Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Ein Pkw-Turm aus Glas ist bei der Einheitsbewertung nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung anzusehen
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt einen Autohandel. Auf ihrem Grundstück erstellte sie einen "Glasturm für Neuwagen". In der Baugenehmigung wird dazu ausgeführt: "Der Glasturm wird in der Art eines automatisch betriebenen Hochregallagers zur Unterbringung von Fahrzeugen genutzt." Bei dem "Pkw-Turm" handelt es sich um eine Stahlkonstruktion mit 13 Lagerebenen, die unmittelbar an die zweigeschossige Ausstellungshalle angebaut ist. Im Inneren befinden sich keine festen Zugangsflächen, auf der Erdgeschossebene zeigt sich ein 2,7 m tiefer Aufzugschacht. Der Autohändler vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem Turm um eine Betriebsvorrichtung handele. Der verglaste Lagerturm sei nicht mit den sog. "Smart-Türmen" zu vergleichen, da er keinen begehbaren Eingangsbereich habe und nicht zum Aufenthalt von Menschen geeignet sei, da der Turm über keine Böden, sondern ausschließlich über Paletten verfüge. Das Finanzamt wertete den Glasturm im Einheitswertbescheid jedoch als Gebäude, da er alle Merkmale eines Gebäudes erfülle.
Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist als Gebäude ist ein Bauwerk anzusehen, das
- durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt,
- den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet,
- fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie
- von einiger Beständigkeit und standfest ist.
Der Umstand, dass bei der Ein- bzw. Auslagerung eines Pkw das Betreten des "Pkw-Turms" nicht nur möglich, sondern auch erforderlich ist, führt nicht dazu, dass dieser zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen geeignet sei. Denn in dem Bauwerk befinden sich keine festen Ebenen bzw. Geschosse, sondern lediglich Paletten, die über einen Aufzug befördert und in die seitlichen Regalfächer geschoben werden. Auch die Erdgeschossebene eigne sich nicht für den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen, da sich dort im Inneren des Turms keine feste Zugangsfläche befinde. Ein Zugang in das Innere des Turms sei nur möglich, wenn sich hinter der jeweiligen Schiebetür eine Palette befindet, ansonsten würde man in die Tiefe stürzen. Der "Pkw-Turm" ist somit als Betriebsvorrichtung anzusehen.
Hinweis
Ohne Einfluss für die Beurteilung, ob ein Gebäude oder eine Betriebsvorrichtung vorliegt, ist die Frage, ob sich außerhalb eines Betriebsablaufs Menschen zeitweilig zu Wartungs-, Inspektions- und Reparaturarbeiten in einem Gebäude aufhalten können. Entscheidend ist, ob das Bauwerk den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet. Dies ist bei einem manuell gesteuerten Hochregallager der Fall, nicht jedoch bei einem automatisch gesteuerten. Der Streitfall war, wie das FG ausführt, zwar mit beiden Fällen nicht vergleichbar, den Ausschlag für die Entscheidung gab jedoch die Tatsache, dass kein fester Boden vorhanden war.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 13.12.2007, 3 K 510/05 Ew,EW