Entscheidungsstichwort (Thema)
Anmietung einer Wohnung am Beschäftigungsort in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Verlegung des Familienwohnsitzes begründet keine doppelte Haushaltsführung. Einkommensteuer 1983 und 1984
Leitsatz (amtlich)
Mietet ein Arbeitnehmer eine Wohnung in der Nähe seines Arbeitsplatzes an, und verlegt er in engem zeitlichen Zusammenhang seinen Familienwohnsitz aus einer 62 km von der Arbeitsstelle entfernt gelegenen Mietwohnung in ein 98 km von der Arbeitsstelle entferntes eigenes Einfamilienhaus, so tritt die berufliche Veranlassung des Bezugs der Wohnung am Beschäftigungsort gegenüber der privaten Veranlassung des Familienumzugs in den Hintergrund. Folglich wird keine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung begründet, sondern auch die Kosten der am Beschäftigungsort gemieteten Wohnung sind der privaten Lebensführung zuzurechnen.
Normenkette
EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, § 12 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Den Klägern werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung in den Streitjahren 1903 und 1984.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute. Der am 23.10.1922 geborene Kläger (Kl.) ist Diplomingenieur. In der Zeit von 1973 bis 1977 war er arbeitslos. Zu dieser Zeit wohnte er in W. Im Jahr 1977 fand er eine seiner Vorbildung angemessene Stelle bei der Fa. … GmbH, D. Die Kl. wohnten weiterhin, bis zum 30.09.1982, in W. und zogen von da nach O. in ein eigenes Einfamilienhaus um. Dadurch verlängerte sich die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 62 km auf 96 km. Zum 01.01.1983 mietete der Kl. ein. Zimmer in M., … straße 44. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den am 26.01.1983 abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrag Bezug genommen (Bl. 18 a bis 21 der FG-Akte VII 6356/84 E, die der Senat beigezogen hat). Von diesem Zimmer war die Arbeitsstelle des Kl. in etwa 10-minütiger Fahrtzeit zu erreichen. Hinsichtlich der Lage der Arbeitsstätte und des Zimmers wird auf den vom Kl. eingereichten Stadtplan Bezug genommen (Bl. 7 FG-Akte).
In den Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen für die Jahre 1983 und 1904 machten die Kl. jeweils 4.148 DM Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Ehemannes geltend. Auf die Anlagen N der ESt-Erklärungen wird Bezug genommen (ESt-Akten Vorgänge 1983 und 1984).
Der Beklagte (Bekl.) lehnte die Berücksichtigung von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ab.
Mit den gegen die ESt-Bescheide vom 31.10.1985 (für 1983) und vom 26.03.1986 (für 1984) erhobenen Einsprüchen vom 08.11.1985 und vom 03.04.1986 besagen sich die Kl. auf das gegen die ESt-Veranlagung 1982 gerichtete Klageverfahren VII 6356/84 E. In diesem Verfahren hatten die Kl. vorgetragen, die Fahrseiten, von W. nach D. hätten sich durch zunehmende Verkehrsdichte verlängert. Die täglichen Fahrten seien deshalb nur eine vorübergehende Notlösung gewesen. Der Kl. habe deshalb zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes einen zweiten Wohnsitz in D. begründen müssen.
Der Bekl. wies die Einsprüche durch verbundene Einspruchsentscheidung (ES) vom 26.08.1986 zurück.
Er war der Auffassung, aus der Tatsache, daß der Kl. fünf Jahre lang täglich mit dem Pkw von W. zur 62 km entfernten Arbeitsstätte gefahren sei, ergebe sich, daß die täglichen Fahrten keine vorübergehende Notlösung gewesen seien. Die Begründung eines doppelten Haushalts sei dadurch veranlaßt gewesen, daß die Kl. im Jahr 1982 ein Einfamilienhaus (EFH) in O. erworben hätten, wohin sie auch den Familienwohnsitz verlegt hätten. Die Begründung eines zweiten Wohnsitzes am Arbeitsort stehe im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Wegverlegung des Familienwohnsitzes in das wesentlich weiter entfernte O..
Dagegen richtet sieh die Klage.
Die Kl. tragen vor, das bis zum 30.09.1982 in Wuppertal von ihnen bewohnte Haus sei im Zuge einer Erbauseinandersetzung verkauft worden und für den anteiligen Erlös hätten sie ein passendes Objekt in O. gefunden. Der Kl. habe ab 1.10.1982 nur deshalb zunächst in D. und ab 1.1.1983 in M. eine Wohnung genommen, um weiter seiner Arbeit in D. nachgehen zu können. Mit zunehmendem Alter und wachsender beruflicher Inanspruchnahme sei der Kl. gezwungen gewesen, ein Zimmer am Arbeitsort zu nehmen. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Wegverlegung des Familienwohnsitzes von W. nach O. sei rein zufällig. Der Kl. beruft sich auf die BFH-Urteile vom 09.03.1979 VI R 223/77 (BStBl. II 1979, 520), vom 26.00.1988 VI R 111/85 (BStBl. II 1989, 89) und vom 22.09.1988 VI R 14/86 (BStBl. II 1989, 94).
Die Kl. beantragen,
die ESt-Bescheide 1983 und 1984 in der Gestalt der 52 vom 26.08.1986 zu ändern und zusätzliche WK für die Jahre 1983 und 1984 von je 4.148 DM anzuerkennen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. führt zusätzlich zur ES aus, nach den Angaben der Kl. im Klageverfahren VII 6356/84 E betreffe...