Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung, Vorabgewinnzuweisung an einen Gesellschafter, Gestaltungsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei einer GmbH & atypisch Still bestimmt sich die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung primär danach, ob die Verteilung den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschafter zu der Gesellschaft sowie den Beiträgen der einzelnen Gesellschafter für die Erreichung des Gesellschaftszwecks angemessen Rechnung trägt.
2) Die Angemessenheit der Ergebnisverteilung beurteilt sich dabei nicht allein nach den Verhältnissen nur eines Wirtschaftsjahres. Vielmehr ist ein längerer Zeitraum von 3 bis 5 Jahren zugrunde zu legen. Dies gilt auch für die Vereinbarung eines Vorabgewinns.
3) Für die Anerkennung einer Vorabgewinnzuweisung kommt es nicht darauf an, ob die Mitunternehmerschaft Gewinne erwirtschaftet.
4) Das Ausnutzen von Verlustausgleichspotential eines Gesellschafters durch eine vertraglich vereinbarte Vorabgewinnzuweisung ist kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO.
Normenkette
AO § 42; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 06.05.2014; Aktenzeichen IV B 98/13) |
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob eine in 2008 (Streitjahr) vertraglich vereinbarte Vorabgewinnverteilung berücksichtigt werden kann.
Mit Verträgen vom 07.12.2008 gründeten die Geschwister I., X. und L. T. (Beigeladene) atypisch stille Gesellschaften mit der Klägerin. Die Klägerin betreibt ein Möbelhaus. Die atypisch stillen Gesellschafter waren zu gleichen Teilen an der Klägerin und der Geschwister T. GmbH & Co.KG (KG) beteiligt. Zwischen der Klägerin und der KG besteht eine Betriebsaufspaltung. Die atypisch stillen Gesellschafter verpflichteten sich laut § 1 der Verträge vom 07.12.2008, eine Einlage i.H.v. jeweils 135.000 EUR, d.h. insgesamt 405.000 EUR zu leisten. Die Einlagen wurden durch Aufrechnung mit entsprechenden Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der KG erbracht. Den stillen Gesellschaftern standen die Informations- und Kontrollrechte gem. §§ 164 und 166 Handelsgesetzbuch (HGB) zu. Nach § 2 der Verträge sollten Gewinne und Verluste entsprechend den geleisteten Einlagen verteilt werden. Der Anteil der stillen Gesellschafter war nach der Formel A = Einlage des Stillen: (Kapital der GmbH + Summe aller Einlagen) bestimmt. Die Beteiligungsquote wurde aufgrund dieser Formel mit je 15,89 % für die atypisch stillen Gesellschafter und 52,33 % für die Klägerin errechnet. Dabei legten die atypisch stillen Gesellschaften das Kapital der Klägerin per 31.12.2008 mit 444.709,83 EUR (Saldo aus gez. Kapital 54.000 EUR, Gewinnvortrag 432.736,33 EUR und Jahresfehlbetrag. /. 42.026,50 EUR) zugrunde.
Für die Jahre 2008 bis 2011 vereinbarten die Gesellschafter die Zahlung eines Vorabgewinns. Die Klägerin sollte Vorabgewinne i.H.v. 200.000 in 2008, i.H.v. 150.000 in 2009 und i.H.v. 100.000 EUR in 2010, insgesamt 450.000 EUR erhalten. In 2011 sollten die atypisch stillen Gesellschafter eine Vorabvergütung i.H.v. 510.000 EUR erhalten. Erst nach Abzug des Vorabgewinns sollte das Restergebnis nach der o.g. Formel verteilt werden. Die stillen Gesellschaften waren erstmals mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum 31.12.2011 kündbar, vgl. § 3 der Verträge. Die stillen Gesellschafter waren gem. § 4 der Verträge bei der Berechnung des Abfindungsguthabens an den stillen Reserven beteiligt. Im Fall der (teilweisen) Nichtigkeit oder Unwirksamkeit einer der Bestimmungen verpflichteten sich die Vertragspartner, diese nach Inhalt und Form so zu gestalten und zu ergänzen, dass mit ihr der erstrebte rechtliche und wirtschaftliche Sinn erhalten bliebe, § 5 der Verträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verträge verwiesen.
Mit der am 15.01.2010 eingereichten Feststellungserklärung für 2008, in der als Empfangsbevollmächtigter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Q. X. angegeben war, erklärten die atypisch stillen Gesellschaften insgesamt Verluste i.H.v. 54.250,77 EUR. Diese sollten entsprechend der beigefügten Anlage zu je 39.962,32 EUR auf die drei atypisch stillen Gesellschafter (mit je 15,89 %) und zu (+) 65.636,19 EUR (52,33 %) auf die Klägerin verteilt werden. Dabei war der Klägerin entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen ein Vorabgewinn i.H.v. 200.000 EUR zugewiesen.
Der Beklagte folgte dem nicht. Er ließ den Vorabgewinn bei Erlass seines Feststellungsbescheides vom 25.11.2010 unberücksichtigt. Dabei setzte er den laufenden Verlust bei der Klägerin für elf Monate und bei der atypisch stillen Gesellschaft im Hinblick auf die Vertragsabschlüsse vom Dezember 2008 nur für einen Monat an. Er rechnete die zeitanteilig auf die atypisch stillen Gesellschaften entfallenden Verluste i.H.v. 4.294,06 EUR (1/12 von 54.250,77 EUR) laut Anlage zum Feststellungsbescheid zu je 682,33 EUR den drei stillen Gesellschaftern und zu 2.247,08 EUR der Klägerin zu. Der Feststellungsbescheid wurde dem Empfangsbevollmächtigen für die at...