Entscheidungsstichwort (Thema)
Kontrollmitteilungen anläßlich von Betriebsprüfungen bei Banken
Leitsatz (redaktionell)
1.) Wird anläßlich einer Betriebsprüfung bei einem Kreditinstitut ein als "Wertpapapier-Fehlschäfte" bezeichnetes Aufwandskonto überprüft und dabei Verhältnisse festgestellt, die für die Besteuerung von Bankkunden relevant sind, können gemäß § 194 Abs. 3 AO Kontrollmitteilungen gefertigt und weitergeleitet werden.
2.) Die Vorschrift des § 30 Abs. 3 AO steht der Anfertigung von Kontrollmitteilungen zu bankinternen Aufwandskonten nicht entgegen.
3.) Die Anfertigung und Weiterleitung von Kontrollmitteilungen unter anderem zum Zwecke der Prüfung, ob Spekulationsgewinne i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegen, ist ungeachtet einer möglichen Verfassungswidrigkeit der Norm für das Jahr 2001 zulässig.
Normenkette
AO § 194 Abs. 3; EStG § 23 Abs. 1 Nr. 2; AO § 30a Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin möchte die Anfertigung und Weiterleitung von Kontrollmitteilungen verhindern.
Die Klägerin ist eine Sparkasse. Der Beklagte führte bei ihr ab dem …2002 eine Außenprüfung durch, die nach der Prüfungsanordnung vom …2002 u.a. die Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2001 umfasst.
Der Betriebsprüfer prüfte u.a. das Aufwandskonto 0 000 000 001 „Wertpapier-Fehlgeschäfte” für das Jahr 2001. Auf diesem Konto wurden Schadensersatzzahlungen gebucht, die die Klägerin z.B. aufgrund von Fehlkäufen an ihre Kunden geleistet hatte. Die Klägerin legte zu diesem Konto Belege vor, unter denen sich auch Schriftwechsel zwischen der Klägerin und ihren Kunden sowie Depotauszüge der Kunden befanden. Nach Auswertung der Unterlagen kündigte das Finanzamt mit Schreiben vom 24.03.2003 und 22.05.2003 an, zu den Steuerakten von 34 Kunden Kontrollmitteilungen auszufertigen und an die Wohnsitzfinanzämter der Kunden weiterzuleiten. Die Kontrollmitteilungen sollen folgenden Inhalt haben (Bl. 13):
„Der (die) Obengenannte ist Kunde der Sparkasse … und hat im Jahr 2001 Schadensersatz aus einem fehlerhaft ausgeführten Wertpapiergeschäft erhalten. Aus dieser Information sind für die Finanzverwaltung/das Wohnsitzfinanzamt folgende Überprüfungsmöglichkeiten gegeben:
- Höhe der Kapitaleinkünfte,
- Gewinne aus Veräußerungsgeschäften von Wertpapieren innerhalb der Spekulationsfrist,
- Mittelherkunft für den Erwerb von Wertpapieren,
- Kalkulation über frei verfügbare Mittel.”
Gegen die angekündigte Anfertigung und Weiterleitung der Kontrollmitteilungen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Zur Begründung verweist sie auf § 30 a Abs. 3 Abgabenordnung (AO), wonach bei legitimationsgeprüften Guthabenkonten und Depots die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen grundsätzlich unterbleiben soll. Das Aufwandskonto „Wertpapier-Fehlgeschäfte” sei als internes Konto zwar selbst nicht legitimationsgeprüft i.S.v. 1§ 54 Abs. 2 AO, die Kontrollmitteilungen würden jedoch Informationen über legitimationsgeprüfte Wertpapierdepots ihrer Kunden enthalten, z.B. die Tatsachen, dass ein Wertpapierdepot geführt werde und dass Wertpapiergeschäfte getätigt wurden. Der Kontenbegriff i.S.d. § 30 a Abs. 3 AO sei funktional zu verstehen und umfasse auch bankinterne Konten, aus denen sich Rückschlüsse auf legitimationsgeprüfte Konten ziehen ließen. § 30 a Abs. 3 AO schütze auch den Schriftwechsel, den sie – die Klägerin – zu einem legitimierten Depot mit den Kunden geführt habe, sowie ihre internen Aufzeichnungen. Die Klägerin verweist insoweit auf die Beschlüsse des BFH vom 28.10.1997 (VII B 40/97), 25.07.2000 (VII B 28/99) und 04.04.2005 (VII B 305/04).
Die Vorgänge im Betrieb der Klägerin würden insbesondere keinen Verdacht auf Steuerhinterziehung entstehen lassen, der die Anfertigung von Kontrollmitteilungen rechtfertigen könne.
Die Anfertigung von Kontrollmitteilungen verstoße auch gegen § 194 Abs. 3 AO. Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 28.03.2002 (3 K 72/99) führe die Überschreitung von Betriebsprüfungsbefugnissen bei Bankprüfungen zur Unzulässigkeit eines Auskunftsersuchens. Da die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse der Bankkunden nicht zu den typischen Aufgaben eines Betriebsprüfers gehöre, sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, dem FA die Unterlagen zu dem Aufwandskonto „Wertpapier-Fehlgeschäfte” auszuhändigen. Da dies aber geschehen sei, dürfe das FA nunmehr jedenfalls keine Kontrollmitteilungen fertigen, da andernfalls ein Verstoß gegen § 194 Abs. 3 AO im Nachhinein legitimiert werde.
Außerdem sei die Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG verfassungswidrig. Es dürften keine Kontrollmitteilungen angefertigt werden, die das Ziel haben, die Versteuerung nach einer verfassungswidrigen Vorschrift zu überprüfen.
Die Klägerin beantragt,
dem Beklagten zu untersagen, die mit Schreiben vom 24.03.2003 und 22.05.2003 angekündigten Kontrollmitteilungen auszufertigen und weiterzuleiten,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzu...