-Bescheid unberücksichtigt blieben. Wegen der Einzelheiten wird auf den geänderten Bescheid nebst Anlage vom 23.5.2008 verwiesen.
Über den Einspruch vom 28.5.2008 ist noch nicht entschieden. Die zugleich beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte der Ag. am 9.6.2008 unter Hinweis auf die im Bp-Verfahren vertretene Rechtsauffassung ab.
Mit der beim Finanzgericht beantragen AdV tragen die Ast. vor:
Zum einen sei im Streitfall die Anwendung des § 17 EStG verfassungsrechtlich zweifelhaft. Es sei bislang nicht abschließend geklärt, ob die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze von 10 v.H. auf 1 v.H. verfassungsgemäß sei. Verfassungsbeschwerden hierzu seien anhängig.
Zum anderen sei die Einbringung des Aktienpakts in die X GmbH nach Maßgabe des sog. Tauschgutachtens (Hinweis auf das BFH-Gutachten vom 16. Dezember 1998 I D 1/57 S, BStBl III 1959, 30) steuerneutral möglich gewesen. Eine Sperrwirkung aus § 6 ...