Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderungsbescheid, Insolvenzanfechtung, Finanzrechtsweg
Leitsatz (redaktionell)
Die Rückforderung eines vom Finanzamt nach Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse gezahlten Betrages kann nicht durch einen Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 2 AO erfolgen, sondern ist vom Finanzamt auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen (Anschluss an FG Düsseldorf v. 7.3.2013 - 12 K 3560, EFG 2013, 832).
Normenkette
InsO § 143 Abs. 1; AO § 37 Abs. 2
Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheides.
Mit Beschluss vom 01.02.2008 eröffnete das Amtsgericht O unter dem Aktenzeichen 2 IN … das Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (im Folgenden: GmbH) und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
Mit Schreiben vom 07.04.2008 focht der Kläger eine Zahlung, die die GmbH am 12.11.2007 für den Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum September 2007 per Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren an den Beklagten geleistet hatte, in Höhe von 83.976,57 EUR an. Der Beklagte erstattete den vorgenannten Betrag am 02.06.2008 auf das Insolvenzanderkonto.
In der Folge überprüfte der Beklagte die von ihm aufgrund der Insolvenzanfechtung geleistete Zahlung nochmals und gelangte zu dem Schluss, die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung hätten nicht vorgelegen, da die GmbH den Lastschrifteinzug konkludent genehmigt hätte. Der Beklagte forderte daraufhin den an die Insolvenzmasse erstatteten Betrag in Höhe von 83.976,57 EUR mit Bescheid vom 15.07.2011 gem. § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) vom Kläger zurück.
Das hiergegen geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 19.11.2013).
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, der streitgegenständliche Rückforderungsbescheid sei rechtswidrig.
Die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen habe auf dem Zivilrechtsweg zu erfolgen. Dies gelte auch für die vom Beklagten begehrte Rückzahlung eines Anfechtungsbetrages. Denn der Anspruch auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern nach § 143 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) sei kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch.
Dem Beklagten sei es verwehrt, sein Rückforderungsbegehren gem. § 37 Abs. 2 AO durch Verwaltungsakt zu verfolgen. Dies gelte selbst dann, wenn Belastungsbuchungen per Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren nicht insolvenzrechtlich anfechtbar wären.
Im Übrigen bestünde aufgrund der Belastungsbuchung per Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren ein Anfechtungsanspruch gegenüber dem Beklagten. Die wegen der Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse geleistete Zahlung sei daher nicht ohne Rechtsgrund i.S.d. § 37 Abs. 2 AO erfolgt. Nach der zum Zahlungszeitpunkt gegebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung habe der Anfechtungsbetrag vom Beklagten ausgezahlt werden müssen. Dieser Rechtsprechung sei der Beklagte gefolgt. Durch eine etwaige spätere Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entfalle der Rechtsgrund i.S.d. § 37 Abs. 2 AO nicht rückwirkend.
Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 15.07.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der Rückforderungsbescheid sei zu Recht erlassen worden, da die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 AO gegeben seien.
Der Anfechtungsanspruch des Klägers sei unbegründet. Im Streitfall sei eine konkludente Genehmigung anzunehmen, da die GmbH in der Vergangenheit die wiederkehrenden Lastschriften des Finanzamts genehmigt und bezogen auf die hier streitige Lastschrift innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen erhoben habe.
Die Rechtsauffassung des Finanzamts stehe im Einklang mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 23.09.2009 (Aktenzeichen VII R 43/08, BStBl II 2010, 215). Hierin gehe der Bundesfinanzhof davon aus, das Finanzamt dürfe einen auf § 37 Abs. 2 AO gestützten Rückforderungsbescheid erlassen, wenn es auf einen vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Rückgewähranspruch gezahlt habe, ohne dass die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung vorgelegen hätten.
Der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 05.09.2012 (Aktenzeichen VII B 95/12, BStBl II 2012, 854) sowie der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24.03.2011 (Aktenzeichen IX ZB 36/09, ZIP 2011, 683) seien auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da es insoweit um die Frage der Rechtswegzuständigkeit für den Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters nach § 143 Abs. 1 InsO gehe. Vorliegend sei jedoch nicht die Frage des Rechtswegs für den Anfechtungsanspruch nach § 143 Abs. 1 InsO bzw. dessen Umkehrung betroffen, sondern die Rückforderung rechtsgrundlos ausgekehrter Steuerbeträge, die ohne das Bestehen eines Steuerschuldverhältnisses zuvor nicht vom Beklagten hätten vereinnahmt werden können.
Der Beklagte stellt nochmals heraus, er habe auf den vermeintlichen Insolvenzanfechtungsanspruch ohne Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen gezahlt. Die St...