Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung Klageverfahren bei Insolvenz; Einkünftezurechnung, Treuhandverhältnis; Beweisantrag
Leitsatz (redaktionell)
1) Wird das durch die Insolvenzeröffnung unterbrochene Klageverfahren vom Insolvenzverwalter wieder aufgenommen, wandelt sich eine Anfechtungsklage kraft Gesetzes in ein Insolvenzfeststellungsverfahren.
2) Zahlungen, die auf einem ausländischen Konto des Steuerpflichtigen eingehen, sind diesem als sonstige Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 22 Nr. 3 EStG zuzurechnen, wenn nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen wird, dass die Zahlungen lediglich als Treuhänder für einen Dritten vereinnahmt wurden. Die erhaltenen Zinsen sind dem Steuerpflichtigen dann nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zur Versteuerung zuzurechnen.
3) Das Finanzgericht verletzt seine Amtsermittlungspflicht nicht, wenn es einen Zeugen, dem ein weitgehendes Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 103 AO i.V.m. § 84 FGO zusteht, nicht hört.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3; AO § 103 S. 1, § 159; InsO §§ 179, 180 Abs. 2, § 185 S. 2; FGO § 76 Abs. 1 S. 1, §§ 84, 96 Abs. 1 S. 1, § 155; ZPO § 240 S. 1; EStG § 2 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Besteuerungszugriff auf ein luxemburgisches Konto in den Jahren 2001 bis 2004 und 2006.
Der Zeuge A, zugleich Steuerpflichtiger, früherer Kläger und jetziger Insolvenzschuldner, war in den Streitjahren u.a. bei der Firma B KG (nachfolgend B) als Prokurist beschäftigt. Sein dortiges Tätigkeitsfeld bezog sich auf den C-import aus D [Anmerkung hinsichtlich der Neutralisierung: bei D handelt es sich um ein außereuropäisches Land]. Lieferant des Cs war die E-Unternehmensgruppe, für deren Europageschäft der Zeuge F verantwortlich war. Abnehmerin des importierten C war u.a. die GUnternehmensgruppe, die teilweise auch selbst D C einführte und bei der der Zeuge H beschäftigt war. Bei den Importen, die an die G-Gruppe gingen, entstanden der B vielfach Verluste von mehreren Tausend Euro pro Einfuhrsendung.
Der Zeuge A unterhielt seit dem 12.1.2001 bei der I [Anmerkung hinsichtlich der Neutralisierung: bei I handelt es sich um eine Bank in Luxemburg] ein Konto mit der Bezeichnung „J”. Dieses Konto mit der Nr. 1111111 [Anmerkung hinsichtlich der Neutralisierung: die tatsächlichen Kontonummern wurden geändert], das allein auf seinen Namen lief, war verzinslich und hatte vier Unterkonten (Nr. 222 EUR, Nr. 333 USD, Nr. 444 CAD, Nr. 555 Gold). Der Zeuge A hatte dem mit ihm freundschaftlich und geschäftlich verbundenen Zeugen H seit Kontoeröffnung eine Kontovollmacht für den Fall erteilt, dass ihm etwas zustoßen sollte. Außerdem erhielt die damals bei der B beschäftigte Frau K, die der Zeuge A im Nachstreitzeitraum ehelichte, ab dem 12.1.2001 eine Kontovollmacht. Über das Konto „J” wurden ausschließlich Zahlungen der E-Unternehmensgruppe abgewickelt. Der Erläuterungstext zu den Zahlungseingängen lautete jeweils „Provision”.
Nach den Unterlagen der I-Bank eröffnete der Zeuge A das Konto „J” als Privatkonto neben seinem damals dort bereits bestehenden Konto mit der Bezeichnung „L”, um eine bessere Übersicht über Zahlungseingänge von Geschäftspartnern zu haben, aber auch aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus, weil den Auftraggebern der Zahlungen Codewörter bekannt gegeben werden mussten. Außerdem mache der Zeuge A die Geschäfte mit E, die zuvor über die Bücher der B gelaufen seien, nach Streitigkeiten mit dem Firmeninhaber der B seit einiger Zeit auf „eigene Rechnung”. Er importiere regelmäßig größere C-mengen aus D. Hierfür zahle er die festgelegten Schwellenpreise und bekomme vom Exporteur die Differenz zum ausgemachten Betrag auf das Konto „J” zurück. Für den Weitervertrieb des D in Deutschland diene der offiziell in Rechnung gestellte Schwellenpreis als Grundlage. Die zurückgezahlte Differenz sei also Reingewinn für den Zeugen A. Das Bargeld diene der Finanzierung kostspieliger Hobbies. Wegen der Einzelheiten wird auf die Know your customer-Updates der I vom 20.7.2001 und vom 4.10.2002 Bezug genommen.
Der Zeuge A wurde für das Jahr 2001 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau M zur Einkommensteuer veranlagt; in der Folgezeit wurde er getrennt veranlagt. Die Ehe wurde im Jahr 2003 geschieden.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre zunächst auf Grundlage der eingereichten Steuererklärungen fest. Dabei wurden die Einkommensteuerfestsetzungen teilweise mehrfach geändert bzw. berichtigt, zuletzt für 2001 mit Bescheid vom 14.6.2006, für 2002 mit Bescheid vom 19.5.2005, für 2003 mit Bescheid vom 1.10.2004, für 2004 mit Bescheid vom 24.2.2006 und für 2006 mit Bescheid vom 31.8.2007.
Mit Schreiben vom 12.3.2008 erklärte der Zeuge A nachträglich Provisionen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus Kapitalerträgen und beantragte u.a. die Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2001 bis 2006. Zu den Details der von ihm jeweils genannten Beträge verwies er auf Aufstellungen der I über Geldeing...