Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine entsprechende Anwendung der Steuerbefreiung für den Grundstückserwerb im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung bei eingetragenen Lebenspartnerschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG für geschiedene Ehegatten nicht auch auf eingetragene Lebenspartner anwendbar ist. Entsprechende Gesetzesänderungen sind bis 2009 nicht erfolgt.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3; GrEStG § 3 Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die ernstliche Zweifelhaftigkeit der Nichtanwendung von § 3 Nr. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) auf Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils zwischen den Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Die Antragstellerin (Astin.) war mit Frau J am 11.05.2004 vor dem Standesbeamten in K die Lebenspartnerschaft eingegangen. Mit Urteil des Amtsgerichts I vom 20.11.2007 Az.: … F …/07 ist die Lebenspartnerschaft aufgehoben worden. Mit notarieller Urkunde vom 06.07.2009 (UR-Nr. …/09 Notar Dr. M in I) übertrug Frau J ihren hälftigen Anteil der im Grundbuch von I des Amtsgerichts I Blatt … eingetragene Eigentumswohnung, Gemarkung I, Flur …, Flurstück … verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im 6. Obergeschoss Haus …, Nr. … im Aufteilungsplan, auf die Astin. Diese übernahm als Gegenleistung sämtliche im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte der Sparkasse I. Wegen des Wortlauts wird auf den notariellen Vertrag vom 06.07.2009 Bezug genommen.

Der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) setzte mit Bescheid vom 22.10.2009 Grunderwerbsteuer (GrESt) in Höhe von 827 EUR ausgehend von einem Wert der steuerlichen Gegenleistung in Höhe von 23.648 EUR entsprechend dem anteiligen Wert der übernommenen Hypothek fest.

Mit dem dagegen eingelegten Einspruch vom 20.11.2009 machte die Astin. geltend, die Nichtanwendung von § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) und berief sich hierzu auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2009, 1 BvR 1164/07 (Der Betrieb – DB – 2009, 2441).

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des GrESt-Bescheides vom 22.10.2009 wurde vom FA am 25.11.2009 abgelehnt.

Mit dem Antrag auf AdV beim Finanzgericht (FG) gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) macht die Astin. wie im Einspruchsverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist, geltend, die Übertragung mit dem notariellen Vertrag vom 06.07.2009 sei im Wege der Auseinandersetzung der Lebenspartnerschaft erfolgt. Die Nichtanwendung von § 3 Nr. 5 GrESt sei deshalb verfassungswidrig. Im ursprünglichen Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vom 16.02.2001, das am 01.08.2001 in Kraft getreten ist (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG –), seien Lebenspartnerschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern rechtlich anerkannt. Sowohl in dem ursprünglichen Gesetzentwurf als auch im Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 01.01.2005 seien die im ersten Gesetzentwurf enthaltenen und dann dem Entwurf eines Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetzes zugewiesenen Regelungen, insbesondere die darin vorgesehenen Änderungen des § 3 Nr. 3 bis 7 GrEStG nicht verwirklicht worden. Nach der Entscheidung des BVerfG in DB 2009, 2441 verbiete sich auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten werde. Die Anforderungen seien nach dieser Entscheidung bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen umso strenger, je größer die Gefahr sei, dass eine Anknüpfung an Persönlichkeitsmerkmale, die mit denen des Art. 3 Abs. 3 GG vergleichbar sind, zur Diskriminierung einer Minderheit führte, wie dies bei der sexuellen Orientierung der Fall sei. Insoweit sei der Begünstigungsausschluss von Lebenspartnerschaften im Gegensatz zur Ehe in § 3 Nr. 3 bis 7 GrEStG verfassungswidrig.

Nachdem die Astin. zur Erlangung der Unbedenklichkeitsbescheinigung die festgesetzte GrESt beglichen hat, beantragt sie,

die Vollziehung des GrESt-Bescheides vom 22.10.2009 aufzuheben.

Das FA beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Es führt aus, die Befreiungsvorschrift von § 3 Nr. 5 GrEStG sei mangels wirksamer Eheschließung nicht anwendbar. Der Begriff „Ehegatte” könne nur im Sinne eines Partners einer Ehe des bürgerlichen Rechts verstanden werden. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft seien daher nicht begünstigt. Daran ändere auch das LPartG nichts. Ferner beruft sich das FA auf das Urteil des BVerfG vom 17.07.2002, 1 BvF 1, 2/01 (Entscheidungen des BVerfG – BVerfGE – 105, 313). Dort habe dieses entschieden, der Gesetzgeber könne den eingetragenen Lebenspartnern dieselben Vergünstigungen einräumen wie Ehegatten, müsse dies aber nicht tun. Im Übrigen gehe das BVerfG in diesem Beschluss hinsichtlich der steuerlichen Folgen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ausdrücklich von einer getrennten ...

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