Entscheidungsstichwort (Thema)
Pkw-Turm aus Glas nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung bei der Einheitsbewertung zu behandeln
Leitsatz (redaktionell)
Ein nur während der Ein- und Ausfahrt zum Aufenthalt von Menschen geeigneter, mit 13 Lagerebenen und einer Hebeanlage ausgestatteter Glasturm zur Ausstellung von Pkws bildet kein Gebäude, sondern ist als Betriebsvorrichtung zu betrachten und daher bei der Einheitsbewertung des Grundstücks nicht mit zu berücksichtigen.
Normenkette
BewG § 68 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 1 BewG
Tatbestand
Streitig ist, ob ein sogenannter „Pkw-Turm” im Rahmen der Einheitsbewertung eines Grundstücks als Gebäude zu berücksichtigen ist oder ob es sich um eine Betriebsvorrichtung handelt.
Die Klägerin (Klin.) ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße 1 in E. Sie betreibt auf diesem Grundstück einen Autohandel. Im Jahr 1998 stellte die Klin. einen Bauantrag zur Erweiterung der Ausstellungsfläche ihres Autohauses und zur Errichtung eines „Glasturms für Neuwagen”. Am 21.06.1999 erteilte die Stadt E der Klin. die Baugenehmigung, in der auf Seite 2 u.a. ausgeführt wird: „ Der Glasturm wird in der Art eines automatisch betriebenen Hochregallagers zur Unterbringung von Fahrzeugen genutzt.” Zu den Einzelheiten wird auf den Bauantrag vom 11.08.1998 (Bl. 73-87 der Einheitswertakte – EW-Akte –) sowie auf die Baugenehmigung vom 21.06.1999 (Bl. 34-36 der Gerichtsakte – GA –) verwiesen.
Nach Abschluss des Bauvorhabens forderte der Beklagte (Bekl.) die Klin. zur Abgabe einer Einheitswerterklärung zum 01.01.2001 für das vorgenannte Grundstück auf. Die Klin. reichte daraufhin am 12.01.2001 die Einheitswerterklärung auf den 01.01.2001 beim Bekl. ein. Darin bezeichnete sie den errichteten „Lagerturm für Pkw's” als Betriebsvorrichtung und machte im übrigen Angaben zur Erweiterung der Ausstellungshalle. Zu den Einzelheiten wird auf die Einheitswerterklärung (Bl. 72 der EW-Akte) verwiesen.
Am 07.08.2003 erfolgte eine Ortsbesichtigung des streitbefangenen Grundstücks durch den Bausachverständigen des Bekl. Der Bausachverständige erstellte daraufhin am 28.01.2004 eine baufachliche Stellungnahme, indem er insbesondere den hier streitbefangene „Pkw-Turm” mit den sogenannten „Smart-Türmen” verglich.
Bei dem „Pkw-Turm” handelt es sich um eine Stahlkonstruktion, die unmittelbar an die zweigeschossige Ausstellungshalle angebaut ist. Soweit nicht die Außenwände der Ausstellungshalle als Abtrennung dienen, ist die Konstruktion verglast, so dass man von Außen in den Turm blicken kann. Der Turm hat drei Öffnungen in Form von verglasten Schiebetüren. Eine Öffnung zum Hof hin (Zufahrtsbereich), eine zum Erdgeschoss der Ausstellungshalle (Verkaufsraum Ebene 0) und eine zum Obergeschoss der Ausstellungshalle (Verkaufsraum Ebene 2). In der Stahlkonstruktion befindet sich eine Hebevorrichtung mit Kettenbetrieb und Gegengewicht. Der Aufzugsmotor ist unter dem Dach installiert. Von der Hebevorrichtung aus werden Paletten in dafür vorgesehene Schienen geschoben, wobei sich immer zwei neben einander liegende Paletten rechts und links von der Hebevorrichtung befinden. Der Turm hat 13 Lagerebenen, wobei die unteren drei jeweils eine lichte Höhe von 1,88 m und die übrigen eine solche von 1,55 m besitzen. Der Turm hat im Inneren, hinter den Schiebetüren, keine festen Zugangsflächen. Auf der Erdgeschossebene zeigt sich hinter der Schiebetür eine 2,7 m tiefe Unterfahrt (Aufzugsschacht), wenn sich dort keine Palette befindet. Ein Zugang bzw. eine Zufahrt durch die Schiebetüren ist somit nur möglich, wenn sich hinter der jeweiligen Tür im Inneren des Turmes eine der Paletten befindet. Die Bedienung der Hebevorrichtung erfolgt über eine Tastatur, die mit einer Steuerungs-EDV (Turm-EDV) verbunden ist. Der Bediener kann nur angeben, welche Palette er von welchem Eingang aus einlagern oder an welchen Ausgang auslagern möchte. Er vermerkt sich dies auf einem separat installierten PC. Die Entscheidung über die Lagerung der Paletten trifft die Turm-EDV automatisch ohne Einfluss des Bedieners (sog. chaotische Lagerung). Die Schiebetüren öffnen sich nur, wenn vor dem betreffenden Ausgang eine Palette steht, auf die ein Fahrzeug gefahren werden kann (Einlagerung) oder von der ein Fahrzeug heraus gefahren werden kann (Auslagerung).
Bei der Einlagerung eines Fahrzeugs stellt der Bediener zunächst fest, welche der Paletten frei ist und gibt in die EDV über eine Ziffernfolge an, auf welche Palette der Pkw gelagert werden soll. Die Turm-EDV befördert sodann die entsprechende Palette auf die Ebene, von der aus der Pkw eingelagert werden soll. Die EDV öffnet sodann das Tor zum Zufahrtsbereich. Der Bediener fährt das Fahrzeug auf die Palette. Nachdem der Bediener den Pkw und die Palette verlassen hat, schließt die Turm-EDV das Tor und befördert die Palette an einen freien Platz. Bei der Auslagerung eines Fahrzeugs stellt der Bediener zunächst fest, auf welcher Palette sich der auszulagernde Pkw befindet und gibt die Palette und die gewünschte Auslageru...