OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 9.9.2013, G 1425 - 2013/0015
Betrieb einer Photovoltaikanlage durch eine Tochterkapitalgesellschaft
Wohnungsunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können auf Antrag die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen. Die Begünstigung ist auch dann zu gewähren, wenn diese Unternehmen neben den in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG aufgeführten zulässigen Nebentätigkeiten noch anderen gewerblichen Tätigkeiten nachgehen, die der Grundstücksverwaltung zuzurechnen und deshalb für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung unschädlich sind. Derartige unschädliche Nebengeschäfte liegen nur vor, wenn sie der Grundstücksnutzung und -verwaltung im eigentlichen Sinne dienen und als „zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden” können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17.10.2002, BStBl 2003 II S. 355). Hierzu zählt insbesondere der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für die Mieter bzw. im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen und Ähnlichem (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2005, BStBl 2005 II S. 778).
Eine für die erweiterte Kürzung schädliche Tätigkeit ist jedoch dann anzunehmen, wenn das Wohnungsunternehmen auf den Dächern seiner Gebäude Photovoltaikanlagen installiert und den auf diese Weise produzierten Strom gegen eine Vergütung in das allgemeine Stromnetz einspeist (vgl. Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.12.2011, EFG 2012 S. 959, rkr.).
Da die Stromerzeugung und Einspeisung in das Stromnetz eine von der Grundstücksverwaltung unabhängige gewerbliche Tätigkeit darstellt, gehen Wohnungsunternehmen dazu über, Tochterkapitalgesellschaften zu gründen, die auf den von den Wohnungsunternehmen angepachteten Dachflächen Photovoltaikanlagen betreiben.
Nach den Erörterungen auf Bundesebene schließt die Gründung einer Tochterkapitalgesellschaft, die auf den Dachflächen der Wohnungsgesellschaft eine Photovoltaikanlage betreibt, für sich genommen grundsätzlich die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG noch nicht aus, wenn das Unternehmen dem Grunde nach nur vermögensverwaltend tätig ist oder zusätzlich nur die in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG aufgeführten gewerblichen Tätigkeiten ausübt. Übt das Wohnungsunternehmen daneben auch eine andere gewerbliche Tätigkeit aus, entfällt die erweiterte Kürzung.
Eine solche schädliche, andere gewerbliche Tätigkeit liegt auch vor, wenn das Wohnungsunternehmen Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ist. Die Betriebsaufspaltung erfordert die personelle und sachliche Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen (vgl. H 15.7 Abs. 4 EStH 2012).
Eine personelle Verflechtung ist gegeben, wenn eine oder mehrere Personen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Sind sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen eine Körperschaft, so liegt die personelle Verflechtung nur dann vor, wenn nicht die hinter dem Besitzunternehmen stehenden Gesellschafter, sondern das Besitzunternehmen selbst beherrschend an dem Betriebsunternehmen beteiligt ist und diese Anteile am Betriebsunternehmen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens sind (vgl. BFH-Urteil vom 1.8.1979, BStBl 1980 II S. 77). In diesem Fall der kapitalistischen Betriebsaufspaltung wird die Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen unabhängig von § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG 2002 durch das Halten von Beteiligungen an (anderen) Kapitalgesellschaften über das übliche Maß der Vermögensverwaltung hinaus tätig, da sie durch persönliche und sachliche Verflechtung mit der Betriebsgesellschaft an der originär gewerblichen Tätigkeit jener Gesellschaft teilnimmt, so dass sie insoweit den Tatbestand originär gewerblicher Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG 2002 erfüllt (vgl. Beschluss des BFH vom 24.1.2012, BFH/NV 2012 S. 1176).
Eine sachliche Verflechtung erfordert, dass eine wesentliche Betriebsgrundlage an ein gewerblich tätiges Betriebsunternehmen überlassen wird. Errichtet und betreibt ein Steuerpflichtiger eine Photovoltaikanlage, so begründet er dadurch ein gewerblich tätiges Unternehmen. Werden Dachflächen überlassen, auf denen ein Unternehmen seine Photovoltaikanlage errichtet und betreibt, liegt hierin die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen. Insoweit sind die Grundsätze unter 1. c) aa) der Gründe des BFH-Urteils vom 23.1.1991 (BStBl 1991 II S. 405) entsprechend anwendbar. Damit erfüllt die Überlassung von Dachflächen eines Wohnungsunternehmens an seine Tochtergesellschaft, auf der diese eine Photovoltaikanlage errichtet und betreibt, den Tatbestand der sachlichen Verflechtung.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2