Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch bei nachträglicher Erstellung der Aufzeichnungen. Einkommensteuer 1995 bis 1997
Leitsatz (redaktionell)
1) Die nicht zeitnahe Erstellung von Aufzeichnungen spricht stets gegen die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs.
2) Für Veranlagungszeiträume bis einschl. 1995 können Angaben eines nicht ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs Berücksichtigung finden bei der Schätzung der Privatfahrten.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuer, ob für die private PKW-Nutzung die Höhe der Nutzungsentnahmen zutreffend angesetzt worden ist und ob für ein Streitjahr die Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 AO noch geändert werden konnte.
Der Kläger (Kl.) ist selbständiger Unternehmensberater. Für die Streitjahre 1995 bis 1997 reichte er die Einkommensteuererklärungen in 1997, 1998 und 1999 ein. Die Veranlagung für das Kalenderjahr 1995 erfolgte ohne Nachprüfungsvorbehalt. Die Steuerbescheide für 1996 und 1997 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abgabenordnung (AO).
Der Beklagte (Bekl.) ordnete mit Bescheid vom 24.08.2001 für die Einkommensteuer und Umsatzsteuer bei dem Kl. eine steuerliche Betriebsprüfung der Kalenderjahre 1995 bis 1997 an, die am 26.09.2001 begann. Gegen die Anordnung der Überprüfung der Einkommensteuer 1995 legte der Kl. Einspruch ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass der ESt-Bescheid 1995 nicht mehr geändert werden könne. Denn ein zunächst diesem Bescheid beigefügter Vorbehalt der Nachprüfung sei mit Bescheid vom 02.03.1998 aufgehoben worden. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Klage – 11 K 3249/02 AO – wurde mit Urteil vom 18.07.2003 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt, über die zwischenzeitlich abweisend entschieden wurde. Die Außenprüfung wurde im Kalenderjahr 2002 abgeschlossen. Der Bekl. ermittelte, dass der Kl. im Streitjahr 1995 eine Gutschrift der Firma X nicht als Umsatz verbucht hatte. Ferner stellte er fest, dass in den Kalenderjahren 1995 bis 1997 private Nutzungen des Kraftfahrzeuges nicht versteuert worden waren.
Die als Betriebsausgaben gebuchten gesamten Fahrtkosten beliefen sich im Streitjahr 1995 auf insgesamt 17.381 DM, im Streitjahr 1996 auf 32.140 DM und im Streitjahr 1997 auf 41.438 DM.
Der Bekl. änderte für 1995 die Einkommensteuerfestsetzung zunächst lediglich im Hinblick auf den nicht erfaßten Umsatz. Die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre 1996 bis 1997 wurden u. a. wegen der privaten PKW-Nutzung (Nutzungsentnahmen) geändert.
Dabei ermittelte der Bekl. die Entnahmen für 1996 und 1997 auf Grundlage der Entnahmewerte des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) wie folgt:
Bruttolistenpreis PKW |
142.000,00 DM |
Entnahmewert 12 v.H. |
17.040,00 DM |
Eigenverbrauch 80 v.H. |
13.632,00 DM |
Umsatzsteuer 1996 15 % |
2.044,80 DM |
Umsatzsteuer 1997 15 % |
2.044,80 DM |
Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 legte der Kl. Einspruch ein.
Wegen der Höhe der Nutzungsentnahmen legte er im Rahmen des Einspruchsverfahrens im Nachhinein erstellte Fahrtenaufzeichnungen für die Streitjahre 1996 und 1997 vor. In diesen erfolgten die Kilometerangaben im Regelfall nur gerundet (regelmäßig auf volle 10 km). In einzelnen Monaten wurden zudem keine bzw. nur einzelne größere Privatfahrten angegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Bekl. eingereichten Aufstellungen verwiesen. Hinsichtlich der privaten und betrieblichen Nutzungen ergaben sich aus den Aufzeichnungen des Kl. für die Monate Januar bis Dezember jeweils die folgenden Verhältniszahlen:
Gefahrene Kilometer im Streitjahr 1996 |
|
Gefahrene Kilometer im Streitjahr 1997 |
|
Gesamtfahrten |
Betrieblich |
Privat |
|
Gesamtfahrten |
Betrieblich |
Privat |
Jan. |
7.360 |
6.164 |
1.196 |
|
3.468 |
3.355 |
113 |
Feb. |
6.690 |
6.090 |
600 |
|
2.912 |
2.640 |
272 |
März |
7.172 |
6.927 |
245 |
|
6.081 |
5.250 |
831 |
April |
3.553 |
3.200 |
353 |
|
4.655 |
4.390 |
265 |
Mai |
5.809 |
5.180 |
629 |
|
4.601 |
4.536 |
65 |
Juni |
5.357 |
4.840 |
517 |
|
5.375 |
5.070 |
305 |
Juli |
4.256 |
4.210 |
46 |
|
3.900 |
1.076 |
2.824 |
Aug. |
4.390 |
3.995 |
395 |
|
2.750 |
2.340 |
410 |
Sept. |
3.932 |
3.545 |
387 |
|
4.638 |
3.970 |
668 |
Okt. |
4.625 |
4.625 |
|
|
4.175 |
3.977 |
198 |
Nov. |
4.190 |
4.190 |
|
|
4.014 |
3.960 |
54 |
Dez. |
2.925 |
2.485 |
440 |
|
4.500 |
3.925 |
575 |
Gesamt: |
60.259 |
55.451 |
4.808 |
|
51.069 |
44.489 |
6.580 |
|
92,02% |
7,98% |
|
|
87,12% |
12,88% |
Zu verschiedenen Beanstandungen der im Nachhinein erstellten Fahraufzeichnungen für die Streitjahre 1996 und 1997 hat der Kl.-Vertreter mit Schreiben vom 21.01.2003 Stellung genommen. Danach waren die im Nachhinein erstellten Fahraufzeichnungen schon bei einer Überprüfung anhand der eingereichten Buchführungsbelege nicht immer zutreffend. So wurden zum Beispiel Tankfahrten in M nicht erfasst, betriebliche Abstecher und betriebliche Fahrten nicht eingetragen, anstatt einer Fahrt nach Düsseldorf unter falscher Kilometerangabe eine Fahrt nach Köln angegeben...