Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehraktige Berufsausbildung, zeitlicher Zusammenhang, anspruchsausschließende Berufstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1) Im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG kommt auf das angestrebte Berufsziel des Kindes an, so dass der Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung nicht bereits mit dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein muss. Vielmehr kann bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein, wenn sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (hier: Ausbildung zum Bankkaufmann mit anschließendem Bachelorstudium mit Schwerpunkt „Management & Finance”).
2) Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung als Bankkaufmann und dem Bachelorstudium an der Hochschule ist gegeben, wenn sich das Kind nach Beendigung seiner Bankausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt an der Hochschule immatrikuliert.
3) Eine einheitliche Erstausbildung entfällt zwar, wenn der erstrebte weitere Abschluss voraussetzt, dass vor Ablegung des Abschlusses eine Berufstätigkeit bzw. eine berufspraktische Erfahrung ausgeübt wurde. Eine solche Zäsur ist aber nur gegeben, wenn die anspruchsausschließende Berufstätigkeit außerhalb der ersten Ausbildungsmaßnahme ausgeübt wird, nicht aber, wenn die für die Zulassung notwendige Berufserfahrung bereits durch Absolvierung des ersten Ausbildungsabschnitts abgeleistet werden kann.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3, § 62 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für den Sohn des Klägers ab Februar 2014 zu Recht abgelehnt hat.
Der am 11.08.1991 geborene Sohn E. absolvierte nach dem Abitur von August 2011 bis Januar 2014 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Bank C.. Nach dem Ausbildungsabschluss als Bankkaufmann beschäftigte die Bank C. den Sohn des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit weiter. Seit dem 01.05.2014 ist er an der Hochschule D. immatrikuliert und absolviert bei der dort angegliederten Business School ein Bachelor Studium im Fachbereich „Management und Finance”. Der 01.05.2014 war der frühestmögliche Immatrikulationszeitpunkt für diesen Studiengang.
Zulassungsvoraussetzung für das Bachelor Studium ist bei Bestehen einer Hochschulzulassungsberechtigung in Form der allgemeinen Hochschulreife eine mindestens zweijährige Berufserfahrung, die durch eine Ausbildung nachgewiesen werden kann. Wegen der Einzelheiten zur Studienordnung, zu den Zulassungsvoraussetzungen und dem Studienverlauf wird auf die Ausdrucke der Internetseiten der Hochschule und der Business School Bezug genommen, die zur Gerichtsakte genommen wurden. Das Projekt-Kompetenz-Studium der Hochschule D. setzt auf eine konsequente Praxisausrichtung auf einem soliden wissenschaftlichen Fundament mit Gewährleistung des erforderlichen akademischen Standards. Neben der Berufstätigkeit spielt das studienbegleitende Projekt eine wesentliche Rolle. Auf das Schreiben der Business School vom 27.10.2017, welches sich in der Kindergeldakte der Beklagten befindet, wird verwiesen. Das von E. absolvierte Bachelor-Studium dauert in der Regel drei Jahre. Die Bank C. bestätigte mit Schreiben vom 26.10.2017, dass das Studium erforderlich sei, um die notwendigen Qualifikationen für die Stelle in der Unternehmenssteuerung/Treasury zu erwerben.
Am 07.10.2014 beantragte der Kläger Kindergeld für E.. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Kindergeldbescheid vom 21.10.2014 ab, der von dem Kläger nicht angefochten wurde.
Am 28.06.2017 beantragte der Kläger erneut für seinen Sohn E. rückwirkend ab Februar 2014 die Bewilligung von Kindergeld, da dieser zum 01.05.2014 unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung als Bankkaufmann das Studium zum „Bachelor of Arts Management & Finance” begonnen habe.
Mit Bescheid vom 14.07.2017 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab dem Monat Februar 2014 erneut ab. Zur Begründung führte sie aus, E. habe bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen und übe neben seiner weiteren Berufsausbildung eine Erwerbstätigkeit aus, die den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausschließe. Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 14.08.2017 wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 06.11.2017 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage macht der Kläger weiterhin geltend, er habe einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld für seinen Sohn für den Zeitraum Februar 2014 bis August 2016 (Vollendung 25. Lebensjahr). E. sei es nie darum gegangen, Bankfachwirt zu werden. Er habe sich vielmehr schon nach Beginn der Erstausbildung unter dem 12.09.2013 über den Hochschulstudiengang für den Bachelor auf Management & Finance informiert und sich unmittelbar nach Beendigung der Ausbildung für einen solchen Studienplatz...