Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten einer Diätverpflegung, Fahrkostenerstattung an Verlobte, Kosten einer Gruppentherapie
Leitsatz (redaktionell)
1) Aufwendungen, die durch eine Diätverpflegung enstehen, sind gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG sowohl bei kurzzeitig angeordneter Einformdiät als auch bei langzeitig angeordneter Sonderdiät nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn die Diät nicht nur neben, sondern an Stelle von Medikamenten zur Linderung einer Krankheit angeordnet wird.
2) Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen aus der Erstattung von Fahrkosten seiner Verlobten für Besuche im Krankenhaus erwachsen, können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
3) Zum Umfang der als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähigen Kosten für eine Gruppentherapie oder Entziehungskur im Rahmen einer Alkoholerkrankung.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 2 S. 3, Abs. 1
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
1. Der Kläger ist Vater der am …1984 geborenen T und des am …2003 geborenen S, mit dessen Mutter N der Kläger im Jahre 2008 verlobt war. Die bei ihrer Mutter lebende T beendete im Juni 2008 ihre Ausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation.
2. Bis 1993 war der Kläger akut alkoholkrank. Sporadisch ließ er sich bis Januar 1993 in der Suchtberatungsstelle D behandeln. Vom 05.02.1994 bis 09.04.1994 befand er sich in der Fachklinik I; anschließend ließ sich der Kläger zwei Jahre ambulant in der Suchtberatungsstelle D behandeln und besuchte gleichzeitig – bis heute – die Selbsthilfegruppe … des Kreuzbundes. Die Gruppe trifft sich jeden Mittwoch um 20.15 Uhr in der Altenbegegnung M in D, knapp 20 km vom Wohnort des Klägers auf der L-Straße … in E entfernt.
Nach der Bescheinigung des Caritasverbandes für den Kreis D e.V. vom 29.09.2010 ist der Besuch der Selbsthilfegruppe für die Bewältigung der Abhängigkeitserkrankung des Klägers unverzichtbar, um eine lebenslange Abstinenz erreichen und einhalten zu können. Insbesondere aufgrund der lebensbedrohenden Erkrankung im November 2007 und der damit einhergehenden Bewältigungssituationen sei es medizinisch und therapeutisch dringend erforderlich, dass der Kläger die wöchentliche Selbsthilfegruppe weiter besuche.
Der den Kläger seit 2001 behandelnde Arzt Dr. med. C bescheinigte am 22.08.2011, der Kläger habe sich im Jahre 2008 in einer Alkoholabhängigkeit im Stadium der Selbstkontrolle unter Zuhilfenahme therapeutischer Sitzungen befunden. Hieran habe sich bis heute nichts geändert. Ähnlich schrieb Dr. med. U am 18.08.2011, er habe keinen Anhalt für einen Rückfall gehabt. Vielmehr habe 2008 ein „trockener Alkoholismus” in einer Phase erkennbarer Genese vorgelegen. Auch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med.V bescheinigte am 15.08.2011 einen „Z.n. [das bedeutet „Zustand nach”] Alkoholabhängigkeit ICD 10 F. 10.2”. Auf die Inhalte der Bescheinigungen wird im Übrigen Bezug genommen.
Neben seiner regelmäßigen Teilnahme an den Gruppensitzungen übernahm der Kläger im Kreuzbund zwischenzeitlich auch die Aufgabe eines Gruppenleiters. Um vom Vorsitzenden bzw. Stellvertreter des Diözesanvorsitzenden Unterlagen und Informationen für die Gruppe abzuholen, führte ihn sein Weg zu den Gruppensitzungen nach D über A und teilweise über W. Obwohl der Kläger nur knapp 20 km von den Räumlichkeiten der Gruppensitzung entfernt wohnte, musste er wegen des Umwegs nach eigenen Angaben eine Wegstrecke von insgesamt 55 km für den Hin- und Rückweg zurücklegen.
An die Gruppenleiter bzw. Gruppenmitglieder vergab der Kreuzbund Plätze für Seminare. Nach dem vorgelegten Weiterbildungsprogramm des Kreuzbundes für das Jahr 2008, auf dessen Inhalt für die Einzelheiten Bezug genommen wird, bestand das Programm aus einer Gruppenleiter- bzw. einer Gruppenleiter-/Stellvertreter-Fachtagung, einer Karnevalsfeier und einem Herbstfest, zwei Eutonie-Seminaren, einem Kurs Basiswissen (Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Seminarreihe „Gruppe leiten lernen”), einer allgemeinen Frauentagung, einem Frauenarbeitskreis-Seminar und einer Arbeitstagung Frauenarbeit, einem Seminar für Paare, einem Besinnungswochenende mit dem Thema „Weißt Du was Du glaubst?”, zwei allgemeinen Wochenendtagungen für Gruppenmitglieder in H (Thema: „Wir sind Kreuzbund – Horizonte erweitern, Perspektiven entdecken, Neues wagen”), einer Weiterbildungsmaßnahme und einer Tagung für Alleinlebende im Kreuzbund, einer Tagung für Senioren sowie einem Seminar für Öffentlichkeitsarbeit. Der Kläger besuchte nach eigenen Angaben drei Seminare und ein gruppeninternes Wochenendseminar, ohne dass er zu den Inhalten der besuchten Seminare und dem Bezug zur Heilung oder Linderung seiner Alkoholerkrankung näher Stellung nahm.
Schließlich nahm der Kläger an Gruppenleitergesprächen und den Jahreshauptversammlungen teil.
Im Rahmen seiner Teilnahme an Veranstaltungen des Kreuzbundes machte der Kläger...