Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss bei Austausch des Zahlungsgrundes
Leitsatz (redaktionell)
Der "Austausch" des sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgrundes für eine Zahlung (Erwerbsminderungsrente statt Krankengeld bzw. Übergangsgeld) hat keinen Einfluss auf den Zuflusszeitpunkt im Sinne des § 11 EStG.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3; SGB X §§ 103, 107 Abs. 1; EStG § 11
Tatbestand
Die Kläger (Kl.) sind zusammen zur Einkommensteuer 2011 veranlagte Ehegatten. Für 2011 wurden sie mit Bescheid vom 22.02.2012 zunächst bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt, die auf 1.017,00 € festgesetzt wurde. Hierbei fanden auch Krankengeld und Übergangsgeld Berücksichtigung.
Dem Kl. wurde aufgrund eines Erstbescheides der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (DRV) vom 18.09.2012 über die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.03.2011 eine monatliche Rente von 733,70 € zuerkannt. Die sich für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 31.10.2012 ergebende Nachzahlung i.H.v. 13.034,35 € wurde vorläufig nicht ausgezahlt. Auf den Rentenbescheid vom 18.09.2012 wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 7 und 8). Mit Bescheid der DRV vom 18.10.2012 wurde dem Kl. mitgeteilt, dass nur ein Betrag von 1.065,37 € an ihn ausgezahlt werde, im Übrigen werde zur Erfüllung erhobener Erstattungsansprüche ein Betrag i.H.v. 4.641,95 € an die Agentur für Arbeit J und ein Betrag i.H.v. 7.328,13 € an die Krankenkasse X abgeführt. Auf den Rentenbescheid vom 18.10.2012 wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 9-11).
Der Beklagte (Bekl.) erließ am 17.02.2014 einen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 2011, mit dem er die ihm vorliegenden elektronischen Mitteilungen zu Renteneinkünften und Lohnersatzleistungen des Ehemannes für das Jahr 2011 auswertete (Leibrentenbezug DRV ab 01.03.2011 i.H.v. 7.382,52 € mit Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 605,30 € und 143,95 €, Übergangsgelder (Lohnersatzleistung) i.H.v. 552,42 €, 1.038,40 € und 6.881,65 €, Krankengeld X (Lohnersatzleistung) i.H.v. 789,60 € und 8.487,18 €). Der Bekl. setzte die Einkommensteuer 2011 auf 2.550,00 € fest. Im Vergleich zur ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzung wurden sonstige Einkünfte aus der Leibrente i.H.v. 7.382,00 € erstmalig berücksichtigt und die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben um die wegen Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente zusätzlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 605,30 € und 143,95 €, d.h. um 750,00 € erhöht. Hieraus folgend änderte sich die Höhe der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und in die Berechnung des Steuersatzes wurden nicht mehr nur 13.847,00 €, sondern 25.961,00 € einbezogen (Progressionsvorbehalt nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf den Ehemann entfallend: 16.943,00 € anstatt zuvor 7.681,00 €).
Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch beanstandeten die Kl. die vorgenommenen Änderungen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 22.04.2014 setzte der Bekl. die Einkommensteuer 2011 unter Änderung des Bescheides vom 17.02.2014 auf 1.903 € fest. Er, der Bekl., habe den Zufluss der Rentenzahlungen im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG zu Recht erfasst. Die Leibrente bestehe laut elektronischer Rentenbezugsmitteilungen bereits seit 2011. Über den Rückfluss von Lohnersatzleistungen würden ihm keine elektronischen Bescheinigungen vorliegen. Der Rückfluss von Lohnersatzleistungen könne vom Finanzamt nur im Wege des negativen Progressionsvorbehalts nach § 32 b EStG berücksichtigt werden, wenn eine entsprechende Bescheinigung der DRV oder der Agentur für Arbeit übermittelt werde. Entsprechend des auszugsweise vorgelegten Rentenbescheides vom 18.09.2012 und des Schreibens der DRV vom 18.10.2012 sei davon auszugehen, dass für 2011 zurückgeflossene, mit der Rente verrechnete Lohnersatzleistungen i.H.v. 10.242 € zu berücksichtigen seien. Deshalb bezog der Bekl. bei der Neuberechnung der Einkommensteuer 2011 in die Berechnung des Steuersatzes nicht mehr 25.961,00 €, sondern nunmehr 15.719 € ein (Progressionsvorbehalt nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf den Ehemann entfallend: 6.701,00 € anstatt zuvor 16.943,00 €).
Hierauf haben die Kl. Klage erhoben, zu deren Begründung sie vortragen: Der komplette Rentennachzahlungsbetrag für das Jahr 2011 sei erst in 2012 mit Lohnersatzleistungen verrechnet worden, so dass ihm, dem Kl., Rentenzahlungen in 2011 nicht zugeflossen seien und die nachgezahlte Rente auch nicht für das Jahr 2011 zu versteuern sei. Rentenzahlungen seien erst im Jahr des Zuflusses steuerlich zu berücksichtigen und würden nicht auf den Zeitraum entfallen, für den sie bestimmt seien (BFH-Urteil vom 12.07.2009 III R 74/07, BStBl II 2010, 552). Bezüge seien im Zeitpunkt des Zuflusses zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 16.04.2002 VIII R 76/01, BStBl II 2002, 525).
Die Kl. beantragen,
den Einkommensteueränderungsbescheid 2011 vom 17.02.2014 und die Einspruchsentscheidung vom 22.04.2014 aufzuheben.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Erwerbsminderungsrente se...