Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieb einer Photovoltaikanlage als und Ausschluss der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Ausschluss der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in den Fällen, in denen der Grundbesitz teilweise dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient, greift ein, wenn der Grundbesitz des Steuerpflichtigen teilweise der Tätigkeit einer Gesellschaft dient, an der auch Gesellschafter des Steuerpflichtigen beteiligt sind und diese Gesellschaft mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.

2. Der fortlaufende Betrieb einer Photovoltaikanlage stellt eine selbständige nachhaltige Betätigung iSv § 15 Abs. 2 EStG dar, da es nicht nur auf die einmalige Errichtung der Photovoltaikanlage ankommt, sondern darauf, dass über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren die Anlage zur Stromerzeugung genutzt und der Strom an den Netzbetreiber veräußert wird, und es sich dabei um eine Dauertätigkeit handelt, die zu einer ständigen Erwerbsquelle führt.

3. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt vor, wenn die Erzeugung und Zurverfügungstellung von Strom mittels einer Photovoltaikanlage dem (einen) Netzbetreiber als Marktteilnehmer gegen Entgelt angeboten wird. Mit einer derartigen Betätigung wird der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 9 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide 2019 und 2020.

Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, ob die Antragstellerin in den Jahren 2019 und 2020 (Streitjahre) Anspruch auf die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) hat.

Die Antragstellerin ist eine Grundstücksgesellschaft. Gesellschafter der Antragstellerin waren im Streitzeitraum 2019 bis 2021 die folgenden Personen: Herr B., Frau R., Frau T., Herr N. und Herr X..

Über das in ihrem Eigentum stehende Grundvermögen hat die Antragstellerin langfristige Mietverträge abgeschlossen.

Die Gesellschafter Herr B. und Herr N. waren im Streitzeitraum zudem – gemeinsam mit Herrn V. – Gesellschafter der W. GbR […].

Am 03.12.2012 schloss die Antragstellerin mit der W. GbR einen Vertrag, nach dem die W. GbR auf den der Antragstellerin gehörenden Gebäudeflächen G01, M., eine Photovoltaikanlage mit einer Leistungsfähigkeit von 160 kWp installieren und betreiben sowie die hierzu erforderlichen Arbeiten ausführen darf.

Die W. GbR installierte sodann im Jahr 2011 die entsprechende Photovoltaikanlage mit einer maximalen Leistung von 160,55 kWp und schloss mit der Stadtwerke M. Netz GmbH einen Vertrag über die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dieser Vertrag vom 21.02.2012 regelte nach Ziff. 4 des Vertrages die Abnahme und Vergütung von Strom, den die W. GbR in ihrer Anlage zur Nutzung solarer Strahlungsenergie erzeugt und in das Netz des Netzbetreibers (der Stadtwerke M. Netz GmbH) einspeist. Nach Ziff. 5.1 des Vertrages ist die W. GbR berechtigt, die gesamte elektrische Energie, die in ihrer Photovoltaikanlage erzeugt wird, in das Netz des Netzbetreibers einzuspeisen. Nach Ziff. 8.1 des Vertrages vergütet der Netzbetreiber dem Einspeiser für die von ihm an der Übergabestelle an den Netzbetreiber gelieferte Energie das gemäß dem EEG in der jeweils gültigen Fassung für diese Energiequelle zu zahlende Mindestentgelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages (Bl. 10 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Der Antragsgegner erließ für die Jahre 2019 bis 2021 zunächst jeweils erklärungsgemäße, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Gewerbesteuermessbescheide. Dabei kam die von der Antragstellerin beantragte erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zur Anwendung.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung L. (im Folgenden: GKBP L.) führte bei der Antragstellerin eine die Jahre 2019 bis 2021 betreffende Betriebsprüfung durch, an der auch ein Gemeindeprüfer der Stadt M. teilnahm. Dabei kam der Prüfer der GKBP L. in seinem Bericht über die Betriebsprüfung vom 15.08.2023 zu der Auffassung, dass der Antragstellerin die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu versagen sei, da der Grundbesitz zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diene (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG). Die W. GbR, an der anteilig die beiden Gesellschafter der Antragstellerin B. und N. beteiligt seien, betreibe mit der Photovoltaikanlage einen Gewerbebetrieb.

Der Antragsgegner erließ auf dieser Grundlage geänderte Gewerbesteuermessbescheide betreffend die Jahre 2019, 2020 und 2021, jeweils vom 31.10.2023. Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit Einsprüchen vom 24.11.2023 und beantragte zudem die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 28.02.2024 ab.

Die Antragstellerin hat dara...

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