Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Ermittlung der AfA bei verkürzter tatsächlicher Nutzungsdauer eines Gebäudes auf Basis eines Wertgutachtens
Leitsatz (redaktionell)
Ein vom Steuerpflichtigen eingeholtes Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit einer Ermittlung des Ertragswerts des Immobilienbestands gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV, in dem unter Berücksichtigung von Um- und Ausbau- oder Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen die Auswirkung auf die Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV einzelner Gebäude einbezogen worden ist, kann der Ermittlung der AfA für ein Mietobjekt zugrunde gelegt werden.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2; EStDV § 11c Abs. 1; EStG § 7 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten für die Jahre 2011 bis 2016 (Streitjahre) anlässlich der Absetzung für Abnutzung (AfA) für verschiedene Gebäude über deren Restnutzungsdauer.
Die Klägerin, eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG, ist Eigentümerin von folgenden Grundstücken mit aufstehenden Gebäuden:
Immobilie |
AfA-BMG |
G1 |
177.831,97 |
G2 |
187.200,77 |
G3 |
363.827,69 |
G4 |
1.087,951,82 |
G5 |
586.292,82 |
G6 |
419.982,81 |
G7 |
1.041.924,42 |
G8 |
173.341,80 |
G9 |
196.051,59 |
G10 |
213.358,72 |
G11 |
130.650,75 |
G12 |
246.994,41 |
G13 |
180.484,12 |
G14 |
152.595,91 |
G15 |
368.663,82 |
G16 |
161.804,80 |
G17 |
148.452,14 |
G18 |
134.179,16 |
G19 |
159.041,77 |
G20 |
99.187,34 |
G21 |
95.767,09 |
G22 |
109.513,87 |
G23 |
217.449,17 |
G24 |
412.403,59 |
G25 |
1.765.705,66 |
G26 |
270.037,83 |
G27 |
152.216,44 |
G28 |
686.475,09 |
G29 |
1.392.403,85 |
G30 |
533.284,57 |
G31 |
139.522,13 |
G32 |
191.651,53 |
G33 |
240.583,83 |
G34 |
125.389,03 |
G35 |
159.221,13 |
G36 |
281.360,75 |
G37 |
339.722,72 |
G38 |
226.311,91 |
G39 |
925.126,39 |
G40 |
121.056,48 |
G41 |
97.482,33 |
G42 |
126.153,60 |
G43 |
701.872,75 |
Die AfA-Bemessungsgrundlagen sind zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig.
Im Jahr 2016 führte das damals zuständige Finanzamt M bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Streitjahre 2011 bis 2014 durch. Die entsprechenden Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2011 bis 2013 standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen der Prüfung wurde seitens des Außenprüfers die Auffassung vertreten, die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung der im Eigentum der Klägerin befindlichen Immobilien sei von dieser unzutreffend ermittelt worden, indem sie pauschal 20 % der Gesamtanschaffungskosten der Gebäude als Anschaffungskosten des Grund und Bodens zugrunde gelegt, die verbleibenden Beträge als Anschaffungskosten der aufstehenden Gebäude angesehen und gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 2 % abgeschrieben habe. Der Außenprüfer vertrat insofern die Auffassung, dass 47 % der Anschaffungskosten auf den Grund und Boden entfielen.
Das Finanzamt M schloss sich der Auffassung des Außenprüfers an und erließ für die Streitjahre 2011 bis 2013 am 28.09.2016 auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte. Für das Streitjahr 2014 erging ein erstmaliger Feststellungsbescheid. Für sämtliche Streitjahre stellte das Finanzamt M Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung infolge der Minderung der AfA-Beträge von 19.239,01 EUR für das Streitjahr 2011, von ./. 304.405,45 EUR für das Streitjahr 2012, von 583.075,49 EUR für das Streitjahr 2013 sowie von 755.801,72 EUR für das Streitjahr 2014 fest.
In den Feststellungserklärungen für die Streitjahre 2015 und 2016 machte die Klägerin Abschreibungen auf Gebäude in Höhe von insgesamt 554.054 EUR als Werbungskosten geltend. Demgegenüber vertrat der Beklagte infolge der für die Vorjahre durchgeführten Außenprüfung die Auffassung, dass nur Abschreibungen in Höhe von 336.744,33 EUR zu berücksichtigen seien. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien nicht pauschal 20 % der Gesamtanschaffungskosten als Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu berücksichtigen, sondern es entfielen 47 % auf den Grund und Boden. Das Finanzamt M erließ aufgrund dieser Feststellung am 11.12.2017 erstmals einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Klägerin für das Streitjahr 2015 und am 16.01.2018 erstmals einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Klägerin für das Streitjahr 2016, in denen es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Vergleich zur Feststellungserklärung jeweils um 217.310 EUR erhöhte.
Gegen die Feststellungsbescheide für die Streitjahre legte die Klägerin jeweils Einspruch ein (Eingang beim Beklagten: 11.10.2016 für die Streitjahre 2011 bis 2014; 13.12.2017 für das Streitjahr 2015; 17.01.2018 für das Streitjahr 2016). Sie machte zur Begründung geltend, dass die Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG anhand der tatsächlichen Nutzungsdauer und mithin entsprechend der Restnutzungsdauer abzuziehen sei. Diese leitete sie aus einem Gutachten der Dipl.-Ing. Architektin Frau S K, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, vom 16.11.2016 her. Dieses Gutachten, auf dessen Inhalt vollumfänglich verwiesen wird, enthält eine Verkehrswerte...