rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für Besitzunternehmen im Rahmen einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung. Übertragung der BFH-Rspr. zur sachlichen Verflechtung hinsichtlich einer Betriebsaufspaltung bei Filialunternehmen auch auf Unternehmen mit mehreren verschiedenen Geschäftsbereichen. zum Betrieb einer PV-Anlage überlassene Dachflächen als wesentliche Betriebsgrundlagen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anwendung der erweiterten Kürzungsmöglichkeit für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG steht einer Kapitalgesellschaft mit Grundbesitz nicht zu, wenn sie als Besitzunternehmen im Rahmen einer sog. kapitalistischen Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte erzielt.
2. Im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung: Bei Filialunternehmen ist im Hinblick auf das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung jedenfalls dann von einer wesentlichen Betriebsgrundlage auszugehen, wenn das überlassene Grundstück den Betrieb eines – der Filiale vergleichbaren – eigenständigen Unternehmens gestattet. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelne Betriebstätte, z. B. angesichts ihrer Größe oder ihres Umsatzes, einen gemessen an der Zahl der Standorte nur unterproportionalen Erfolgsbeitrag leistet. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass sich diese Grundsätze auf einen Betrieb übertragen lassen, der über mehrere völlig unterschiedliche Geschäftsbereiche verfügt (im Streitfall: Betrieb eines Freizeitangebotes, Hausmeisterdienste, Stromerzeugung).
3. Eine wesentliche Betriebsgrundlage liegt nach der neueren Rechtsprechung des BFH vor, wenn das von der Betriebsgesellschaft genutzte Grundstück für diese wirtschaftlich von nicht nur geringer Bedeutung ist (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 23.5.2000, VIII R 11/99, BStBl 2000 II S. 621). Betreibt die 100%ige Tochter-GmbH u. a. den Geschäftsbereich „Stromerzeugung” und darf die Tochtergesellschaft hierzu auf von der Muttergesellschaft angepachteten Dachflächen PV-Anlagen montieren und betreiben, so ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Hinblick auf eine Betriebsaufspaltung die verpachteten Dachflächen eine wesentliche Betriebsgrundlage für den Geschäftsbereich „Stromeinspeisung” darstellen. Hierfür genügt es, dass die Tochtergesellschaft für diesen Geschäftsbereich eine Dachfläche zur Aufstellung der PV-Anlagen benötigte und die angemieteten Flächen hierfür geeignet waren. Der Geschäftsbereich „Stromerzeugung” mit jährlichen Einnahmen zwischen 25.000,00 EUR und 30.000,00 EUR ist angesichts von jährlichen Einnahmen aus dem weiteren Geschäftsbereich „Freizeitangebote” zwischen 266.000 EUR und 348.000 EUR auch nicht von lediglich geringer Bedeutung für den Betrieb der Tochtergesellschaft.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 1-2; EStG § 15 Abs. 2, 1 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten sich über die Frage, ob bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages für die Streitjahre die erweitere Kürzungsmöglichkeit nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zur Anwendung kommt oder ob die Kürzungsmöglichkeit auf Grund einer nach Auffassung des Antragsgegners nach wie vor gegebenen Betriebsaufspaltung ausgeschlossen ist.
Die Antragstellerin ist eine Wohnungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Ausweislich der Eintragungen im Handelsregister ist Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin die sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung. Die Gesellschaft errichtet, bewirtschaftet und verwaltet Bauten in allen Rechts- und Nutzungsformen, darunter Eigenheime und Eigentumswohnungen.
In den Streitjahren war die Antragstellerin zudem die alleinige Gesellschafterin der D Geschäftsgegenstand der D war in den Streitjahren der Betrieb eines Campingplatzes nebst Freizeitangebot sowie die Durchführung von Winterdienst, Grünpflege, Hausreinigung und kleinere Reparaturarbeiten am Standort Z. Die D hatte zu diesem Zweck von der Antragstellerin eine Lagerhalle mit Sozialräumen und Freifläche (Y, Z) angemietet, welche als Handwerkerstützpunkt für die regional ausgeführten Hausmeistertätigkeiten diente.
Am 20. Oktober 2011 schloss die Antragstellerin mit der D zudem zwei „Gestattungsverträge für die Installation einer Photovoltaikanlage” auf den Gebäuden der im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücke X sowie W in Z. Die Verträge beinhalteten jeweils die Pacht der Gebäudeflächen über einen Mindestzeitraum von 20 Jahren, die Gestattung der Installation und den Betrieb der Anlagen und die Einspeisung des erzeugten Stroms in das öffentliche Netz. Die Pacht wurde mit 8 v.H. der jährlichen Einspeisevergütung festgelegt. Ebenfalls am 20. Oktober schloss die Antragstellerin mit der D einen Kreditvertrag über einen Betrag von 120.000,00 EUR für die Finanzierung des Baus der zwei Photovoltaikanlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die sich in den Akten befin...