Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangszeit bei verspätetem Wehrdienstbeginn
Leitsatz (redaktionell)
Ein Zeitraum von fünf bis sechs Monaten zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn des Grundwehrdienstes kann nicht als Übergangszeit i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG angesehen werden.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b, Abs. 4
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 28.03.2012; Aktenzeichen VI R 66/11) |
Tatbestand
Streitig ist, ob der Zeitraum von fünf bis sechs Monaten zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn des Grundwehrdienstes als Übergangszeit im Sinne des § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b Einkommensteuergesetz zu werten ist.
Der Sohn des Klägers, T geb. am 04.02.1990, besuchte bis zum 01.07. das Werner-von-Siemens-Gymnasium in G. Er verließ das Gymnasium in der 12. Klasse. Mit Schreiben vom 31.07.2009 (Blatt 39 der Verwaltungsvorgänge) willigte T mit einer Einziehung zum 01.10.2009 zum Grundwehrdienst ein. Tatsächlich wurde er dann laut Mitteilung des Kreiswehrersatzamtes M vom 01.10.2009 zum 01.01.2010 einberufen (vgl. Blatt 38 der Verwaltungsvorgänge). In der Zwischenzeit übte er eine Tätigkeit als Helfer in einem Gartenbaubetrieb der Firma W + G Galabau aus (vgl. Blatt 23 der Verwaltungsvorgänge).
Die Beklagte zahlte dem Kläger während des gesamten Jahres bis Dezember 2009 Kindergeld in Höhe von 164 EUR monatlich. Ihr war der Umstand, dass T die Schulausbildung abgebrochen hatte, nicht bekannt gewesen.
Mit Schreiben vom 01.01.2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass sein Sohn T vom 01.01. bis 30.09.2010 den Grundwehrdienst ableiste. Die Beklagte forderte daraufhin beim Kläger einen Nachweis über den Abbruch der Schulausbildung und eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen für 2009 an. Mit Schreiben vom 01.02.2010 teilte der Kläger mit, dass T vorübergehend nicht wehrdienstfähig sei und bat um Weiterzahlung des Kindergeldes ab Februar 2010. Mit Telefax vom 23.03.2010 beschwerte sich der Kläger bei der Beklagten über deren Untätigkeit. Die Beklagte ermittelte daraufhin, dass T die Schule nur bis zum 01.07.2009 besucht hatte und sich am 12.02.2010 bei der Berufsberatung G um einen Ausbildungsplatz als Gärtner im Garten- und Landschaftsbau bemüht hat. Mit Schreiben vom 24.03.2010 forderte die Beklagte beim Kläger u. a. eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen 2009 und einen Nachweis über eigene Bemühungen von T um einen Ausbildungsplatz für den Zeitraum von August 2009 bis Dezember 2009 an. Der Kläger reichte daraufhin eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen von T für 2009 sowie eine Absage der Firma P vom 28.04.2009 für die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz ein.
Mit Schreiben vom 01.04.2010 wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger möglicherweise für den Zeitraum von August 2009 bis Dezember 2009 Kindergeld in Höhe von 820,00 EUR (= 5 Monate a 164 EUR) zu Unrecht erhalten habe und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger wies mit Schreiben vom 09.04.2010 darauf hin, dass sich T am 31.07.2009 beim Kreiswehrersatzamt in M zwecks sofortiger Einziehung zum Grundwehrdienst gemeldet habe. Am 01.10.2009 habe T die Einberufung zum Grundwehrdienst erhalten. Als Bestätigung legte er eine Kopie eines Schreibens des Kreiswehrersatzamtes M vom 01.10.2009 bei, wonach T zum 01.01.2010 zum Grundwehrdienst einberufen wurde. Ferner legte er die Einwilligungserklärung von T vom 31.07.2009 in Kopie bei.
Mit Bescheid vom 15.04.2010 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für T ab August 2009 auf und forderte für den Zeitraum von August 2009 bis Dezember 2009 einen überzahlten Betrag in Höhe von 820,00 EUR zurück. Sie verwies darauf, dass der Sohn für die Zeit nicht als Kind zu berücksichtigen sei.
Hiergegen hat der Kläger Einspruch eingelegt und im Einspruchsverfahren einen Bevollmächtigten beauftragt. Eine Begründung wurde nicht abgegeben. Die Beklagte hat mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.2010 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ein Berechtigungstatbestand für die Leistung von Kindergeld nicht nachgewiesen worden sei.
Der Kläger hat hiergegen am 19.10.2010 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass T sich umgehend nach Beendigung seiner Schulausbildung um die Einziehung zum Grundwehrdienst bemüht habe. Darauf, dass die Einberufung erst zum 01.01.2010 erfolgt sei, habe er keinen Einfluss gehabt. Der Zeitraum zwischen Schulbeendigung und Einberufung sei als Übergangszeitraum für die Zahlung von Kindergeld zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe der Sohn des Klägers in der Zeit zwischen Schulausbildung und Einberufung nach aller Lebenserfahrung keinerlei Möglichkeit, eine Ausbildungsstelle aufzunehmen, da der potenzielle Ausbilder vor dem Hintergrund einer möglichen Einberufung keinen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen werde. Hiernach habe der Sohn des Klägers alles getan, um den Zeitraum zwischen Beendigung der Schulzeit und Aufnahme des Wehrdienstes möglichst kurz zu halten.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforder...