Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der erweiterten Gewinnkürzung bei Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die erweiterte Gewinnkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, ist gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient. Dabei ist es unerheblich, dass die verpachteten Grundstücke nicht dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter selbst, sondern dem Gewerbebetrieb einer Mitunternehmerschaft dienen, deren Mitunternehmer die Gesellschafter sind (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).
2. Ein Ausschluss der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG gilt auch für Beteiligungen an der Grundstücksgesellschaft und/oder der mietenden Gesellschaft unterhalb einer Bagatellfallgrenze (hier: jeweils 0,3 Prozent Beteiligung an der mietenden Personengesellschaft), jedenfalls wenn die Gesellschafter bei der mietenden Gesellschaft der persönlichen Haftung unterliegen und die Gesellschafter zusammen gleichzeitig die Mehrheit an der Grundstücksgesellschaft halten.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1, S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Anwendung der erweiterten Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb bei Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) ausgeschlossen ist.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Grundstücksunternehmen. Gesellschafter der Klägerin sind Herr D. C. zu 45 %, Frau B. C. zu 35 % sowie Frau E. X. und Herr K. C. zu je 10 %. Die Klägerin erzielt jährlich Pachterlöse i.H.v. insgesamt rund 470.000 € aus der Verwaltung eigenen Grundbesitzes.
Darin enthalten ist die Verpachtung von Dachflächen im Umfang von ca. 1.600 m² an die C. Photovoltaik GbR (C GbR) für 2.200 €/Jahr. Gesellschafter der C. GbR sind Herr Q. C. zu 99,1 %, sowie Frau B C, Frau E. X. und Herr K. C. zu je 0,3%. Die C. GbR erzielt unter Nutzung der gepachteten Dachflächen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen gewerbliche Einkünfte.
In ihren Gewerbesteuermessbetragserklärungen 2014 bis 2017 minderte die Klägerin den Gewerbeertrag unter Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um 100 %. Der Beklagte setzte den Gewerbesteuermessbetrag sowie den vortragsfähigen Gewerbeverlust jeweils erklärungsgemäß fest. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Beginn am 27.02.2019 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I für die Streitjahre eine Außenprüfung durch. Der Prüfer traf u.a. die Feststellung, dass die Klägerin ihren Gewerbeertrag zu Unrecht um die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gemindert habe. Denn die an die C. GbR verpachteten Dachflächen würden teilweise dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dienen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Prüfungsberichts vom 05.08.2019 (Bl. 17 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ jeweils am 16.10.2019 geänderte Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2014 bis 2017 sowie geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes 2014 bis 2017 (Bl. 66 ff. der Gerichtsakte). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.
Die Klägerin legte gegen die geänderten Bescheide Einspruch ein und begehrte die Anwendung der vom Prüfer und Beklagten versagten erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Auf das Einspruchsschreiben vom 13.11.2019 wird Bezug genommen (Bl. 79 ff. der Gerichtsakte). Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner Entscheidung vom 28.01.2020 als unbegründet zurück. Die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung sei nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen. Denn der von der Klägerin verwaltete eigene Grundbesitz diene zum Teil dem Gewerbebetrieb ihrer Gesellschafter. Die Klägerin verpachte zum einen Dachflächen an die C. GbR für den gewerblichen Betrieb von Photovoltaikanlagen. Zum anderen seien drei ihrer Gesellschafter i.H.v. jeweils 0,3 % an der C. GbR beteiligt gewesen. Eine Nichtanwendung des Ausschlusstatbestandes in Fällen von Bagatellbeteiligungen sei nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG nicht vorgesehen. Es handele sich um eine vom Gesetzgeber vorgenommene Typisierung zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten. Eine Bagatellgrenze ergebe sich auch nicht aus der zu dieser Vorschrift ergangenen Rechtsprechung. Vielmehr habe der BFH z.B. in seinen Urteilen vom 07.08.2008 (Az. IV R 36/07), vom 08.06.1978 (Az. I R 68/75) und vom 26.06.2007 (IV R 9/05) trotz Vorliegens einer Bagatellbeteiligung eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 28.01.2020 Bezug genommen (Bl. 82 ff. der Gerichtsakte).