Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliche und gesonderte Feststellung bei in Gütergemeinschaften lebenden Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
Erzielt eine personenidentische Gesellschaft oder Gemeinschaft - im Streitfall in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten - Einkünfte verschiedener Einkunftsarten, ist für jede Einkunftsart eine eigene einheitliche und gesonderte Feststellungen durchzuführen, wenn die Einkünfte nicht getrennt ermittelt werden.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 179
Tatbestand
Zu entscheiden ist formell, ob für die Jahre 2002 bis 2004 (Streitjahre) eine selbständige einheitlich und gesonderte Feststellung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft eines Ehepaares ergehen muss, wenn es daneben noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. In der Sache ist streitig, ob die Einkunftserzielungsabsicht bei einem zeitlich begrenzten Nießbrauchsrecht (2000 bis 2005) nur aufgrund des begrenzten Prognosezeitraums beurteilt wird oder ob eine generationenübergreifende Betrachtung erfolgen muss.
Die materielle Rechtsfrage wurde mit Urteil des FG Münster vom 20.11.2008 2 K 3905/07 E in dem Klageverfahren der Eheleute K.C. und B.C. wegen Einkommensteuer 2002 bis 2004 dahingehend entschieden, dass nur der zeitlich begrenzte Prognosezeitraum für die Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht maßgebend sei. Der BFH hat dieses Urteil mit Beschluss vom 19.11.2009 IV B 4/09, BFH/NV 2010, 657 aufgehoben. Das Finanzgericht habe das Klageverfahren wegen Einkommmensteuer nicht gem. § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt, bis über die Feststellung der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte der Eheleute C. aus Land- und Forstwirtschaft gesondert und einheitlich entschieden worden sei (§ 179 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO)). Da der Kläger und seine verstorbene Ehefrau, die auf ihrer Hofstelle eine Pensionspferdehaltung betrieben, im Güterstand der Gütergemeinschaft lebten, bildeten sie auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft. Die zwischen ihnen bestehende Gütergemeinschaft stelle ein den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Gesellschaftsverhältnissen vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis und damit eine taugliche Grundlage für die Begründung einer Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) dar (BFH-Urteil vom 18.08.2005 IV R 37/04, BStBl. II 2006, 165 m.w.N.). Daher seien die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft gesondert und einheitlich festzustellen. Das Feststellungsverfahren sei auch dann durchzuführen, wenn – wie im Streitfall – das für dieses Verfahren zuständige Finanzamt gleichzeitig für die Festsetzung der Einkommensteuer zuständig sei. Es liege im Streitfall kein Fall von geringer Bedeutung vor. Das Feststellungsverfahren sei daher nicht gem. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO entbehrlich.
Das Unterlassen der Verfahrensaussetzung gem. § 74 FGO bis zur abschließenden Entscheidung über einen Grundlagenbescheid sei ein Verfahrensfehler, der von Amts wegen zu berücksichtigen sei, ohne dass es eines entsprechenden Vorbringens der Verfahrensbeteiligten bedürfe. Dies gelte auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, wenn die Revision aus anderen Gründen zuzulassen wäre. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall gegeben, weil die aufgeworfenen Rechtsfragen zur Ermittlung des Totalgewinns bei einem zeitlich begrenzten vorbehaltenen Nießbrauch an einem landwirtschaftlichen Betrieb einerseits und zur Ermittlung des Totalüberschusses bei unentgeltlicher Übertragung eines vermieteten Wohnhauses gegen Bestellung eines zeitlich begrenzten Vorbehaltsnießbrauchs andererseits von grundsätzlicher Bedeutung seien.
Ob darüber hinaus auch die vom Kläger und seiner verstorbenen Ehefrau erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gesondert und einheitlich festzustellen seien (§ 179 Abs. 1 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO), sei zweifelhaft (vgl. BFH-Urteil vom 16.03.2004 IX R 58/02, BFH/NV 2004, 1211). Darüber brauche der Senat jedoch im Streitfall nicht zu entscheiden, da eine Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung schon aus anderen Gründen zu erfolgen habe.
Im Nachgang zu diesem BFH-Beschluss vom 19.11.2009 erließ der Beklagte für die Streitjahre unter dem 18.12.2009 je einen Feststellungsbescheid, der gerichtet war an den Kläger als Empfangsbevollmächtigten der C GbR und als Gsamtrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau B.C. Der Bescheid erging mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten. Er hat folgenden Tenor:
„Eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wird nicht vorgenommen. Die Voraussetzungen für die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 180 AO liegen nicht vor.”
In den Erläuterungen zu den Feststellungsbescheiden nahm der Beklagte zunächst Bezug auf den Beschluss des BFH vom 19.11.2009 IV B 4/09, aaO. Nach diesem Beschluss seien die erzielten Einkünft...