Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Ermittlung der AfA bei verkürzter tatsächlicher Nutzungsdauer eines Gebäudes auf Basis eines Wertgutachtens
Leitsatz (redaktionell)
Ein vom Steuerpflichtigen eingeholtes Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit einer Ermittlung des Ertragswerts des Immobilienbestands gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV, in dem unter Berücksichtigung von Um- und Ausbau- oder Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen die Auswirkung auf die Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV einzelner Gebäude einbezogen worden ist, kann der Ermittlung der AfA für ein Mietobjekt zugrunde gelegt werden.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2; EStDV § 11c Abs. 1; EStG § 7 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten für die Jahre 2011 bis 2016 (Streitjahre) anlässlich der Absetzung für Abnutzung (AfA) für verschiedenen Gebäude über deren Restnutzungsdauer.
Die Klägerin, eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG, ist seit dem Jahr 2009 Eigentümerin des Mietwohngrundstücks G1 in N (Baujahr 1960) und des Mietwohngrundstücks G2 in J (Baujahr 1954).
Die AfA-Bemessungsgrundlagen sind zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig (G1 in N: 702.260,86 EUR; G2 in J: 560.054,86 EUR).
Im Jahr 2016 führte das damals zuständige Finanzamt M bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Streitjahre 2011 bis 2013 durch. Die entsprechenden Feststellungsbescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen der Prüfung wurde seitens des Außenprüfers insbesondere die Auffassung vertreten, die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung der im Eigentum der Klägerin befindlichen Immobilien sei von dieser unzutreffend ermittelt worden, indem sie pauschal 20 % der Gesamtanschaffungskosten der Gebäude als Anschaffungskosten des Grund und Bodens zugrunde gelegt, die verbleibenden Beträge als Anschaffungskosten der aufstehenden Gebäude angesehen und gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 2 % abgeschrieben habe. Der Außenprüfer vertrat insofern die Auffassung, dass 39 % der Anschaffungskosten auf den Grund und Boden entfielen.
Das Finanzamt M schloss sich der Auffassung des Außenprüfers an und erließ am 10.11.2017 auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für die Streitjahre 2011 bis 2013, in dem es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung infolge der Minderung der AfA-Beträge erhöhte und auf 36.013,30 EUR für das Streitjahr 2011, auf 122.932,11 EUR für das Streitjahr 2012 und auf 64.974,39 für das Streitjahr 2013 feststellte.
Auch in ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2014 setzte die Klägerin pauschal 20 % der Gesamtanschaffungskosten als Anschaffungskosten des Grund und Bodens an und ermittelte die AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 2 %, woraus sich Abschreibungsbeträge in Höhe von 37.364 EUR ergaben. Dagegen setzte die Klägerin für die Streitjahre 2015 und 2016 die AfA für die Gebäude nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG an, weil sie aufgrund von Gutachten der Gutachterin von einer geringeren Nutzungsdauer ausging. Hieraus ergab sich eine AfA für die Streitjahr 2015 und 2016 von 38.748,20 EUR. Das Finanzamt M ging allerdings entsprechend der Ergebnisse der Außenprüfung für die Streitjahre 2011 bis 2013 auch für die Streitjahre 2014 bis 2016 davon aus, dass 39 % der Anschaffungskosten auf den Grund und Boden entfallen würden. Es berücksichtigte für die Streitjahre 2014 bis 2016 Abschreibungsbeträge in Höhe von insgesamt 30.164 EUR. Gegenüber der Feststellungserklärung erhöhte das Finanzamt M für die Streitjahre 2014 bis 2016 infolge der Minderung der AfA-Beträge die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und stellte diese mit Bescheiden vom 10.11.2017 (Streitjahre 2014 und 2015) und vom 16.01.2018 (Streitjahr 2016) für das Streitjahr 2014 auf 102.001,79 EUR, für das Streitjahr 2015 auf 100.601,01 EUR und für das Streitjahr 2016 auf 72.979.50 EUR fest.
Gegen die Feststellungsbescheide für die Streitjahre legte die Klägerin jeweils Einspruch ein (Eingang beim Beklagten: 16.11.2017 für die Streitjahre 2011 bis 2015; 17.01.2018 für das Streitjahr 2016). Sie machte zur Begründung geltend, dass die Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG anhand der tatsächlichen Nutzungsdauer und mithin entsprechend der Restnutzungsdauer abzuziehen sei. Diese leitet sie aus einem Gutachten der Dipl. Ing. Architektin Frau S K, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige (Gutachterin), vom 07.02.2017 her. Dieses Gutachten, auf dessen Inhalt vollumfänglich verwiesen wird, enthält eine Verkehrswertermittlung für den Immobilienbestand der Klägerin auf den Stichtag der Anschaffung der jeweiligen Immobilie nach Maßgabe der der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 19.05.2010 (BGBl I 2010, 639) sowie die Restnutzungsdauer der jeweiligen Immobilie (vgl. insbesondere die Ergebnisübersicht auf Seite 3 des Gutachtens). Das Gutachten basiert hinsichtlich der Ermittlung der Restnutzungsdauer auf den Reg...