Entscheidungsstichwort (Thema)

Duldungsbescheid bei Steuerfestsetzungen nach § 164 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Stehen die zugrunde liegenden Steuerfestsetzung unter der Vorbehalt der Nachprüfung, ist in einem Duldungsbescheid eine dem Vorbehalt des § 14 AnfG entsprechende Bedingung aufzunehmen. Ein ohne diesen Vorbehalt ergangener Duldungsbescheid ist formell rechtswidrig und aufzuheben.

2) Dem steht nicht entgegen, dass die GmbH – der gegenüber die Steuerfestsetzungen ergangen sind – im HR gelöscht worden ist.

 

Normenkette

AnfG § 14; AO §§ 164, 191

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2019; Aktenzeichen VII R 61/18)

BFH (Urteil vom 22.10.2019; Aktenzeichen VII R 61/18)

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob ein von dem Beklagten gegenüber der Klägerin erlassener Duldungsbescheid rechtmäßig ist.

Die Klägerin ist die Schwester von Herrn A. Dieser war alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der B GmbH (im Folgenden: GmbH), die er in 2002 gegründet hatte und die in der Folge einen Internethandel mit Waren aller Art betrieb. Ihre Geschäfte wickelte die GmbH dabei über ein Konto der Klägerin bei der Kreissparkasse C ab.

Aufgrund von Steuerschulden der GmbH, die sich zum damaligen Zeitpunkt auf 35.988,43 Euro beliefen, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 21.10.2013 mit, dass er festgestellt habe, dass auf ihrem Konto bei der Kreisparkasse C Zahlungen zu Gunsten der GmbH in Höhe von insgesamt 67.219,21 Euro eingegangen seien, und er daher prüfe, ob gegen sie ein Duldungsbescheid zu erlassen sei. Zugleich gab er der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21.11.2013. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 21.10.2013 verwiesen.

Von der ihr eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme machte die Klägerin keinen Gebrauch.

Mit Duldungsbescheid vom 26.06.2014 focht der Beklagte daraufhin wegen Steuerverbindlichkeiten der GmbH in Höhe von mittlerweile insgesamt 37.083,93 Euro von ihm im Einzelnen aufgelistete Einzahlungen, die im Zeitraum 04.01.2010 bis 07.10.2011 dem Konto der Klägerin bei der Kreissparkasse C gutgeschrieben worden waren, mit denen jedoch Forderungen der GmbH beglichen werden sollten, gemäß § 3 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) an. Obwohl die Verbindlichkeiten der GmbH, derentwegen er die Anfechtung erklärte, im Wesentlichen aus Steuerfestsetzungen resultierten, die noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, nahm der Beklagte in seinem Bescheid vom 26.06.2014 eine dem Vorbehalt des § 14 AnfG entsprechende Bedingung nicht auf, sondern forderte die Klägerin vielmehr auf, an ihn zwecks Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen bis zum 31.07.2014 einen Betrag in Höhe der Steuerverbindlichkeiten der GmbH, mithin einen Betrag in Höhe von 37.083,93 Euro zu zahlen.

Gegen den Bescheid vom 26.06.2014 legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.07.2014 Einspruch ein und führte zu dessen Begründung u. a. aus, sie habe das Konto bei der Kreissparkasse C seinerzeit auf Bitten ihres Bruders eröffnet, weil mehrere Banken ihrem Bruder wegen erheblicher finanzieller Schwierigkeiten die Einrichtung eines eigenen Kontos verweigert hätten. Es habe sich jedoch um ein Privatkonto ihres Bruders handeln sollen. Davon, dass über dieses Konto „geschäftliche Aktivitäten abgewickelt werden sollten”, habe sie keine Kenntnis gehabt, zumal sie sämtliche das Konto betreffende Mitteilungen der Kreissparkasse ungeöffnet an ihren Bruder weitergeleitet habe.

Von Schwierigkeiten ihres Bruders mit dem Beklagten habe sie zunächst ebenfalls keine Kenntnis gehabt. Auch nachdem sie von dem Beklagten angeschrieben und um eine Zurverfügungstellung von Kontoauszügen für ihr Konto bei der Kreissparkasse C gebeten worden sei, habe sie keinen Anlass gehabt, zu vermuten, dass ihr Bruder dieses Konto für die GmbH genutzt habe und dadurch ggf. bestehende Gläubigeransprüche gefährdet werden würden, da sie auch dieses Schreiben des Beklagten an ihren Bruder weitergeleitet und dieser sodann die angeforderten Unterlagen übersandt habe.

Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens, nämlich am 07.11.2014, wurde die GmbH wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 23.02.2016 wies der Beklagte sodann den Einspruch der Klägerin vom 04.07.2014 als unbegründet zurück. Im Streitfall seien nicht nur die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AnfG gegeben, die Inanspruchnahme der Klägerin sei vielmehr auch nicht ermessensfehlerhaft.

Obwohl bei Erlass der Einspruchsentscheidung für keine der Steuerfestsetzungen, aus denen die Verbindlichkeiten resultierten, die der Beklagte zum Anlass für seinen Duldungsbescheid vom 26.06.2014 genommen hatte und die zum damaligen Zeitpunkt noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden hatten, dieser Vorbehalt der Nachprüfung zwischenzeitlich aufgehoben worden war, nahm der Beklagte gleichwohl auch in seine Einspruchsentscheidung eine dem Vorbehalt des § 14 AnfG entsprechende Bedingung nicht auf. Auch das in dem Bescheid vom 26.06.2014 enthaltene Leist...

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