rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Betriebsausgaben beim Zwei-Konten-Modell
Leitsatz (redaktionell)
1) Schuldzinsen für ein Darlehen, mit dessen Valuta ein betrieblich begründeter Sollsaldo auf einem betrieblichen Kontokorrentkonto ausgeglichen wird, das aber im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines zur Eigennutzung bestimmten Wohngrundstücks aufgenommen wird, sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Betriebseinnahmen auf einem anderen Konto angesammelt werden, von dem die Privatentnahmen einschließlich der privat veranlassten Baukosten entzogen werden.
2) Etwas anderes gilt jedoch, wenn dem Betrieb keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung stehen und die Entnahme von Barmittels erst dadurch ermöglicht wird, dass Darlehnsmittel in das Unternehmen fliessen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute. Der Kl. ist als Lehrer nichtselbständig, die Klin. als Goldschmiedemeisterin und Einzelhändlerin mit Uhren gewerblich tätig.
Die Kl. errichteten in den Jahren 1994 und 1995 auf dem Grundstück B., … (N 58) zu Baukosten von rund DM 1,2 Mio. ohne Inanspruchnahme von Fremdmitteln ein Einfamilienhaus, das sie am 01.12.1995 mit einem zu ihrem Haushalt gehörigen Kind bezogen.
Die Kl. erwarben mit Vertrag vom 13.09.1994 zu je ½ zum Kaufpreis von DM 485.000 das Eigentum an dem bebauten Grundstück B., … (N 62).
Den Kl. entstanden in den Streitjahren 1995 und 1996 Aufwendungen für das leerstehende Objekt N 62 von DM 28.073 bzw. DM 16.654, die im wesentlichen aus Schuldzinsen, AfA und Heizungskosten resultierten.
Der Beklagte (Bekl.) führte im Jahre 1998 eine Betriebsprüfung bei der Klin. durch, die sich u.a. auf die Einkommensteuer (ESt) der Streitjahre erstreckte. Die Prüferin stellte im Bericht vom 26.08.1998 (Bp-Bericht) fest, daß die Klin. im September 1994 bei der Deutschen Bank zwei Kontokorrentkonten mit den Endnummern 1200 und 1201 eröffnet hatte und ab diesem Zeitpunkt die Betriebseinnahmen ausschließlich dem Konto 1200 gutgeschrieben wurden, während die Betriebsausgaben dem Konto 1201 belastet wurden. Die Privatentnahmen einschließlich der Baukosten des Objektes N 58 seien dem Betriebseinnahmekonto entzogen worden. Der bis zum 11.06.1996 auf dem Betriebsausgabenkonto aufgebaute negative Saldo von DM 1.392.205 sei durch als betriebliche Schulden bilanzierte Bankdarlehen abgelöst worden.
Zu Beginn der Entnahmen für Baukosten (01.11.1994) habe das Eigenkapital der Klin. ca. DM 380.000 betragen. Es sei zum 30.04.1995 aufgezehrt gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei die Erhöhung der Kontokorrentschuld (Konto 1201) nicht mehr betrieblich veranlaßt. Nach dem Beschluß des Großen Senates des Bundesfinanzhofs vom 8. Dezember 1997 (GrS 1-2/95, BStBl. II 1998, 193) stehe es dem Unternehmer zwar frei, betriebliche Investitionen mit Fremdkapital zu finanzieren und gleichzeitig liquide Mittel des Unternehmens einer privaten Verwendung zuzuführen. Sobald jedoch die Entnahmen dazu führten, daß dem Betrieb Geldmittel über das vorhandene Eigenkapital hinaus entzogen würden, könne die Gestaltung über das Zwei-Konten-Modell nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht dazu führen, daß die Schulden und die damit zusammenhängenden Schuldzinsen in vollem Umfang dem Betrieb zugeordnet würden. Im Streitfall seien deshalb die Kontokorrentschuld 1201 (ab dem 01.05.1995) und die diese ersetzenden Bankdarlehen über insgesamt DM 1,2 Mio. in eine betriebliche und eine private Schuld aufzuteilen. Im Hinblick auf das zu Beginn der Entnahmen für Baukosten vorhandene Eigenkapital von ca. DM 380.000 und die Gesamtfinanzierung des Objektes N 58 von DM 1,2 Mio. sei ein Betrag von DM 820.000 (70 %) als private Schuld anzusehen. Die als Betriebsausgaben behandelten Schuldzinsen seien deshalb in Höhe von DM 27.169,55 (1995) bzw. von DM 59.072,33 (1996) zu kürzen. Der Betrag von DM 27.169,55 sei zeitanteilig mit DM 23.263,46 als Vorkosten im Sinne von § 10 e Abs. 6 EStG des Objektes N 58 abzugsfähig. Wegen der weiteren Einzelheiten der diesbezüglichen Feststellungen und Rechtsausführungen der Prüferin wird auf Tz 13 Bp-Bericht Bezug genommen.
Die Prüferin vertrat außerdem die Auffassung, die in den Streitjahren entstandenen Aufwendungen von DM 28.073 bzw. von DM 16.654 könnten mangels Einkunftserzielungsabsicht nicht als Werbungskosten (Wk) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) des Objektes N 62 berücksichtigt werden (Tz 15 Bp-Bericht).
Der Bekl. folgte dem. Er erließ die Bescheide vom 09.09.1998, mit denen er die ESt 1995 nach § 164 Abs. 2 AO geändert auf DM 70.840 und die ESt 1996 erstmalig auf DM 982 festsetzte. Er berücksichtigte dabei hinsichtlich der ESt 1995 den für das Objekt N 58 geltend gemachten Abzugsbetrag gem. § 10 e Abs. 1 S. 1 EStG von DM 19.800 sowie das Baukindergeld von DM 1.000 gem. § 34 f Abs. 2 EStG nicht, da der Gesamtbetrag der Einkünfte DM 240.000 übersteige (§ 10 e Abs. 5 a EStG).
Die Kl. legten hiergegen Einsprüche ein. Sie trugen vor, die Kürz...