Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Gewinnzurechnung bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
1) Gelingt einer Person, die behauptet, ein Recht, das auf ihren Namen lautet lediglich als Treuhänder inne zu haben, nicht der nach § 159 Abs. 1 Satz 1 AO zu erbringende Nachweis, wem das Recht tatsächlich gehört, enthält § 159 Abs. 1 Satz 1 2. HS AO die Entscheidung des Gesetzgebers, dass das Recht der Person zuzurechnen ist, auf deren Namen das Recht lautet.
2) Die Zurechnungsentscheidung des § 159 Abs. 1 Satz 1 2. HS AO würde unterlaufen, wenn das wirtschaftliche Ergebnis gleichwohl einer anderen Person zugerechnet würde.
Normenkette
AO § 159 Abs. 1 S. 1 2. HS, § 41 Abs. 1 S. 1; EStG § 17
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob der Beklagte zu Recht davon ausgeht, dass die Kläger dadurch, dass sie im Streitjahr 1998 von ihnen bei Gründung einer GmbH übernommene Geschäftsanteile veräußert haben, jeweils einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 EStG erzielt haben.
Die Kläger sind verheiratet und wurden von dem Beklagten für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit notariellem Vertrag vom 17.12.1997 gründeten die Kläger die F. … GmbH (im Folgenden: F-GmbH). Gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrags betrug das Stammkapital der F-GmbH 100.000,00 DM und wurde jeweils zur Hälfte von den Klägern übernommen. Nach § 9 bedurfte die Abtretung und Belastung von Gesellschaftsanteilen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Gesellschaft aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafter, der mit einer Mehrheit von 3/4 der Stimmen aller stimmberechtigten Gesellschafter zu fassen war. Das bei der Beschlussfassung zu beachtende Verfahren war in § 6 wie folgt geregelt:
§ 6
Beschlüsse der Gesellschafter – Gesellschafterversammlung
1. Die Gesellschafter nehmen ihre Rechte durch Beschlüsse in Gesellschafterversammlungen oder im Wege der schriftlichen Abstimmung wahr, soweit in diesem Gesellschaftsvertrag oder durch zwingende gesetzliche Vorschriften nichts anderes bestimmt ist.
2. Die Gesellschafterversammlung wird wenigstens einmal im Jahr zur Genehmigung des Jahresabschlusses der Gesellschaft einberufen.
3. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt durch die Geschäftsführung unter Mitteilung der Tagesordnung schriftlich mit einer Frist von mindestens vier Wochen. Die Geschäftsführung bestimmt den Ort der Gesellschafterversammlung.
4. Die Gesellschafter beschließen mit der Mehrheit der Stimmen aller stimmberechtigten Gesellschafter, soweit nicht durch Gesetz oder diese Satzung eine andere Mehrheit zwingend vorgeschrieben ist. Dabei zählen Stimmenthaltungen nicht mit. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Änderungen und Ergänzungen dieser Satzung, eine Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung, die Umwandlung und die Auflösung der Gesellschaft können nur mit einer Mehrheit von 3/4 der Stimmen aller stimmberechtigten Gesellschafter beschlossen werden.
5. Je 100 DM des Nennbetrages eines jeden Geschäftsanteils geben eine Stimme.
6. Über die Beschlüsse der Gesellschafter ist jeweils eine Niederschrift anzufertigen.
7. Die Geschäftsführung kann mit Zustimmung aller Gesellschafter Beschlüsse auch auf schriftlichem Wege herbeiführen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn ein Gesellschafter sich zu einem Abstimmungspunkt äußert und dem schriftlichen Verfahren innerhalb von zwei Wochen nicht ausdrücklich widerspricht. Schriftliche Beschlussfassungen sind nicht zulässig, soweit das Gesetz sie zwingend ausschließt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 17.12.1997 verwiesen.
Nachdem der Beklagte von der Gründung der F-GmbH erfahren hatte, forderte er diese mit auf dem 06.01.1998 datierten Schreiben auf, einen dem Schreiben beiliegenden Fragebogen auszufüllen. In Tz. 12 dieses Fragebogens wird u. a. nach „Name und Anschrift der Anteilseigner” gefragt sowie in einem sich unterhalb dieser Wörter befindlichen, kleingeschriebenen Klammerzusatz darum gebeten „(bei Treuhandverhältnissen bitte Vertrag beifügen)”.
Laut Eingangsvermerk des Beklagten ging der an die F-GmbH übersandte Fragebogen am 06.01.1998 ausgefüllt und von dem Kläger mit Datum 06.01.1998 unterzeichnet noch am selben Tag (06.01.1998) wieder bei diesem (dem Beklagten) ein. In dem ausgefüllten Fragebogen sind unter Tz. 1 als Anteilseigner die Kläger angegeben. Hinweise auf bestehende Treuhandverhältnisse enthält der zurückgesandte Fragebogen nicht. Ihm waren auch keine Treuhandverträge beigefügt.
Erst im Nachhinein, nämlich im Rahmen einer anderweitig durchgeführten Betriebsprüfung, wurden dem damaligen Prüfer am 21.09.1998 dann allerdings doch insgesamt vier jeweils auf den 17.12.1997 datierte „Treuhandverträge” vorgelegt, wonach sich zum einen der Kläger mit Herrn S1. F1. und dessen Ehefrau, Frau D. H.-F1., und zum anderen die Klägerin mit Herrn B. L. und dessen Ehefrau, Frau C1. L.-A., dahingehend geeinigt hatten, dass sie ihre Ges...