Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatbestandserfüllung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, mittelbare Geldschenkung, keine freigebige Zuwendung durch Träger der öffentlichen Verwaltung
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird erst durch den Abschluss eines Rechtsgeschäfts erfüllt, aus dem auf die Erklärung der Auflassung geklagt werden kann.
2) Verpflichtet sich der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Grundstückserwerb, diesen umgehend zu einem festen Kaufpreis an einen Dritten zu verkaufen, ist keine nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfreie Grundstücksschenkung, sondern eine mittelbare Geldschenkung gegeben.
3) Unentgeltliche Vermögensübertragungen durch Träger der öffentlichen Verwaltung sind regelmäßig keine freigebigen Zuwendungen i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 8 Satz 1 ErbStG.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 2 S. 1; ErbStG § 7 Abs. 1 Nrn. 1, 8 S. 1; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitgig ist, ob eine Ausnahme von der Besteuerung mit Grunderwerbsteuer gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vorliegt.
Die Klägerin, die S-Stiftung, wurde aufgrund notarieller Urkunde vom 22.12.2011 […] u.a. durch das Land … und den B-Verband errichtet.
In dem Stiftungsgeschäft vom 22.12.2011 verpflichtete sich der B-Verband seinen hälftigen Miteigentumsanteil „an der Liegenschaft Haus X, verzeichnet im Grundbuch von …” auf die Stiftung oder nach Anweisung der Stiftung auf die C-Stiftung nach Anerkennung der Stiftung zu übertragen, sofern sich auch die Stadt A mit gesonderter Urkunde ebenfalls zur Übertragung ihres hälftigen Miteigentumsanteils am Haus X verpflichten würde (vgl. Seite 4 und Anlage 3 der notariellen Urkunde vom 22.12.2011).
Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung (AO). Der Zweck der Stiftung ist …. Dieser Stiftungszweck wird verwirklicht insbesondere durch ….
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das notariell beurkundete Stiftungsgeschäft nebst Satzung vom 22.12.2011 (Blatt 73 ff. GA) verwiesen.
Im Rahmen einer (nicht notariell beurkundeten) Ergänzung des Stiftungsgeschäfts erfolgte am 1.6.2012 der Beitritt weiter Stifter. Gleichzeitig verpflichtete sich die Stadt A zur unentgeltlichen Übertragung des ½ Miteigentumsanteils an den Grundstücksflächen des „Hauses X” sowie an im Alleineigentum der Stadt A stehenden Verkehrsflächen (Alleezufahrt) zu den noch in einem gesonderten Übereignungsvertrag festzulegenden Bedingungen und Konditionen an die S-Stiftung. Ferner wurde vereinbart, dass der B-Verband den in seinem Eigentum stehenden ½ Miteigentumsanteil an dem „Haus X” ebenfalls auf die Stiftung übertragen werde. Der Übereignungsvertrag sollte nach Anerkennung der Stiftung und Vorlage bestimmter Erbverzichtserklärungen geschlossen werden.
Auf die Ergänzung des Stiftungsgeschäfts vom 1.6.2012 wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten verwiesen (Blatt 101 ff. GA).
Unter dem 11.3.2013 schlossen der B-Verband, die Stadt A und die Klägerin sodann einen notariellen Übereignungsvertrag nebst Auflassung. Die Stadt A und der B-Verband übereigneten der Klägerin darin als Miteigentümer die Grundstücke …. Als Alleineigentümerin übereignete die Stadt A der Klägerin darüber hinaus die Grundstücke ….
In § 2 des notariellen Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Gebäude mit dem Inventar, Aufbauten, des Aufwuchses und der Anlagen der Stiftung unentgeltlich übertragen werden.
In § 3 des notariellen Vertrages verpflichtete sich die Stiftung „sich umgehend nach der Eigentumsumschreibung zum Verkauf der übertragenen Grundstücke an die C-Stiftung zum Kaufpreis in Höhe von … Euro (Festpreis) mit dem Zweck, den so erzielten Kaufpreis dauerhaft ertragsbringend anzulegen um mit den erzielten Erträgen dauerhaft die Vorgaben des Stiftungsgeschäfts und der Satzung zu verwirklichen”. Die Stiftung sollte ferner sicherstellen, dass ihr im Gegenzug von der C-Stiftung ein grundbuchrechtlich gesichertes Nießbrauchsrecht an Haus X eingeräumt wird, das nur mit Zustimmung der Stadt A, des B-Verband und der C-Stiftung übertragen werden kann.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde … verwiesen.
Der Beklagte erließ – im Hinblick auf diesen Vertrag – am 24.6.2014 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO stehenden Grunderwerbsteuerbescheid, in dem die Grunderwerbsteuer ausgehend von einer geschätzten Bemessungsgrundlage gem. § 8 Abs. 2 GrEStG in Höhe von … Euro auf … Euro festgesetzt wurde.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer am 24.7.2014 erhobenen und am 25.7.2014 zugestellten Sprungklage zu der der Beklagte mit Schreiben vom 18.8.2014 (Eingang bei Gericht am 19.8.2014) seine Zustimmung erklärt hat.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Übereignungsvertrag vom 11.3.2013 um eine Grundstücksschenkung unter Lebenden handele, die gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG grun...