Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
Eine mittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 GrEStG setzt voraus, dass der Gesellschafter bzw. die Muttergesellschaft über eine vermittelnde (Zwischen-)Beteiligung "durchgerechnet" zu mindestens 95% am Vermögen der Untergesellschaft beteiligt ist.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Voraussetzungen einer mittelbaren Anteilsübertragung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vorliegen.
Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 31.10.2002 (UR-Nr. 779/2002 des Notars N1, V) verkaufte und veräußerte die SC Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG einen Gesellschaftsanteil an der SC Immobilien Verwaltungsgesellschaft mbH von nominal EUR 25.200,00 – dies entsprach einem Anteil am Stammkapital von 96,92 v.H. – an die seinerzeit noch unter anderem Namen firmierende Klägerin (Klin.). Den restlichen Gesellschaftsanteil i.H.v. 3,08 v.H. erwarb Herr QC. Die SC Immobilien Verwaltungsgesellschaft mbH, deren Anteile die Klin. erwarb, war zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung zu 97,5 v.H. am Stammkapital der IM GmbH beteiligt. Letztere war Eigentümerin inländischen Grundbesitzes.
Bei der Klin. fand im Jahr 2005 eine Betriebsprüfung (Bp) betreffend Grunderwerbsteuer (GrESt) für den Erwerb der Anteile an der SC Immobilien Verwaltungsgesellschaft mbH statt. Die Bp und ihr folgend der Beklagte (Bekl.) vertraten die Ansicht, die Übertragung der Gesellschaftsanteile sei gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig. Die Klin. habe – zumindest mittelbar – über die SC Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH eine dem Gesetz entsprechende beherrschende Stellung bei der IM GmbH eingenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 21.3.2005 verwiesen.
Mit Bescheid vom 4.7.2005 stellte der Bekl. für Zwecke der GrESt den Grundbesitzwert im Wege des Ertragswertverfahrens mit EUR 35.257.000,00 gesondert fest (§§ 138 ff. Bewertungsgesetz – BewG –). Ebenfalls am 4.7.2005 erließ er auf dieser Grundlage gegen die Klin. einen Bescheid über GrESt i.H.v. EUR 1.233.995,00 (EUR 35.257.000,00 × 3,5 v.H.).
Im anschließenden Einspruchsverfahren wandte sich die Klin. sowohl gegen die Steuerpflicht der Anteilsübertragung an sich als auch gegen die Höhe des festgestellten Bedarfswerts. Erforderlich sei nach ihrer Ansicht, dass bei mittelbaren Anteilsvereinigungen die multiplikative Verknüpfung der Beteiligungsquoten an der Tochter- und Enkelgesellschaft das gesetzliche Quantum von mindestens 95 v.H. erreiche. Dies sei vorliegend nicht gegeben (96,92 v.H. × 97,5 v.H. = 94,49 v.H.).
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 25.10.2005 wies der Bekl. den Einspruch zurück. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG finde – so bereits der Gesetzeswortlaut – auch dann Anwendung, wenn der Anteilserwerber nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt wird. Ein mittelbarer Anteilserwerb werde nicht dadurch ausgeschlossen, wenn rein rechnerisch die 95 v.H.-Grenze in der Beteiligungskette der Unternehmen unterbrochen werde. Maßgeblich sei vielmehr die tatsächliche Beherrschung auf jeder Gesellschaftsebene.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klin. ihr außergerichtliches Vorbringen weiter. Sie führt im Wesentlichen an:
Der Gesetzgeber habe weder im Gesetz selbst noch in der Gesetzesbegründung den Begriff der „mittelbaren Übertragung von mindestens 95 v.H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft” definiert.
Bei einer mehrstufigen Beteiligungskette müsse zwingend eine multiplikative Verknüpfung der einzelnen Beteiligungsstufen vorgenommen werden. Es sei zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG vorrangig den Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG in den Fällen konkretisiere, in denen der Gesellschafter über ein Grundstück wie ein zivilrechtlicher Eigentümer verfügen und dieses auch wirtschaftlich verwerten könne. Der Gesetzgeber habe in § 1 Abs. 3 GrEStG festgelegt, dass ein Anteil von 95 v.H. insoweit ausreiche, um einem Gesellschafter die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Verwertung des Gesellschaftsgrundstücks zuzurechnen. Bei einer mittelbaren Beteiligung von jeweils 95 v.H. auf beiden Stufen hingegen beschränke sich die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks der unteren Gesellschaft durch die obere Gesellschaft auf lediglich 90,25 v.H. und somit auf weniger als 95 v.H. Würde man die Anzahl der Beteiligungsstufen erhöhen, so käme man – bei Zugrundelegung der Auffassung des Bekl. – zu dem nahezu absurden Ergebnis, dass jemand volle GrESt für ein wirtschaftlich nur zu einem Bruchteil verwertbares Grundstück entrichten müsste. Dieses Ergebnis könne nicht dem Zweck und dem Besteuerungsgegenstand des § 1 Abs. 3 GrEStG entsprechen.
Die Klägerin beantragt schriftlich (sinngemäß),
den GrESt-Bescheid vom 4.7.2005 in Gestalt der EE vom 25.10.2005 aufzuheben,
sowie festzust...