Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit von USt-Bescheiden
Leitsatz (redaktionell)
Die Angabe des Inhaltsadressaten ist konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts, denn es muss angegeben werden, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Bei einer GmbH i.L., die als solche noch Steuerrechtssubjekt ist, ist der Liquidator der Bekanntgabeadressat. Ist der Bekanntgabeadressat nicht mit dem Inhaltsadressat identisch, so sind beide anzugeben. Ist der Inhaltsadressat im Steuerbescheid gar nicht, falsch oder so ungenau bezeichnet, dass Verwechslungen möglich sind, ist der VA nichtig und damit unwirksam. Eine Heilung im weiteren Verfahren ist nicht möglich.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist in formeller Hinsicht, ob Umsatzsteuerbescheide inhaltlich hinreichend bestimmt sind. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist im Wesentlichen streitig, ob Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und mit ihren verbundenen Gesellschaften steuerlich anzuerkennen sind.
Die Klägerin ist eine GmbH in Liquidation. Sie war unter anderem im Bereich der Unternehmensberatung tätig. Mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 00.00.2013 ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin mangels Masse abgelehnt worden. Die Klägerin ist aufgelöst und befindet sich seitdem in Liquidation. Zum Liquidator wurde der vormalige alleinige Geschäftsführer F. M. (im Folgenden: M.) bestellt. Seit 2006 versteuerte die Klägerin ihre Umsätze mit Zustimmung des Beklagten nach vereinnahmten Entgelten.
Die Klägerin hatte noch vor Insolvenzantragstellung für die Streitjahre 2006–2010 Umsatzsteuererklärungen abgegeben, denen der Beklagte jeweils zugestimmt hatte. Am 16.05.2011 begann eine Betriebsprüfung bei der Klägerin. Während der Betriebsprüfung erstellte der damalige steuerliche Berater die Finanzbuchhaltung der Klägerin für die Jahre 2006–2009 neu. Der Betriebsprüfer ermittelte nach Maßgabe der neuen Buchführung die Umsätze der Klägerin nach vereinbarten Entgelten und der Beklagte erließ am 27.04.2012 geänderte Bescheide für 2006–2009. Dagegen legte die Klägerin vertreten durch den damaligen steuerlichen Berater Einspruch ein, der damit begründet wurde, dass die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu ermitteln seien. Der Beklagte gab den Einsprüchen statt und erließ geänderte Bescheide für 2006–2009 jeweils vom 14.12.2015, in denen die Umsätze der Klägerin nunmehr nach vereinnahmten Entgelten berücksichtigt wurden.
Eine Leistung der Klägerin an die Firma S. GmbH (im Folgenden: S.) wurde vom Beklagten ausgehend von der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten zunächst im Jahr 2008 erfasst (Bescheid vom 27.04.2012). Die Klägerin hatte diesen Umsatz für 2010 erklärt. Der Beklagte verminderte die Umsatzsteuer für 2010 im Bescheid vom 11.04.2013 um die auf den Umsatz S. entfallende Umsatzsteuer. Der Bescheid stand unter Vorbehalt der Nachprüfung. Nachdem der Beklagte die Umsätze antragsgemäß nach vereinnahmten Entgelten neu berechnet hatte, erhöhte er die Umsatzsteuer für 2010 wieder um die Umsatzsteuer aus dem Umsatz S., weil das Entgelt in 2010 zugeflossen war (Bescheid für 2010 vom 23.12.2015).
Die Bescheide vom 27.4.2012 (2006–2009) und 11.04.2013 (2010), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, waren jeweils wie folgt adressiert:
„F.M. in Firma C. GmbH …”.
Unterhalb des Adressfeldes enthielten die Bescheide jeweils folgenden Vermerk:
„als gesetzlicher Vertreter von Firma C. GmbH …”.
Die Bescheide vom 14.12.2015 (2006–2009) und 23.12.2015 (2010), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, waren jeweils wie folgt adressiert.
„F. M. in Fa. C. GmbH i. L. …”.
Unterhalb des Adressfeldes enthielten die Bescheide jeweils folgenden Vermerk:
„Als Liquidator für Fa. C. GmbH i. L. …”.
Dagegen legte die Klägerin fristgemäß Einsprüche ein, die mit Einspruchsentscheidungen vom 23.05.2016 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Die Einspruchsentscheidungen weisen die Klägerin als Einspruchsführerin aus.
Dagegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin begehrt Umsatzsteuerfestsetzungen entsprechend ihren Erklärungen. Sie trägt vor, die Klägerin habe in den Streitjahren mit den mit ihr eng verbundenen Unternehmen M. Verwaltungsgesellschaft mbH und T. GmbH zusammengearbeitet. Der Bp-Prüfer habe Verträge, Buchungen und Zahlungen zwischen den Gesellschaften zu Unrecht nicht anerkannt. Dieser Auffassung des Bp-Prüfers habe sich der von der Klägerin für die Betriebsprüfung beauftragte Steuerberater später angeschlossen, was jedoch falsch sei. Für 2010 entspreche der angefochtene Umsatzsteuerbescheid der Erklärung, unrichtig sei jedoch die Angabe über die Zahlung der Umsatzsteuer.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide für 2006–2009 vom 14.12.2015 und für 2010 vom 23.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 23.05.2016 und die vorherigen Bescheide aufzuheben und die erklärten Umsatzsteuern dem Steuerschuld...