Leitsatz
Ein Zeitraum von 5 bis 6 Monaten zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn des Grundwehrdienstes kann nicht als Übergangszeit i.S.des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG angesehen werden.
Sachverhalt
Der im Jahr 1990 geborene Sohn des Klägers beendete am 1.7.2009 die Schulausbildung und erhielt danach eine Einberufung zum Grundwehrdienst zum 1.10.2009. Tatsächlich eingezogen wurde der Sohn jedoch erst zum 1.1.2010. Mit Bescheid v. 15.4.2010 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn ab August 2009 auf und forderte für den Zeitraum August - Dezember 2009 das Kindergeld zurück, weil der Sohn für diese Zeit wegen einer mehr als 4 Monate dauernden Übergangszeit nicht als Kind zu berücksichtigen sei. Im Klageverfahren machte der Kläger geltend, dass der Sohn an dem Überschreiten der 4-Monatsfrist kein Verschulden treffe, und Kindergeld daher zu gewähren sei.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist der Zeitraum von August 2009 bis Dezember 2009 nicht als Übergangszeit i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG zu werten, da nach dieser Vorschrift der Übergangszeitraum ausdrücklich auf höchstens 4 Monate beschränkt ist. Das FG sieht auch keinen Ansatzpunkt für eine Auslegung der Vorschrift über den eindeutigen Wortlaut hinaus, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums des Kindergelds führt. Der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 b EStG stellt nicht auf ein Verschulden ab. Entscheidend für den Anspruch auf Kindergeld ist nur, ob die Übergangszeit vor Ableistung des Wehrdienstes mehr als 4 Monate betragen hat.
Hinweis
Die vom FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. III R 42/11 geführt. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch gegen die Aufhebung der Kindergeldfest-setzung eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt sowie darauf verwiesen werden, dass wegen der gleichen Rechtsfrage noch die Verfahren III R 5/07, III R 41/07, III R 61/07, III R 25/09 und III R 68/10 anhängig sind.
Das FG hat jedoch in der vorstehenden Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Kind sich bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend melden kann, und in diesem Fall die Berücksichtigung als Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres möglich ist. Wenn also abzusehen ist, dass die Übergangszeit mehr als 4 Monate betragen wird, kann durch die entsprechende Meldung bei der Agentur für Arbeit das Kindergeld bis zur Einberufung bzw. der Vollendung des 21. Lebensjahres gerettet werden.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 01.06.2011, 11 K 3869/10 Kg