Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigte Besteuerung von Abfindungen, Zusammenballung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Entschädigung i.S.v. § 34 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG führt nur dann zu einer ermäßigten Besteuerung, wenn die Entschädigung in Bezug auf das beendete Arbeitsverhältnis, d.h. im Vergleich zur ungestörten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, zu einer ansonsten nicht eintretenden Progressionssteigerung führen würde (gegen BFH v. 8.4.2014 - IX R 33/13, BFH/NV 2014, 1358 und BMF v. 1.11.2013, BStBl. I 2013, 1326).

2) Wird die Entschädigung nach Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses ausgezahlt und übersteigt die Entschädigung nicht die Höhe des Jahresarbeitslohnes, liegt keine Progressionssteigerung in o.g. Sinne vor, so dass eine ermäßigte Besteuerung nicht in Betracht kommt.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 Buchst. a

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Abfindungszahlung ermäßigt zu besteuern ist.

Der verheiratete Kläger war bis zum Beginn des Streitjahres 2011 bei der J AG nichtselbständig beschäftigt. Er erhielt 13 außertarifliche Monatsgehälter, monatliche Kfz-Zuschüsse und Arbeitsplatzpauschalen sowie eine Bonifikation, auf die monatlich eine Vorauszahlung in gleichbleibender Höhe geleistet wurde. Die Abrechnung der ihm jährlich zustehenden Bonifikation erfolgte im folgenden Jahr. In Folge der Umstrukturierung seines Arbeitgebers vereinbarte der Kläger mit seinem Arbeitgeber am 14.04./08.05.2008 eine geänderte „Bezügeregelung/Aufwandserstattung für das Jahr 2008”. Danach waren als Bezüge ab dem 01.01.2008 vereinbart:

1. Gehalt

Sie erhalten ein monatliches, nachträglich zahlbares Gehalt nach freier Vereinbarung in Höhe von brutto

5.655,00 Euro.

2. Bonifikationen

Darüber hinaus erhalten Sie eine Bonifikation auf die mit Ihnen vereinbarten individuellen Ziele.

2.1.

Gemäß den mit Ihnen in der Anlage vereinbarten individuellen Zielen erhalten Sie bei 100 % Zielerfüllung eine Bonifikation in Höhe von brutto

26.392,00 Euro.

Auf die Bonifikation erhalten Sie eine monatliche, nachträglich zahlbare Vorauszahlung in Höhe von brutto

2.199,00 Euro.

Die genannte Bonifikation wird maximiert gemäß Bonusstaffel … auf brutto

43.283,00 Euro.

2.2. Abrechnung der Bonifikation

Die Abrechnung der Bonifikation erfolgt zum 31.05. des Folgejahres.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung des Klägers mit der J Verwaltung GmbH vom 14.04./08.05.2008 verwiesen.

Am 08.04.2010 schloss der Kläger mit seinem bisherigen Arbeitgeber, der J AG einen Aufhebungsvertrag. Darin wurde vereinbart, dass das Bestehen des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der Kündigungsfrist mit Ablauf des 31.12.2010 endet. Außerdem wurde der Kläger danach im Mai 2010 bis zum Jahresende von seinen Dienstverpflichtungen freigestellt. Während des Freistellungszeitraumes sollte er monatliche Zahlungen und zwar ein außertarifliches Gehalt von 5.655,00 Euro, eine Bonifikation von 2.199,00 Euro, einen Kfz-Zuschuss von 990,00 Euro und eine Arbeitsplatzpauschale von 150,00 Euro, insgesamt monatlich 8.994,00 Euro sowie 2010 das Urlaubs- und Weihnachtsgeld in betriebsüblicher Höhe erhalten. Des Weiteren wurde für das Geschäftsjahr 2009 ein Bonus von 64.895,00 Euro brutto vereinbart, welcher im Mai 2010 ausgezahlt werden sollte.

Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes sollte der Kläger entsprechend §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes eine Abfindung in Höhe von 84.000,00 Euro brutto, zahlbar Ende Januar 2011 erhalten.

Mit Wirkung ab dem 01.04.2011 ist der Kläger als Geschäftsführer nichtselbständig bei der S GmbH für u.a. ein festes Monatsgehalt von brutto 3.000,00 Euro tätig.

Tatsächlich erhielt der Kläger in den Jahren 2006 bis 2011 folgende Bruttozahlungen/ betrug die Summe der Einkünfte jeweils in Euro:

Jahr

Gehalt

Kfz-Zuschuss/ Arbeitsplatzpauschale

Bonifikation

Abfindung

Summe

Summe der Einkünfte

2006

106.817,00

92.663,00

2007

123.385,00

109.953,00

2008

142.508,00

132.226,00

2009

122.696,00

113.815,00

2010

73.515,00

13.680,00

89.594,00

176.789,00

172.491,00

2011

durch neuen Arbeitgeber 30.000,00

84.000,00

114.000,00

114.410,00

Außerdem erhielt der Kläger im Streitjahr 2011 Arbeitslosengeld von 6.781,50 Euro.

Im Bescheid für 2011 über Einkommensteuer setzte der Beklagte die Entschädigung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an, ohne sie ermäßigt zu besteuern, da die Entschädigung zusammen mit den Einnahmen aus dem neuen Dienstverhältnis die Vorjahreseinnahmen nicht überstieg. Eine Zusammenballung von Einkünften sei somit nicht gegeben. Das Arbeitslosengeld von 6.781,00 Euro wurde nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in die Berechnung des Steuersatzes mit einbezogen (Progressionsvorbehalt).

Den dagegen am 25.05.2012 eingelegten Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 24.05.2013 als unbegründet zurück.

Mit der am 27.06.2013 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die Summe der Einkünfte des Jahres 2011 – bestehend aus Abfindung, regulärem Arbeitslohn und we...

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