Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufgabeerklärung und deren Nachweis
Leitsatz (redaktionell)
1) Auch ein als "voraussichtlich" bezeichneter Gewinnfeststellungsbescheid kann im Wege der (Untätigkeits-)Anfechtungsklage angefochten werden.
2) Eine Betriebsaufgabeerklärung erfordert eine ausdrückliche, unmissverständliche Erklärung, der zweifelsfrei entnommen werden kann, dass der betriebliche Organismus erloschen ist und die zuvor im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgüter nunmehr - unter Aufdeckung der stillen Reserven - dem Privatvermögen zuzuordnen sein sollen.
3) Ist das Vorliegen einer solchen Erklärung streitig, kann der Nachweis nur mittels Vorlage einer entsprechenden Urkunde geführt werden.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3, § 4 Abs. 1 S. 2, § 14 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob ein im Jahr 2010 veräußertes Grundstück zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörte.
Die Klägerin war Eigentümerin des in H, Flur 1, Flurstück …, belegenen Grundstücks (Größe: 3.720 qm). Das Grundstück gehörte zu einem zunächst von Herrn X C geführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Die im Eigentum von Herrn C stehenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen betrugen ursprünglich (Einheitswertfeststellung 01.01.1934) einschließlich der Hausund Hofstelle ca. 1,6 ha.
Nach dem Tod von Herrn X C im Jahr 1970 erbte dessen Neffe, Herr B C, der verstorbene Ehemann der Klägerin, den Betrieb. Aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Veräußerungen betrug die Eigentumsfläche nur noch gut 8.000 qm. Gemeinsam mit der Klägerin führte Herr B C, der im Übrigen nichtselbständig tätig war, den landwirtschaftlichen Betrieb des Onkels fort. Neben den Eigentumsflächen wurden noch 4 ha zugepachtete Flächen bewirtschaftet. In seiner Erklärung über die Tierhaltung für die Wirtschaftsjahre 1975 und 1976 führte Herr C an, er hielte 3-4 Kühe sowie 5 Legehennen; Schweinehaltung erfolge nicht.
Im Juli 1987 forderte das Finanzamt Y Herrn C auf, sich zum Umfang der Tierhaltung für die Wirtschaftsjahre 1982/1983, 1983/1984 sowie 1984/1985 zu erklären. Darauf erschien Herr C ausweislich eines Vermerks in der Einheitswertakte im September 1987 in der Bewertungsstelle des Finanzamts Yund gab folgende Erklärung zu Protokoll:
Ich habe im Jahr 1982 meine beiden letzten Rinder verkauft bzw. selbst geschlachtet. Seitdem habe ich nur für mich selbst eine Färse, die ich mit eigenerzeugtem Futter großziehe. Ich beabsichtige nicht mehr, in Zukunft noch Vieh über den eigenen Bedarf hinaus zu halten.
Der Sachbearbeiter verfügte in der Akte, dass auf den 01.01.1984 keine Wertfortschreibung vorzunehmen sei. Die Grundstücke blieben weiterhin als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet. Ob Herr C seinerzeit zudem eine (ausdrückliche) Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem Veranlagungsbezirk des Finanzamts Y abgab, ist im Hinblick darauf, dass die entsprechenden Verwaltungsakten bereits vernichtet sind, nicht erkennbar.
Im Jahr 1991 verkaufte Herr C die Haus- und Hofstelle an die Erbengemeinschaft W zum Kaufpreis von DM 306.000. Ertragsteuerlich veranlasste das Finanzamt Y insoweit nichts. Bewertungsrechtlich wurde das Grundstück nach dem Verkauf als land- und forstwirtschaftliches Vermögen (Stückländerei) bewertet. Die Klägerin und ihr Ehemann verzogen in den …Weg in H. Die neue Wohnung lag in unmittelbarer Nähe zu dem noch im Eigentum des Herrn C befindlichen (Wiesen)Grundstück.
Im Juni 2009 verstarb Herr C Rechtsnachfolgerin wurde die Klägerin.
Die Klägerin veräußerte am 30.07.2010 das o.g. – restlich verbliebene – Grundstück zum Kaufpreis von EUR 196.000 an die B W GmbH & Co. KG, die es zur Expansion ihres Gewerbebetriebs benötigte.
Auf entsprechende Nachfrage des nunmehr zuständig gewordenen Finanzamts H (Beklagter) teilte die Klägerin mit, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb im Zeitraum 1981/1982 aufgegeben worden sei. Sie selbst habe im Jahr 1981 einen Arbeitsunfall auf dem Hof erlitten und sei deshalb nicht mehr in der Lage gewesen, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Ihr Ehemann sei aufgrund mehrerer Herzinfarkte seinerzeit bereits Frührentner gewesen. Im Jahr 1982 sei der Tierbestand komplett abgeschafft worden. Ab diesem Zeitpunkt sei ertragsteuerlich „klar gewesen”, dass es sich nicht mehr um einen ruhenden Betrieb gehandelt habe, da die Wiederaufnahme der Land- und Forstwirtschaft aufgrund des Gesundheitszustands der Klägerin und des Ehemanns nicht infrage gekommen sei und zudem keine Angehörigen für eine Betriebsfortführung in Betracht gekommen wären. Das im Jahr 2010 veräußerte Wiesengrundstück habe brach gelegen. Es hätten sich dort vier Apfelbäume und ein verfallenes Bienenhaus befunden. Eine Verpachtung sei nicht erfolgt. Die Wiese habe privaten Erholungszwecken gedient.
Der Beklagte ging dennoch von land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen aus. Er erließ am 21.01.2011 einen „voraussichtlichen” Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 2010 und stellte hierin einen Veräußerungsgewinn i.S. von § 14 des Einkommensteu...